Faktencheck

Palästina: Trauerflor in UNRWA-Logo gilt nicht Hamas-Chef Sinwar, sondern getöteten Mitarbeitenden

Nach dem Tod von Hamas-Chef Yahya Sinwar verbreitet sich im Netz die Behauptung, das UN-Hilfswerk für Flüchtlinge aus Palästina habe als Zeichen der Trauer einen schwarzen Balken im Profilfoto auf X hinzugefügt. Das ist falsch, der Trauerflor ist dort seit Monaten zu sehen.

von Max Bernhard

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UN-Mitarbeiter betreten das Zentrum des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) im Flüchtlingslager Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens (Quelle: Majdi Fathi / NurPhoto / Picture Alliance)
Behauptung
Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten, UNRWA, habe seinem Profilbild auf X nach dem Tod des Hamas-Chefs Yahya Sinwar einen schwarzen Balken hinzugefügt, um seine Trauer auszudrücken.
Bewertung
Falsch. Der schwarze Balken ist bereits seit Oktober 2023 auf den Profilbildern der UNRWA auf X zu sehen, nicht erst seit der Ermordung Sinwars. Laut einer Sprecherin soll er den Mitarbeitenden gedenken, die während des Konflikts im Nahen Osten getötet wurden.

Am 16. Oktober 2024 tötete das israelische Militär den Chef der Hamas, Yahya Sinwar, in Rafah im Süden des Gazastreifens. Er galt als Stratege des Massakers vom 7. Oktober 2023 bei dem in Israel rund 1.200 Menschen durch Mitglieder der Terrororganisation getötet wurden.

Nach dem Tod Sinwars, heißt es in Beiträgen auf X, Facebook und Threads, das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten, UNRWA, habe seitdem als Zeichen der Trauer einen schwarzen Balken in seinen Profilbildern auf X. Beiträge mit der Behauptung verbreiten sich auch auf Englisch und erzielen teils zehntausende Aufrufe.

Doch das Hilfswerk UNRWA hatte den schwarzen Balken mindestens seit einem Jahr in seinem Profilbild – er hat nichts mit dem Tod Sinwars zu tun.

Anders als in Beiträgen auf X und anderen Sozialen Netzwerken behauptet, hat der schwarze Balken im Profilbild des UNRWA nichts mit dem Tod Yahya Sinwars zu tun. (Quelle: X; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

UNRWA fügte schwarzen Balken spätestens im Oktober 2023 hinzu 

Mit Internetarchiven wie der Wayback Machine oder Archive Today lassen sich alte Versionen von Webseiten nachsehen – auch für Profile in Sozialen Netzwerken. Eine Suche in der Wayback Machine zeigt, dass der schwarze Balken bereits am 19. Oktober 2023 im Profilbild von UNRWA auf X sichtbar war. Auf Facebook fügte UNRWA seinem Profilbild den schwarzen Balken schon am 11. Oktober 2023 hinzu.

Auch in den Wochen vor Sinwars Tod war der Trauerflor im Profilbild auf X weiterhin zu sehen, wie auf Archive Today zu sehen ist. Es ist daher unwahrscheinlich, dass er zwischenzeitlich entfernt und nach Sinwars Tod wieder hinzugefügt wurde.

Nachdem sich die Behauptungen zum Tode Sinwars und dem UNRWA-Profilbild verbreitet hatten, erklärte die Sprecherin der Organisation, Juliette Touma, am 18. Oktober 2024 auf X, dass der Trauerflor hinzugefügt worden sei, um an verstorbene Kolleginnen und Kollegen zu erinnern. Bisher seien in dem Konflikt 230 Mitarbeitende von UNRWA getötet worden.

Neun UNRWA-Mitarbeiter wegen möglicher Teilnahme an Attentat vom 7. Oktober 2023 entlassen

Einige Nutzer nehmen die Behauptung zum Anlass, dem Hilfswerk UNRWA vorzuwerfen, eine Terrororganisation zu sein. Diese Anschuldigung erhebt auch die israelische Regierung.

Die Vereinten Nationen gaben im Februar 2024 eine Untersuchung in Auftrag, um die israelischen Vorwürfe, dass UNRWA-Mitarbeiter an den Terroranschlägen auf Israel am 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen seien, zu überprüfen. Der im April veröffentlichte sogenannte Colonna-Bericht fand keine Belege für systematische Verbindungen zwischen UNRWA und Terroristen. Er stellte außerdem fest, dass das Hilfswerk UNRWA Israel regelmäßig Listen seiner Mitarbeiter zur Überprüfung vorgelegt hatte. Die israelische Regierung habe UNRWA demnach „seit 2011 nicht über irgendwelche Bedenken in Bezug auf UNRWA-Mitarbeiter auf der Grundlage dieser Listen informiert“. Laut dem Bericht verfüge UNRWA über ein „ausgeprägteres Neutralitäts-Konzept“ als andere ähnliche UN-Einrichtungen und NGOs.

UNRWA erklärte im März, dass einige Mitarbeiter, die aus israelischer Haft in den Gazastreifen entlassen wurden, nach eigenen Angaben von den israelischen Behörden unter Druck gesetzt wurden. Sie sollten demnach fälschlicherweise behaupten, dass das Hilfswerk Verbindungen zur Hamas habe und Mitarbeiter an den Anschlägen vom 7. Oktober beteiligt gewesen seien. Im August entließen die Vereinten Nationen neun UNRWA-Mitarbeiter, weil sie möglicherweise an den Attentaten beteiligt gewesen sein könnten.

Am 28. Oktober 2024 stimmte das Parlament in Israel dafür, die UNRWA zu verbieten. Die Entscheidung wurde von der deutschen Bundesregierung und international kritisiert.

Redigatur: Matthias Bau, Sarah Thust