Faktencheck

Magdeburg, Lindenberg, Hatten: Fake-Artikel über angeblich vermisste „Lea Mueller“ greifen Daten ab

„Die 14-jährige Lea Mueller wird vermisst“, heißt es in mehreren Artikeln, die auf Facebook kursieren. Die Meldung ist erfunden: Sie leitet auf eine Internetseite, auf der Daten abgefragt werden. Das Foto der angeblich Entführten zeigt eine Influencerin aus Kalifornien.

von Gabriele Scherndl

foto-einer-polizeistation
Auf Facebook werden Gerüchte einer Entführung gestreut – die ist aber frei erfunden (Quelle: Markus Winkler / Pexels)
Behauptung
Die 14-jährige Lea Mueller werde in Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Lindenberg (Bayern) oder Hatten (Niedersachsen) vermisst.
Bewertung
Frei erfunden
Über diese Bewertung
Frei erfunden. Die Polizei warnte in Niedersachsen vor dieser Falschmeldung. Die Beiträge führen zu gefälschten Webseiten, mit denen Nutzerdaten abgegriffen werden.

Gleich an mehreren deutschen Orten soll die 14-jährige Lea Mueller vermisst werden. In Facebook-Beiträgen werden etwa Magdeburg, Lindenberg oder Hatten genannt. In allen Beiträgen heißt es wortgleich: „Wir brauchen Ihre Hilfe! Ein junges Mädchen wird vermisst und ihre Familie bittet um Informationen, die helfen können, sie zu finden.“ Dazu wird ein Link geteilt, in dessen Überschrift es heißt, die Familie gehe von einer Entführung aus.

Doch die angebliche Entführung ist erfunden – die Polizei warnt davor, auf den Link zu klicken.

Screenshot eines Facebook-Postings, darin heißt es, ein junges Mädchen sei entführt worden, es wird auch ein Foto von ihr gezeigt.
Dieser Bericht über eine angebliche Entführungen kursiert mit verschiedenen Ortsangaben auf Facebook – dahinter steckt ein Betrugsversuch (Quelle: Facebook; Screenshot, Verpixelung und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Hinter der angeblichen Entführung steckt Datendiebstahl

Abgesehen davon, dass es unwahrscheinlich ist, dass Lea Mueller in unterschiedlichen Bundesländern gleichzeitig vermisst wird, gibt es eindeutige Hinweise auf eine Fälschung. Die Links in den meisten Beiträgen führen zu einer Website, die wie ein Facebook-Beitrag des Nachrichtenmagazins Spiegel aussehen soll. Doch die Adresse der Internetseite beginnt nicht mit facebook.com, wie es normalerweise der Fall wäre. 

Die echte Facebook-Seite vom Spiegel ist im Gegensatz zur Fake-Seite mit einem blauen Haken verifiziert. Dort wurde in den vergangenen Monaten kein Artikel über die angebliche Vermisste veröffentlicht.

Auf der gefälschten Seite erscheint außerdem ein Fenster, über das man sein Alter bestätigen muss, um ein Video zu sehen, das angeblich den mutmaßlichen Entführer zeigt. Dabei wird auch das Facebook-Passwort abgefragt – ein Warnsignal dafür, dass mit dem Beitrag sensible Daten gestohlen werden sollen. 

Screenshot einer Seite, die aussieht, als gehöre sie dem Spiegel. In einem Pop-Up wird dazu aufgefordert, das Passwort einzugeben.
Hinter einem angeblichen Spiegel-Beitrag steckt eine Betrugsmasche. Nutzerinnen und Nutzer sollen dazu gebracht werden, ihr Passwort preiszugeben. (Quelle: scarfstation.com, Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Mehrere Polizeidienststellen dementierten die angebliche Entführung von „Lea Mueller“ 

Eine Google-Suche zeigt zudem: Weder aus Lindenberg, Hatten oder Magdeburg gibt es Berichte über den angeblichen Vorfall. Das Faktencheck-Team der DPA fragte außerdem bei der Polizei in Magdeburg nach – dort war die angebliche Entführung nicht bekannt. 

Der Beitrag kursierte offenbar mit weiteren Ortsangaben. Die Polizeiinspektion Wilhelmshaven/Friesland warnte in einer Pressemitteilung vom 11. Mai 2023 vor „aktuellen Falschmeldungen über ein angeblich vermisstes Kind“ und schrieb, es würden dazu „unterschiedliche regionale Bezüge“ hergestellt. Doch weder die Entführung, noch das angebliche Opfer seien echt. In der Mitteilung heißt es, man solle nicht auf den Link klicken. CORRECTIV.Faktencheck bestätigte ein Sprecher, dass es dabei auch um „Lea Mueller“ ging. 

Der Schleswig-Holsteiner Zeitungsverlag SHZ berichtete über die falsche Vermisstenanzeige mit Bezug auf Flensburg – auch dort dementierte die Polizei.

Das Foto zum Fake zeigt die kalifornische Influencerin Sophia Birlem

Das Foto, mit dem die Fake-Artikel bebildert sind, zeigt die US-amerikanische Influencerin Sophia Birlem. Eine Bilder-Rückwärtssuche führt unter anderem zu der Celebrity-Seite Biographymask. Dort heißt es, Birlem stamme aus Kalifornien sei 18 Jahre alt. Auf Pinterest verwendet ein Account namens Sophiaxbirlem dasselbe Foto als Profilbild.

Versuche, Nutzerinnen und Nutzern mit einer Falschmeldung, Passwörter oder Anmeldedaten zu entlocken, kommen häufiger vor und werden Phishing genannt. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik warnt: Das Fischen nach Passwörtern könne gravierende Folgen haben, es stehe „am Anfang verschiedenartiger Delikte, die vom ‚einfachen‘ Datendiebstahl über illegale Kontoabbuchungen bis hin zu Angriffen auf kritische Infrastrukturen reicht“. Die Polizei rät dazu, in verdächtigen Situationen stets die Adresszeile eines Links zu prüfen und keine vertraulichen Daten anzugeben. 

Redigatur: Steffen Kutzner, Sarah Thust