Faktencheck

Erfundenes Zitat: Weder Alice Weidel noch Annalena Baerbock wollen die Witwenrente abschaffen

Bereits im Vorfeld zur Bundestagswahl 2021 hieß es im Netz, Annalena Baerbock wolle die Witwenrente abschaffen, um das Geld angeblich für die Integration von Geflüchteten einzusetzen. Aktuell kursiert das Zitat erneut – dieses Mal wird es Alice Weidel zugeschrieben. Beide Frauen haben sich nie so geäußert.

von Steffen Kutzner

Nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen - AfD
Alice Weidel will die Witwenrente genausowenig abschaffen wie Annalena Baerbock (Symbolbild: Fabian Sommer / DPA / Picture Alliance)
Behauptung
Alice Weidel soll gefordert haben, die „Witwenrente abzuschaffen“. Die eingesparten Mittel wolle sie für die Integration von „Flüchtlingen“ verwenden.
Bewertung
Frei erfunden
Über diese Bewertung
Frei erfunden. Das Zitat ist eine Fälschung, die mindestens seit 2021 kursiert und zuvor schon Annalena Baerbock zugeschrieben wurde. Weder Weidel noch Baerbock haben sich so geäußert.

Will Alice Weidel die Witwenrente abschaffen, um damit Geflüchtete besser zu integrieren? Eine auf Facebook kursierende Zitatkachel mit Weidels Bild unterstellt der AfD-Politikerin genau das. Doch das Bild kursiert schon seit 2021. Das Zitat wird in exakt demselben Wortlaut sonst der Grünen-Politikerin Annalena Baerbock angedichtet. Beide haben sich so nie geäußert.

Fake-Zitat von Weidel zur Witwenrente auf Facebook
Das auf Facebook verbreitete Meme mit dem erfundenen Zitat (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

„Das Zitat ist ein Fake“, schreibt uns Marcus Schmidt, Pressesprecher der AfD im Bundestag. Auch sonst finden sich keine Hinweise, dass sich Alice Weidel so geäußert hat. Gleiches gilt für Annalena Baerbock. Nicola Kabel, damalige Grünen-Parteisprecherin, heute Leiterin des Leitungsstabs Kommunikation im Bundeswirtschaftsministerium, bezeichnete das angebliche Baerbock-Zitat auf Twitter schon am 6. Mai 2021 als „schlicht und einfach gefälscht“. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts bestätigte uns im März 2023 auf erneute Nachfrage: „Außenministerin Baerbock hat nie gefordert, die sogenannte Witwen- oder Witwerrente abzuschaffen.“

Die Witwenrente  wird auch „Rente für Hinterbliebene“ genannt, die die finanzielle Versorgung der hinterbliebenen Person sicherstellen soll. Im Wahlprogramm der Grünen für die Bundestagswahl im September 2021 und im aktuellen Wahlprogramm tauchen die Worte „Hinterbliebenenrente“ und „Witwenrente“ nicht auf. Dasselbe gilt für das aktuelle Wahlprogramm der AfD. Im Gegenteil: Nach einem Vorstoß der Ökonomin Monika Schnitzer, die Witwenrente abzuschaffen, sprach sich im Juli 2023 unter anderem die rentenpolitische Sprecherin der AfD dagegen aus. 

Witwenrente: Erfundenes Zitat suggeriert falschen Kontext

Auf dem Bild mit dem gefälschten Zitat heißt es, Weidel wolle die Witwenrente abschaffen, weil Frauen heute „selbstbestimmt und finanziell nicht mehr von Männern abhängig“ seien. „Diesem Umstand sollten wir Rechnung tragen.“ Dieselben Sätze fanden sich schon im angeblichen Baerbock-Zitat. Damit wird suggeriert, die Witwenrente sei nur für Frauen. Doch es gibt sie für alle, deren Ehepartnerin oder Lebenspartner gestorben ist. 

Fake-Zitat von Baerbock zur Witwenrente
Seit Jahren kursiert das Sharepic mit dem angeblichen Zitat auch mit Bezug auf Annalena Baerbock. Doch sie hat sich so nie geäußert. (Quelle: Facebook; Screenshot und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck).

Laut Zahlen der Deutschen Rentenversicherung (Download, PDF) bekommen Frauen insgesamt öfter eine Hinterbliebenenrente. Je nach Alter der Hinterbliebenen und abhängig von anderen Faktoren beträgt die Rente laut der Deutschen Rentenversicherung zwischen 25 und 60 Prozent der Rente der gestorbenen Person. 

Redigatur: Sophie Timmermann, Viktor Marinov