Bild einer israelischen TV-Umfrage über Vergewaltigung ist manipuliert
Online kursiert ein Bild aus einer Sendung des israelischen Senders „Kanal 12“. Angeblich präsentiere der Sender darin die Ergebnisse einer Umfrage, wonach die Mehrheit der Befragten mit der Vergewaltigung von „Terroristen“ einverstanden sei. Doch das Bild ist manipuliert, in der eigentlichen Umfrage ging es um etwas anderes.
Über eine angebliche Umfrage des israelischen TV-Senders „Kanal 12“ sind Nutzerinnen und Nutzer in Sozialen Netzwerken schockiert und fassungslos. Ein Bild aus einer Sendung soll belegen, dass 47 Prozent der Befragten der Aussage, ein Soldat dürfe einen Terroristen vergewaltigen, zugestimmt hätten.
Es kursiert seit dem 7. August unter anderem auf Englisch und Deutsch auf X und Facebook. Einzelne Beiträge wurden tausendfach geteilt. Manche Nutzer sprechen bei der Umfrage gezielt von Zustimmungswerten zu Vergewaltigungen von Palästinensern.
Doch das Bild aus der Sendung ist gefälscht, der Text der Umfrage wurde nachträglich bearbeitet. Die echte Umfrage hatte nichts mit Vergewaltigungen zu tun. Mehrere Nutzerinnen und Nutzer löschten ihre Beiträge nach Hinweisen, andere sind jedoch immer noch online.
Original-Umfrage stammt aus Mai 2022 und hatte keinen Bezug zu Vergewaltigungen
Dass das Bild von der angeblichen Umfrage manipuliert ist, zeigt eine Bilder-Rückwärtssuche: Sie führt zu einem Artikel der israelischen Zeitung Haaretz von Oktober 2023. Darin geht es um eine Umfrage, deren Ergebnis der TV-Sender im Mai 2022 ausgestrahlt hatte.
Eine Frage darin war: „Stimmen Sie der Behauptung zu, dass sich die Regierung auf Terrorunterstützer verlässt?“ 47 Prozent bejahten die Frage, 43 Prozent stimmten dagegen. Hintergrund der Umfrage war die Kritik des damaligen Oppositionsführers Benjamin Netanyahu an der Regierungskoalition um die alternierenden Premierminister Naftali Bennett und Jair Lapid: Netanyahu warf der Partei Ra’am, auch bekannt als Vereinigte Arabische Liste, eine Nähe zu Terroristen vor. Haaretz spricht in dem Zusammenhang von einer „false campaign“ Netanjahus.
Im Oktober 2023 entschuldigte sich Kanal 12 laut Haaretz für die Frage und erklärte, sie hätte nichts mit der politischen Position des Senders zu tun gehabt und sei im Nachhinein falsch gewesen.
Fragestellung zur TV-Umfrage wurde nachträglich bearbeitet und ins Bild montiert
Mit diesen Hinweisen finden wir einen Ausschnitt der ursprünglichen Sendung auf der Webseite von „Kanal 12“ und das Standbild, das aktuell kursiert. Ein Vergleich zeigt: Es ist dieselbe Gebärdensprach-Dolmetscherin zu sehen, der Schriftzug neben der Umfrage ist gleich, die Kleidung des Moderators und die Prozentangaben sind identisch. Doch im gefälschten Bild ist über die ursprüngliche Frage in einem blauen Block eine neue Frage montiert worden.
Über Google Lens kann man Aufschriften in andere Sprachen übersetzen lassen (die deutsche Übersetzung ist im Bild unten über die hebräische Schrift gelegt). Die Übersetzung zeigt, wie die eigentliche Umfrage „Stimmen Sie der Behauptung zu, dass sich die Regierung auf Terrorunterstützer verlässt?“ zu „Stimmen sie der Behauptung zu, dass ein Soldat einen Terroristen vergewaltigen darf“ verändert wurde.
Manipuliertes Bild stammt offenbar von israelischer X-Nutzerin und war als Parodie gemeint
Ursprung des gefälschten Bildes ist vermutlich ein X-Beitrag einer Nutzerin aus Israel, der nach eigener Aussage als Parodie gemeint war. Es ist der früheste Beitrag mit dem Bild, den wir finden konnten. Das manipulierte Bild veröffentlichte sie als Reaktion auf eine Talkrunde des Senders, in der ein mutmaßlicher sexueller Übergriff auf einen palästinensischen Gefangenen durch mehrere israelische Soldaten diskutiert wurde.
Am 6. August hatte der Sender 12 entsprechende Videoaufnahmen (Triggerwarnung: es sind Gewalthandlungen zu erkennen) aus dem Gefangenenlager Sde Teiman veröffentlicht – mehrere Soldaten waren zuvor festgenommen und Ermittlungen aufgenommen worden, wie auch internationale Medien berichteten. Gegen die Festnahmen gab es Proteste und es kam zu Zusammenstößen. Das Gefangenenlager stand bereits im Mai 2024 wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen in der Kritik.
Alle Faktenchecks zu Falschmeldungen und Gerüchten zum Krieg im Nahen Osten finden Sie hier.
Redigatur: Sophie Timmermann, Gabriele Scherndl