Faktencheck

Nein, Klaus Schwab sagte nicht, dass wir bald nichts besitzen und darüber glücklich sein würden

Schon seit Jahren kursiert ein angebliches Zitat von Klaus Schwab, dem Gründer des Weltwirtschaftsforums (WEF). Er soll gesagt haben, dass wir in zehn Jahren nichts besitzen und darüber glücklich sein würden. Das Zitat stammt jedoch nicht von ihm sondern aus einem Essay aus dem Jahr 2016.

von Steffen Kutzner

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WEF-Gründer Klaus Schwab ist Feindfigur vieler Verschwörungserzähler. Dass ihm erneut ein Zitat in den Mund gelegt wird, das er nie geäußert hat, überrascht nicht. (Quelle: Markus Schreiber / Associated Press / Picture Alliance)
Behauptung
WEF-Gründer Klaus Schwab habe gesagt, dass wir in zehn Jahren nichts mehr besitzen und darüber glücklich sein werden.
Bewertung
Falsch. Schwab hat das laut WEF-Pressestelle nicht gesagt; das Zitat stammt aus einem Essay einer dänischen Politikerin, das 2016 schon auf der Seite des WEF erschienen war.

Schon seit Jahren kursiert in verschiedenen Varianten ein Zitat, das angeblich Klaus Schwab, Gründer des Weltwirtschaftsforums (WEF) und Feindfigur etlicher Verschwörungsgläubiger, gesagt haben soll. Es lautet: „In zehn Jahren wirst du nichts besitzen und du wirst darüber glücklich sein.“ Mitunter wird die Aussage leicht abgewandelt, aber inhaltlich ist sie immer identisch. In einigen Postings findet sich auch eine Datumsangabe: Schwab, soll das beim WEF im Oktober 2020 gesagt haben.

Einer der Beiträge, die auf Facebook verbreitet werden (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Ursprung der Behauptung ist womöglich ein Werbevideo des WEF, das im Februar 2017 auf dessen Facebook-Kanal veröffentlicht wurde. Darin werden acht Vorhersagen für die Welt im Jahr 2030 gemacht; diese würden auf dem Input von Teilnehmenden des WEF basieren. Die erste: „You’ll own nothing, and you’ll be happy.“ – Du wirst nichts besitzen und glücklich sein.

Standbild aus dem Video des WEF von Februar 2017 (Quelle: Facebook/WEF; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Wir haben beim WEF nachgefragt, ob Klaus Schwab diesen Satz geäußert hat. Per E-Mail schrieb uns das Presseteam, dass er so etwas nicht gesagt habe. Zudem fand das jährliche Weltwirtschaftsforum in Davos im Jahr 2020 nicht im Oktober statt, wie es in einigen der Beiträge heißt, sondern vom 21. bis 24. Januar. 

Das Presseteam des WEF schickte uns auch einen Link zu Videoaufnahmen der Redebeiträge des Treffens. Klaus Schwab ist bei keiner der Veranstaltungen als Redner aufgeführt. Er sprach lediglich beim Pre-Meeting des Treffens am 14. Januar 2020 und hielt eine Eröffnungsrede von knapp zehn Minuten Länge. Das fragliche Zitat fällt darin nicht.

Zitat stammt aus Essay einer dänischen Politikerin von 2016

Wir haben auf Englisch nach dem angeblichen Zitat gesucht und fanden einen Hinweis darauf, dass es aus einem Essay der dänischen Politikerin Ida Auken stammt. In diesem Essay, das im November 2016 erschienen war und das auch auf der Seite des WEF veröffentlicht wurde, geht es um eine Zukunftsvision, in der alltägliche Waren und Güter nicht mehr gekauft werden müssen, weil sie kostenlos sind oder überflüssig wurden. In dieser Fantasie besitzt zum Beispiel niemand mehr ein Auto, weil man sich bei Bedarf ein selbstfahrendes Taxi bestellt. 

Die Autorin merkt in einer nachträglich hinzugefügten Fußnote explizit an, dass es sich lediglich um ein Szenario handele, das eine Debatte anstoßen über Vor- und Nachteile aktueller technischer Entwicklungen soll. Dass dieses Szenario realistisch oder eine wünschenswerte Zukunft sei, sagt Auken nicht. 

Redigatur: Max Bernhard, Gabriele Scherndl