Video von Papst-Besuch in Osttimor fälschlich den Protesten in der Türkei zugeordnet
Tausende gehen aktuell in der Türkei auf die Straße, um gegen die Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu zu demonstrieren. Doch unter authentische Videos mischen sich auch Aufnahmen, die mit den Protesten nichts zu tun haben.

Tausende Menschen demonstrieren seit dem 19. März in der Türkei gegen die Regierung von Recep Tayyip Erdoğan, nachdem der Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu festgenommen wurde – wenige Tage vor seiner geplanten Nominierung als Präsidentschaftskandidat der größten Oppositionspartei CHP.
In diesem Zusammenhang verbreitet sich international ein Video, das Szenen der aktuellen Proteste zeigen soll. Menschenmassen strömen darin auf eine große Straße, es ist Gehupe und lautes Gerede zu hören. Auf Tiktok, X, Instagram und Facebook, unter anderem auf Englisch, Russisch oder Deutsch heißt es zu dem Video: „Demonstranten in der Türkei fordern den Rücktritt Erdogans“ oder „Massenproteste in Istanbul“. Einzelne Beiträge wurden hunderttausendfach angezeigt.
Richtig ist, dass Protestierende in der Türkei einen Rücktritt von Erdoğan fordern – das Video hat damit jedoch nichts zu tun und wird nicht zum ersten Mal in einen falschen Kontext gesetzt.

Bilder-Rückwärtssuche liefert Beiträge von September 2024
Eine Bilder-Rückwärtssuche mit einem Standbild aus dem Video liefert mehrere Beiträge von September 2024. In den Beiträgen heißt es, die Aufnahme stamme aus Osttimor und es wird auf einen Besuch von Papst Franziskus verwiesen.
Tatsächlich berichtete Vaticannews, ein offizielles Nachrichtenportal des Vatikan, am 9. September 2024 von einer dreitägigen Reise des Papstes in den kleinen Staat in Südostasien. Medien berichteten international, dass rund 600.000 Menschen seiner Messe beigewohnt hätten. In einem Bericht der Catholic News Agency heißt es zudem: „Die örtliche Regierung erklärte die drei Tage des Papstbesuchs zu einem nationalen Feiertag, an dem fast alle Straßen und örtlichen Geschäfte geschlossen waren und die Menschen zur Esplanade von Tasitolu in der Hauptstadt Dili strömten, um an der Papstmesse teilzunehmen.“
Video stammt von Papst-Besuch in Osttimor
Durch den Hinweis auf Tasitolu in der Hauptstadt Dili können wir den Aufnahmeort bestätigen. In dem Video lassen sich Wandbemalungen, wie eine Zeichnung von Papst Franziskus oder bunt bemalte Häuser entlang der Straße erkennen. An den Straßenlaternen hängen rote Objekte.
Nach diesen Merkmalen suchen wir mit Hilfe öffentlich zugänglicher Straßenbilder von September 2024 auf Google Streetview und finden ein Bild von Papst Franziskus.

Entlang der Straße Avenida da Restauração konnten wir weitere Gebäude links (rot) und rechts (grün) des Papstbildes abgleichen. Bei der roten Markierung an den Straßenlaternen handelt es sich jeweils um die Flagge von Osttimor.

Video schon mehrfach fälschlich verbreitet
Das Video hat also keinen Bezug zur Türkei, sondern zu Osttimor und stammt mutmaßlich vom 10. September 2024, dem Tag der Messe von Papst Franziskus. Es ist nicht das erste Mal, dass die Aufnahme in falschem Zusammenhang verbreitet wird. In der Vergangenheit wurde das Video fälschlich Mumbai in Indien oder den Philippinen zugeordnet.
Redigatur: Steffen Kutzner, Max Bernhard
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Bericht von Vaticannews über die Reise nach Osttimor, 9, September 2024: Link (archiviert)
- Bilder von Google Street View von Dali, Osttimor: Link (archiviert)