Gefälschtes BBC-Video: Bellingcat-Recherche zu Hunter Biden und ukrainischen Bestattungsdiensten existiert nicht
Ein BBC-Video soll das Ergebnis einer Bellingcat-Recherche zeigen. Demnach sei Hunter Biden, Sohn des US-Präsidenten Joe Biden, in Geschäfte mit Bestattungsdiensten in der Ukraine verwickelt. Doch die angebliche Recherche existiert überhaupt nicht.
Beiträge auf Telegram propagieren: Mehr Tote in der Ukraine ergäben mehr Geld für die Bidens. Das sei das Ergebnis einer Recherche des Recherchenetzwerks Bellingcat, über die die BBC angeblich in einem Video berichte.
Konkret geht es um Hunter Biden, Sohn des US-Präsidenten Joe Biden, der innerhalb von zwei Jahren über 8.000 Bestattungsunternehmen in der Ukraine erworben haben soll. Hunter Biden sei damit der größte Betreiber von Bestattungsdiensten.
Die vermeintliche Meldung verbreitet sich unter anderem über pro-russische Kanäle und auf Youtube. Allein auf X erreichten Beiträge wie diese zehntausende Nutzerinnen und Nutzer.
Video wurde nicht von Bellingcat oder der BBC produziert
Weder das Video noch die angebliche Recherche sind auf den Webseiten von BBC oder Bellingcat auffindbar.
Eine Sprecherin der BBC schreibt: „Wir können bestätigen, dass es sich nicht um ein BBC-Video handelt.“ Und die Bellingcat-Recherche, von dem im Video die Rede ist, gibt es nicht: Die Behauptungen, die in dem Bericht aufgestellt werden, würden nicht von Bellingcat stammen und „sind mit ziemlicher Sicherheit erfunden“, schreibt Eliot Higgins, Gründer und Kreativdirektor von Bellingcat, auf Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck.
Bilder-Rückwärtssuchen mit Screenshots aus dem Video zeigen, dass einige der verwendeten Aufnahmen aus frei verfügbaren Quellen im Netz stammen. Das Foto von Higgins zum Beispiel ist fast fünf Jahre alt.
Gefälschte BBC-Videos mit pro-russischen Inhalten sind eine bekannte Masche
In dem gefälschten Video ist nicht – wie in den Beiträgen behauptet wird – die Rede von Hunter Biden, sondern von dessen „ehemaligen Assistenten“. Dieser sei Hauptaktionär des ukrainischen Unternehmens Ros-Vinnytsia, heißt es in dem Video – wie der Name des Assistenten lautet, erfährt man nicht.
Das Unternehmen Ros-Vinnytsia ist kein Bestattungsdienst, sondern stellt laut seiner Webseite Kirchenausstattung her: Stühle, Kerzen und Ikonen.
Hunter Biden oder ein ehemaliger Assistent sind auch nicht die Hauptaktionäre von Ros-Vinnytsia. Handelsdaten von Sayari, einem Anbieter von Informationen über Unternehmensdaten, zeigen: Das Gesamtkapital von Ros-Vinnytsia ist mit je 33,3 Prozent aufgeteilt zwischen: Vyhovskyj Illja Serhijovych, Vyhovskyj Nykodym Serhijovych und Vyhovskyj Mykhajlo Serhijovych. Diese Angaben stimmen auch mit jenen von anderen Unternehmensdatenbanken überein. Wir fanden keine Belege dafür, dass jemand von ihnen in Verbindung mit Hunter Biden steht. Auf eine Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck reagierte Ros-Vinnytsia bis zur Veröffentlichung nicht.
Das Muster der Fälschung ist bekannt. Die Namen der BBC und Bellingcat wurden schon häufiger verwendet, um eine vermeintliche Seriosität vorzutäuschen: Im Januar kursierte laut Higgins ein ähnliches Fake-Video zu Hunter Biden; im Oktober 2023 berichtete CORRECTIV.Faktencheck über ein manipuliertes Video über eine angebliche Bellingcat-Recherche zu Waffenlieferungen aus der Ukraine an die Hamas, doch auch diese Recherche existiert überhaupt nicht.
Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.
Redigatur: Viktor Marinov, Gabriele Scherndl