Faktencheck

Nein, Katrin Göring-Eckardt sagte nicht, die sexuellen Übergriffe in Schorndorf 2017 zeigten „einen Hilferuf der Flüchtlinge“

Die Grünen-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt soll laut Beiträgen im Netz sexuelle Übergriffe von Geflüchteten in Schorndorf relativiert haben. Das angebliche Zitat bezieht sich auf Vorfälle im Juli 2017 und kursiert nun erneut. Doch es ist frei erfunden.

von Kimberly Nicolaus

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Katrin Göring-Eckardt, aktuell Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, wehrte sich bereits 2017 juristisch erfolgreich gegen die Verbreitung des erfundenen Zitats über Schorndorf (Quelle: Jens Krick / Flashpic / Picture Alliance)
Behauptung
Katrin Göring-Eckardt habe gesagt: „Die sexuellen Übergriffe in Schorndorf lassen sich zwar keineswegs entschuldigen, aber sie zeigen einen Hilferuf der Flüchtlinge, weil sie zu wenig von deutschen Frauen und ihren Gefühlen respektiert werden.“
Bewertung
Frei erfunden
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Frei erfunden. Katrin Göring-Eckardt hat sich so nicht geäußert. Sie ist bereits erfolgreich juristisch gegen die Verbreitung des erfundenen Zitats vorgegangen.

Bei einem Stadtfest in Schorndorf, Baden-Württemberg, kam es im Juli 2017 zu Fällen von sexueller Belästigung. Laut der vorläufigen Bilanz des Polizeipräsidiums Aalen vom 19. Juli 2017 bestätigte sich in sechs Fällen der Anfangsverdacht einer Sexualstraftat. Zu den Tatverdächtigen und Tätern zählten unter anderem Geflüchtete. 

Im Anschluss an die Vorfälle 2017 verbreiteten sich einige Falschinformationen, wie wir damals berichteten. Auch ein angebliches Zitat der Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt kursiert seitdem immer wieder in Sozialen Netzwerken. Seit April 2023 etwa taucht es auf Facebook und Tiktok auf und wurde teils über 200.000 Mal gesehen. Angeblich habe die Politikerin gesagt: „Die sexuellen Übergriffe in Schorndorf lassen sich zwar keineswegs entschuldigen, aber sie zeigen einen Hilferuf der Flüchtlinge, weil sie zu wenig von deutschen Frauen und ihren Gefühlen respektiert werden.“

Dass sie das Zitat nie geäußert hat, stellte Göring-Eckardt bereits 2017 klar, als sie juristisch gegen die weitere Verbreitung vorging. Damals war sie Grünen-Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, inzwischen ist sie Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags. 

Dazu, wie die Ermittlungen zu den Vorfällen in Schorndorf 2017 ausgegangen sind, lasse sich wegen festgelegter Speicherfristen keine Aussage mehr treffen, schrieb uns Holger Bienert, Pressesprecher des Präsidiums Aalen.

Erfundenes Zitat von Katrin Göring-Eckardt.
Dieses Sharepic mit einem frei erfundenen Zitat von Katrin Göring-Eckardt verbreitet sich erneut in Sozialen Netzwerken (Quelle: Tiktok; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

AfD-Kreisverband Bielefeld verbreitete erfundenes Zitat von Göring-Eckardt über Schorndorf bereits 2017

Der AfD-Kreisverband Bielefeld veröffentlichte das erfundene Zitat 2017 auf seiner Webseite und löschte es später wieder. Auf Antrag der Grünen erließ das Landgericht Hamburg am 22. September 2017 eine einstweilige Verfügung gegen den Landesverband. Die AfD Bielefeld darf das erfundene Zitat so nicht mehr verbreiten, sonst droht laut der Nachrichtenagentur DPA ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. 

Wir wollten vom Gericht wissen, ob es seit dem Jahr 2017 einen Verstoß durch die AfD Bielefeld gegen die Verfügung gegeben habe. Kai Wantzen, Leiter der Gerichtspressestelle des Oberlandesgerichts Hamburg, schrieb uns, ein Verstoß gegen die Verfügung sei nicht bekannt. 

Neben der AfD Bielefeld landete auch ein 58-jähriger Facebook-Nutzer vor Gericht, der das erfundene Zitat laut Medienberichten veröffentlichte und Katrin Göring-Eckardt beleidigte. Das Amtsgericht Bernkastel-Kues, Rheinland-Pfalz, verurteilte den Mann im November 2021 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung wegen Beleidigung und Verleumdung. Der 58-Jährige legte Berufung ein. Das Landgericht Trier habe den Angeklagten im April 2022 „wegen übler Nachrede gegen Personen des öffentlichen Lebens in Tateinheit mit Beleidigung“ zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt, schrieb uns Pressesprecherin Olga Zimmer.

Erfundene Zitate werden immer wieder genutzt, um Politikerinnen und Politiker zu diskreditieren oder gegen sie zu hetzen.

Redigatur: Paulina Thom, Matthias Bau

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