Faktencheck

Video von Menschen, die aus einem Bus flüchten, entstand in Algerien, nicht in Deutschland

Ein international kursierendes Video soll angeblich Menschen aus Afrika zeigen, die in Deutschland aus einem fahrenden Bus vor ihrer Abschiebung flüchten. Doch das Video ist nicht in Deutschland, sondern in Algerien entstanden.

von Paulina Thom

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Details des Videos zeigen, dass es in Algerien aufgenommen wurde (Quelle: Facebook; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Video zeige Menschen aus Afrika, die in Deutschland aus einem fahrenden Bus springen, um ihrer Abschiebung zu entgehen.
Bewertung
Falscher Kontext
Über diese Bewertung
Falscher Kontext. Das Video wurde nicht in Deutschland, sondern in Algerien aufgenommen. Das belegen ein Autokennzeichen und ein Gebäudekomplex, welche im Video zu erkennen sind.

Aus einem fahrenden Bus springen mehrere Menschen durch ein zerbrochenes Fenster und rennen davon – angeblich flüchten sie vor ihrer Abschiebung aus Deutschland. Das zumindest behaupten Beiträge in Sozialen Netzwerken, die ein Video des Vorfalls verbreiten. Die Behauptung kursiert international, etwa in Großbritannien und den USA. Mehr als 22 Millionen Aufrufe hat ein englischsprachiger Beitrag auf Facebook. 

Die Behauptungen zum Video variieren teils leicht: Mal ist die Rede davon, bei den Personen im Bus handele es sich um in Deutschland lebende Menschen aus Ghana. Woanders heißt es, der Bus sei unterwegs zu einem – nicht konkreter genannten – deutschen Flughafen, um die Personen abzuschieben. 

Doch das Video hat keinen Bezug zu Deutschland, wie Medienberichte und ein Vergleich eines Autokennzeichens und einer Wohnsiedlung im Hintergrund zeigen: Der Aufnahmeort ist Algier, die Hauptstadt Algeriens.

Screenshot eines Beitrages auf Facebook
In diesem Facebook-Beitrag wird behauptet, das Video zeige Afrikaner bei der Flucht vor ihrer Abschiebung aus Deutschland. Das Video wurde mehr als 22 Millionen Mal aufgerufen. Einen Bezug zu Deutschland hat es jedoch nicht. (Quelle: Facebook; Screenshot und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)

Video von der Flucht aus dem Bus wurde in Algerien aufgenommen

Mit einer Bilder-Rückwärtssuche bei Google findet sich das Video bereits Anfang Juli auf arabisch-sprachigen Webseiten, die als Aufnahmeort Algerien angeben. Auf den Webseiten heißt es, das Video habe sich in Sozialen Netzwerken in Algerien verbreitet. Verlinkt ist dort ein Twitter-Beitrag vom 2. Juli. Aus dem Arabischen übersetzt steht dort: „Algerien. Eine Gruppe illegaler Einwanderer floh vor ihrer Abschiebung aus den Sahel- und Sahara-Staaten.“

Daneben gibt es weitere Hinweise, die zeigen, dass das Video tatsächlich aus Algerien stammt.

Wohnsiedlung im Video steht in einem Vorort von Algier 

Bei Sekunde 3 des Videos ist an einem der Gebäude im Hintergrund die Beschriftung „AADL“ zu erkennen. 

Markierung im Screenshot aus dem Video mit dem Schriftzug der Wohnsiedlung
„AADL“ heißen mehrere Wohnsiedlungen in der Nähe der algerischen Hauptstadt Algier (Quelle: Twitter; Screenshot und Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)

Dabei handelt es sich um den Namen mehrerer Wohnsiedlungen in Rahmania, einem Vorort von Algier, der Hauptstadt Algeriens – wie ein Abgleich bei Google Maps zeigt. 

Vergleich der Wohnsiedlung aus dem Video mit Google Maps
Die Wohnsiedlung, die im Hintergrund des Videos zu sehen ist, befindet sich in Rahmania, einem Vorort von Algier (Quelle: Twitter / Google Maps; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Autokennzeichen gehört nicht zu Deutschland, sondern Algerien

Dass die Aufnahme nicht in Deutschland entstanden ist, zeigt auch ein Autokennzeichen, das zu Beginn des Videos zu erkennen ist. Es entspricht den algerischen Vorgaben für Kennzeichen: Die Schilder sind am Heck gelb grundiert und bestehen ausschließlich aus Zahlen. 

Markierung des Kennzeichens eines algerischen Autos im Video
Das Autokennzeichen im Video unterscheidet sich von deutschen Kennzeichen und entspricht den algerischen Vorgaben (Quelle: Twitter; Screenshot und rote Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)

Dass mit Videos – die angeblich in Deutschland entstanden sein sollen – Stimmung gegen Migrantinnen und Migranten gemacht wird, passiert regelmäßig: Zum Jahreswechsel etwa wurde ein Video aus Hongkong fälschlicherweise als Silvester-Randale in Berlin verbreitet. Ein anderes Video, das angeblich die Verwüstung eines Klassenzimmers an einer deutschen Schule zeigen sollte, stammte in Wirklichkeit aus Brasilien

Redigatur: Matthias Bau, Steffen Kutzner