Faktencheck

Angeblicher Spiegel-Artikel über wirtschaftlichen Untergang von Deutschland und der EU ist ein Fake

Auf X, ehemals Twitter, teilen Nutzerinnen und Nutzer einen vermeintlichen Spiegel-Artikel. Darin heißt es unter anderem, „die EU wird untergehen“. Der Artikel ist nie auf der Webseite des Spiegels erschienen. Er ist eine Fälschung und offenbar Teil einer koordinierten Desinformationskampagne.

von Viktor Marinov

collage-fälschung-spiegel-kampagne-x-twitter
Dieser vermeintliche Spiegel-Artikel ist eine Fälschung, er ist nie auf der Webseite des Nachrichtenportals erschienen (Quelle: spiegel.ltd; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Auf Spiegel Online sei am 12. August 2023 ein Artikel mit der Überschrift erschienen: „Die USA haben Europa schwere Zeiten vorausgesagt.“
Bewertung
Manipuliert. Ein solcher Artikel ist auf der Webseite von Spiegel Online nie erschienen. Der vermeintliche Beitrag ist eine Fälschung, wie mehrere Hinweise zeigen – sowohl im Artikel selbst als auch bei den Accounts, die ihn verbreiten.

Auf X, ehemals Twitter, verbreiten mehrere Profile offenbar als Teil einer koordinierten Desinformationskampagne gefälschte Artikel von deutschen Medien. Wir berichteten jüngst über einen Fake-Bericht, der angeblich von der Welt stammen soll. Ein weiterer manipulierter Artikel erschien kürzlich in Spiegel-Aufmachung.

Die Überschrift lautet: „Die USA haben Europa schwere Zeiten vorausgesagt“, das liege am Konflikt mit Russland. Der Text ist bebildert mit einer offenbar bettelnden Person, die ein Pappschild in der Hand hält – darauf steht: „Hilfe, bitte!“ Der letzte Satz im Artikel lautet: „Die EU wird untergehen.“ Damit soll offenbar Panik und Angst geschürt werden.

Der Artikel ist eine Fälschung. Woran man das erkennt, erklären wir in diesem Faktencheck.

spiegel-fälschung-beitrag-twitter-x-screenshot
Dieser gefälschte Artikel verbreitet sich auf der Plattform X, ehemals Twitter (Quelle: X, Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

URL des angeblichen Spiegel-Artikels verrät die Fälschung

Der vermeintliche Artikel ähnelt echten Spiegel-Beiträgen fast bis ins letzte Detail. Die Schrift und das Layout der Webseite sind exakt gleich. Wenn man Links auf der Webseite anklickt, um etwa auf eine andere Rubrik oder einen anderen Artikel zu gelangen, landet man auf der echten Spiegel-Webseite. Ein auffälliges Detail bei der Fälschung: Das Bild ist nicht beschriftet, darunter steht lediglich „Foto: dpa“. Üblicherweise enthalten Bilder in Spiegel-Artikeln eine kurze Beschreibung dazu, was sie zeigen. 

Offensichtlicher ist aber folgender Unterschied: Statt „spiegel.de“ lautet die Internetadresse der Fälschung „spiegel.ltd“. Das ist ein übliches Muster bei pro-russischen Desinformationskampagnen. Wir haben in der Vergangenheit Fälschungen mit dem Zusatz „.ltd“ von angeblichen Nachrichten beim Spiegel, der FAZ oder der Welt aufgedeckt.

Eine Google-Suche mit der Überschrift des vermeintlichen Spiegel-Artikels lieferte zudem keine Ergebnisse auf der echten Spiegel-Webseite.

Profile, die die Spiegel-Fälschung verbreiten, sind vermutlich Teil einer Desinformationskampagne

Auffällig sind auch die Accounts auf X, die den gefälschten Spiegel-Artikel verbreiten: Ihre Profilnamen folgen einem ähnlichen Muster. So heißen die Verbreiter der Fälschung zum Beispiel @RuthPerez554977, @NancyRober27469, @DonnaGarci60000 oder @ShanellePa75900. Die Account-Namen bestehen also stets aus Vorname, Nachname und einer mehrstelligen, scheinbar zufälligen Zahl. Keiner der Accounts hat als Profilfoto ein erkennbares Gesicht. Inzwischen sind die Profile auf X nicht mehr abrufbar.

twitter-accounts kampagne muster fälschung spiegel
Die Profile, die die Fälschungen auf X verbreiten, folgen bei ihren Namen einem ähnlichen Muster (Quelle: X; Screenshots und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Bereits im Juni berichteten wir über eine ähnliche pro-russische Desinformationskampagne, die über hunderte Facebook-Anzeigen Links zu gefälschten Nachrichten- und Regierungswebseiten verbreitete. Facebook wollte dieses Netzwerk vor fast einem Jahr schon abgeschaltet haben, die EU hat verantwortliche Akteure sanktioniert. Viele dieser Fälschungen kursieren trotzdem weiterhin.

Wie Sie herausfinden können, ob eine Webseite seriös ist, haben wir hier ausführlich beschrieben.

Redigatur: Kimberly Nicolaus, Paulina Thom