Worms, Konz, Northeim: Rassistisches Poster soll in mehreren Städten hängen – das stimmt nur teilweise
Ein rechtes Plakat, das schon vor Jahren gesichtet wurde, taucht wieder auf. Es macht mit einer rassistischen Botschaft Stimmung gegen Muslime. Es soll in Worms, Konz und Northeim hängen, heißt es in verschiedenen Facebook-Beiträgen. In einigen Städten können die Behörden das bestätigen, in anderen nicht.
Mal ist es nur ein Zettel, mal ein ganzes Banner, doch der Inhalt ist auf all jenen Plakaten, die angeblich momentan in mehreren Städten Deutschlands auftauchen, gleich: „Integrier dich, weiße Frau!“ Eine Karikatur zeigt mittig eine blonde Frau, rechts und links von ihr zwei Menschen, die offenbar muslimisch aussehen sollen: Der Mann trägt eine Kopfbedeckung mit Mondsichel und Stern, die Frau ist verschleiert. In einem Text unter dem Bild wird die „weiße Frau“ dazu aufgefordert, sich „respektvoll gegenüber anderen Kulturkreisen“ zu kleiden, „denn es ist nicht mehr nur dein Land“. Von wem das Plakat stammt, ist nicht ersichtlich.
Laut mehrerer aktueller Facebook-Beiträge hingen diese Poster in den letzten Wochen in Worms und Konz – beides Städte in Rheinland-Pfalz – und im niedersächsischen Northeim. Das stimmt nur teilweise, wie uns Behörden in den einzelnen Städten auf Anfrage mitteilen: In Konz hing es kürzlich, in Worms schon vor zwei Jahren, in Northeim weiß man davon nichts.
Ein rechter Youtuber behauptete schon 2021, er habe das Plakat erstellt. Kurz danach tauchte es in Lübz in Mecklenburg-Vorpommern auf, wie hier in unserem Faktencheck nachzulesen ist. 2020 hat das Amtsgericht Köln den Youtuber wegen mehrerer Delikte – darunter Volksverhetzung und Beschimpfung – verurteilt.
In Konz hingen zwei Plakate, in Northeim ist keines bekannt und in Worms hing es schon 2021
Wir haben in Worms, Konz und Northeim die Polizei und die Stadtverwaltung gefragt, was ihnen dazu bekannt ist.
Aus Worms, wo das Plakat laut einem Facebook-Beitrag vom 19. Februar seit „heute morgen“ an der alten Stadtmauer hängen soll, heißt es von Angela Zimmermann, der Pressesprecherin der Stadt, das Plakat habe dort gehangen, aber schon im September 2021. Die Polizei habe das Banner sichergestellt. Laut Jan Magdic von der Polizeidirektion Worms prüfte die Staatsanwaltschaft Mainz den Fall, habe ihn aber nicht strafrechtlich verfolgt. Auch lokale Medien berichteten damals über den Vorfall.
In Konz, einer kleinen Stadt bei Trier, hing das Plakat tatsächlich erst vor kurzem. Wie uns Annika Schmitz vom zuständigen Polizeipräsidium mitteilt, sei die Polizeiwache Konz am 1. Februar 2023 darüber informiert worden, dass das Plakat an einer Bushaltestelle und an einer Wand am Bahnhof angebracht gewesen sei. Noch vor der polizeilichen Überprüfung am selben Tag hätten Unbekannte die Plakate entfernt. Die Polizei habe die Staatsanwaltschaft informiert, schreibt Schmitz. Peter Fritzen, Leitender Oberstaatsanwalt in Trier, schreibt uns, es werde noch „einige Zeit“ dauern, bis man die Akten habe und sie prüfen könne.
Im niedersächsischen Northeim soll das Plakat am Münsterplatz hängen, schrieb ein Facebook-Nutzer am 14. Februar. Weder Stadtverwaltung noch Polizei konnten uns bestätigen, dass dort so ein Plakat gehangen habe. „Bei einer Überprüfung vor Ort konnte kein Plakat festgestellt werden“, schrieb uns Polizeisprecher Sven Wolf am 21. Februar. Der Ort, der auf dem Foto auf Facebook zu sehen ist, zeigt jedenfalls den Münsterplatz in Northeim – das belegt ein Vergleich mit einem Foto des Platzes im Internet. Doch wann das kursierende Foto entstand, ist unklar. Auf Facebook sind keine Beiträge auffindbar, die älter sind als 2023.
Der Verfasser des Beitrags veröffentlichte in den Kommentaren ein Video, in dem er das Plakat entfernt. Es ist jedoch nicht erkennbar, ob es dasselbe Plakat ist oder ein anderes.
Urheber ist rechter Youtuber, der laut Staatsanwaltschaft verurteilt wurde und nun gesucht wird
Wie wir bereits im Februar 2021 berichteten, ist der Urheber des Plakats ein rechter Youtuber. Er stellte damals eine Vorlage dazu ins Internet und rief dazu auf, es auszudrucken und zu verbreiten. In einem Video sagt er dazu, es solle das Gefühl entstehen: „Oh fuck, geht es mir mit dem ganzen sonst immer so harmlos rübergebrachten Minderheitenschutz am Ende vom Tag an den Kragen?“ Laut Medienberichten zeigt er in anderen Videos, wie auf einen Koran uriniert oder der Koran verbrannt wird.
Im Dezember 2020, so schreibt uns Ulf Willuhn, Kölner Oberstaatsanwalt, habe das Amtsgericht Köln den Youtuber wegen mehrerer Delikte zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt. Darunter: Volksverhetzung, Beschimpfung und das Verwenden verfassungswidriger Kennzeichen. Laut Willuhn wurde die Bewährung gut zwei Monate später widerrufen, der Verurteilte stellte sich aber nicht. Deswegen sucht die Staatsanwaltschaft nun per Haftbefehl nach ihm.
Redigatur: Viktor Marinov, Steffen Kutzner
Update, 24. Februar 2023: Wir haben im Text konkretisiert, dass die Polizei in Konz nicht nur am 1. Februar von den Plakaten erfahren hat, sondern auch am selben Tag bereits festgestellt hat, dass die Plakate entfernt wurden.