Tiktok-Video zeigt keinen aktuellen Tornado in Deutschland
Ein Tiktok-Video vom 2. Juli soll einen Tornado zeigen, der über Deutschland hinwegfegt. Unser Faktencheck zeigt: Das Videomaterial ist mindestens zwei Jahre alt.

„Tornado-Wetter“ über Deutschland soll ein Video zeigen, in dem sich eine pink gekleidete Frau einer Supermarkttür nähert, die daraufhin aufgeht und einen tobenden Sturm offenbart. Das Video soll vom 2. Juli 2025 stammen. Es ist ein Beispiel dafür, wie mit nur wenigen Klicks eine Aufnahme in den falschen Kontext gesetzt und so ein Millionenpublikum erreicht werden kann – das Video erzielte auf Tiktok fast zwei Millionen Ansichten.
Doch es war auch schon im Jahr 2023 auf Tiktok, damals mit der Angabe, es sei eine Aufnahme aus München vom 26. August 2023. Das lässt sich über eine Bilder-Rückwärtssuche recht einfach herausfinden.

An diesem Tag gab es tatsächlich ein Unwetter. Über Südbayern war am 26. August 2023 ein verheerender Hagelsturm niedergegangen. „Insgesamt zogen zwei Hagelschneisen mit jeweils knapp 130 Kilometer Länge und bis zu 15 Kilometer Breite über den Freistaat“, heißt es in einem Artikel des Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts. Mehrere zehntausend Hektar Ernte gingen demnach damals verloren. Laut Tagesschau gab es auch Verletzte. Die Süddeutsche Zeitung sprach von mehr als 1.000 Feuerwehreinsätzen und einem Schaden in dreistelliger Millionenhöhe. Dasselbe Unwetter führte laut Angaben des MDR zu Verwüstungen auf einem Speditionshof in Gerichshain in Sachsen: Dort wurde ein kleiner Tornado beobachtet.
Bei der Aufnahme im Video könnte es sich um einen sogenannten Downburst gehandelt haben, schreibt uns Marcus Beyer von der Tornado-Expertengruppe beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Dabei handelt es sich starke Winde, die entstehen, wenn kalte Luft aus einer Gewitterzelle zu Boden stürzt und sich dann zu allen Seiten ausdehnt.
Der Tiktok-Account, der das Video aktuell im falschen Kontext teilte, antwortete nicht auf unsere Anfrage.
Tornados sind in Deutschland nicht selten, haben aber meist wenig Zerstörungskraft
Tatsächlich sind laut Deutschem Wetterdienst (DWD) in Deutschland jährlich mehrere Dutzend Tornados unterwegs, die allerdings gewöhnlich nur geringe Zerstörungskraft haben.
Tornados sind hierzulande auch kein neues Phänomen: Als stärkster Tornado dieser Breitengrade gilt der von 1764, der einen Landstrich in Mecklenburg-Vorpommern verwüstete. Im Juli 1968 gab es einen über Pforzheim mit fast 400 Stundenkilometern Windgeschwindigkeit. Diese und weitere Ereignisse nannte die Earth System Knowledge Platform (ESKP), eine Plattform, die bis 2021 von mehreren Helmholtz-Instituten getragen wurde, und unter anderem Wetterphänomene beobachtete.
Erst im Juni gab es Augenzeugenberichten zufolge einen Tornado in Bayern. Eine eigene Tornado-Warnstufe hat der DWD nicht, die Warnungen vor „schweren“ und „extremen“ Gewittern beinhalten lediglich den Hinweis „ggfs. Tornadogefahr“. Solche Verdachtsfälle gab es für den 2. Juli 2025 laut Beyer in Mulartshütte (Nordrhein-Westfalen), Linnich (Nordrhein-Westfalen), Rettmer (Niedersachsen) und Lenzkirch (Bayern). Bestätigt habe sich bislang jedoch keiner davon.
Redigatur: Matthias Bau, Gabriele Scherndl