Wehrpflicht 2025? Angebliche Bundeswehr-Webseite ist eine Fälschung
Online kursiert eine angebliche Webseite der Bundeswehr zu einer anstehenden Wehrpflicht. Bis Mai 2025 sollen 500.000 Soldaten für einen „Militäreinsatz in Osteuropa“ mobilisiert werden, heißt es dazu. Doch die Seite ist nicht echt und die Behauptung falsch.
„Wehrpflicht!“ oder „Wehrpflicht reloaded“, heißt es Ende November in Beiträgen auf X, Telegram und Tiktok zu einer angeblichen Webseite der Bundeswehr. Dazu schreiben Nutzerinnen und Nutzer, dass das deutsche Verteidigungsministerium bis Mai 2025 eine halbe Million Soldaten für einen Militäreinsatz in Osteuropa rekrutieren wolle. Auch per Whatsapp wurde uns die Webseite mit der Bitte um Prüfung zugeschickt.
Den Link zur Webseite mit der URL www.wehrpflicht2025.de teilte unter anderem Alina Lipp auf ihrem Telegram-Kanal „Neues aus Russland“, der Beitrag erreichte mehr als 60.000 Ansichten. Lipp, die bereits häufiger mit pro-russischer Desinformation aufgefallen ist, fasst die vermeintliche Lage so zusammen: „Deutschland bereitet sich also offiziell auf einen Krieg vor.“
Doch die Webseite ist fake, wie uns eine Sprecherin der Bundeswehr auf Nachfrage schrieb. Schritte zur Stilllegung der Seite seien eingeleitet worden. Sie ist seit dem 3. Dezember tatsächlich nicht mehr abrufbar.
Webseite zu einer angeblichen „Wehrpflicht 2025“ fällt durch Unstimmigkeiten auf
Auf der gefälschten Webseite heißt es unter anderem: „Der deutsche Beitrag zur Wahrung und Wiederherstellung des Friedens in Osteuropa erfordert langfristig eine Gesamtstärke von rund 500.000 Soldaten.“ Das sei nur im Rahmen einer „Allgemeinen Wehrpflicht“ möglich, das Programm laufe 2025 an. Auch wird Verteidigungsminister Boris Pistorius mit den Worten zitiert: „Wir müssen bis Mai 2025 bereit sein.“
Die Links auf der Webseite zur Wehrpflicht 2025 führen allesamt zur offiziellen Karriereseite der Bundeswehr. Der Link zu den Datenschutzeinstellungen ist jedoch fehlerhaft, er führt zum Assessment Center der Bundeswehr. Es gibt weitere Unstimmigkeiten: Die Logos haben eine schlechtere Qualität und das Layout ist offenbar an die Karriereseite der Bundeswehr angelehnt, sieht aber unprofessioneller aus. Es fehlen etwa Drop-Down-Menüs, auch die Schriftart ist anders.
Eine Google-Suche nach der Webseite zeigt zudem, dass sie offenbar erst am 19. November mit der freien Software WordPress erstellt wurde. Am selben Tag wurde auch die Internetadresse der Seite registriert.
Verteidigungsministerium plant „Neuen Wehrdienst“, jedoch keine Wehrpflicht
Auch inhaltlich sind einige Dinge unstimmig: Zwar plant das Verteidigungsministerium mit einem Gesetzentwurf einen „Neuen Wehrdienst“, jedoch ist darin keine Wehrpflicht vorgesehen. Pistorius stellte den Entwurf im Juni vor, Anfang November stimmte das Bundeskabinett zu. Allerdings ist ungewiss, ob der Gesetzentwurf nach dem Bruch der Ampelkoalition in Kraft treten wird. Die CDU/CSU will nicht zustimmen und fordert eine tatsächliche Wehrpflicht. Laut dem Entwurf von Pistorius soll lediglich eine Auskunft mit einem Online-Fragebogen verpflichtend sein, ob die Bereitschaft und Fähigkeit zum Militärdienst vorhanden ist.
Ebenso finden sich weder auf Google noch in der Pressedatenbank Genios Hinweise, dass Pistorius sagte: „Wir müssen bis Mai 2025 bereit sein.“ Bei einer Befragung der Bundesregierung im Juni sagte der Verteidigungsminister: „Wir müssen bis 2029 kriegstüchtig sein.“
Zahl der Soldatinnen und Reservisten soll sich bis 2031 auf etwa 460.000 erhöhen
Auch die Angabe von 500.000 Soldaten bis Mai 2025 in einigen Beiträgen macht stutzig: Wie Pistorius auf einer Bundespressekonferenz im Juni erklärte, brauche Deutschland zwar langfristig im Ernstfall bis zu 460.000 Soldatinnen und Soldaten. Das Ziel des „Neuen Wehrdienstes“ ist jedoch langfristig angelegt. Bis 2031 soll die Zahl der Soldatinnen und Soldaten auf 203.000 steigen und eine Reserve mit bis zu 260.000 Frauen und Männern zur Verfügung stehen. Nach Medienberichten sollen mit dem „Neuen Wehrdienst“ im ersten Jahr 5.000 neue Rekruten das Ziel sein. Aktuell verfügt die Bundeswehr über etwa 180.000 Streitkräfte und 60.000 in der Reserve.
Alina Lipp antwortete nicht auf eine Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck. Sie teilte einen weiteren Telegram-Beitrag zu der Seite, in dem es heißt, die Webseite zur Wehrpflicht sehe echt aus. Der Beitrag verweist auf einen Artikel der Süddeutschen Zeitung mit Kontext zum „Neuen Wehrdienst“ und stellt klar, dass es „noch keine Wehrpflicht“ gebe.
Redigatur: Viktor Marinov, Max Bernhard
Update 9. Dezember: Wir haben die Bewertung entsprechend unserer Bewertungsskala von Falsch zu Manipuliert geändert und im Bewertungstext zunächst hervorgehoben, dass die Webseite gefälscht wurde.
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Gesetzentwurf für „Neuen Wehrdienst“, Bundesministeriums der Verteidigung, 13. Oktober 2024: Link (PDF, archiviert)
- Aufzeichnung Bundespressekonferenz, 12. Juni 2024: Link