Doppelgänger: USA beschlagnahmen Propaganda-Webseiten, die Deutschland im Visier hatten
Das US-Justizministerium hat dutzende Internet-Domains der von der russischen Regierung gesteuerten Doppelgänger-Kampagne abgeschaltet. Darunter deutschsprachige Propaganda-Blogs und gefälschte Webseiten von Medien wie der Süddeutschen Zeitung oder dem Tagesspiegel. Veröffentlicht wurden zudem laut FBI interne Dokumente, die enthüllen, wie die Propaganda gezielt Konflikte in Deutschland schüren soll.
Mehr als zwei Jahre lang verbreitete eine russische Desinformations-Kampagne über die Domain „faz.ltd“ gefälschte Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Seit gestern sehen Besucher der Webseite nur noch einen Hinweis: „Diese Webseite wurde beschlagnahmt.“ Doch zu verdanken ist das nicht den deutschen Behörden, sondern den amerikanischen. Wie das US-Justizministerium am Mittwochabend bekannt gab, wurden 32 Webseiten der russischen Kampagne abgeschaltet, die unter dem Namen Doppelgänger bekannt ist. Mehrere dieser Webseiten zielten darauf ab, die deutsche Bevölkerung im Sinne des Kremls zu beeinflussen und veröffentlichten Propaganda auf Deutsch.
„Die Websites, die wir heute beschlagnahmen, waren voll mit russischer Regierungspropaganda, die vom Kreml erstellt wurde, um die internationale Unterstützung für die Ukraine zu verringern, pro-russische Politik und Interessen zu unterstützen und die Wähler in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern zu beeinflussen“, erklärte Justizminister Merrick B. Garland.
Doppelgänger ist die größte bisher bekannte russische Desinformationskampagne und wurde schon im Sommer 2022 entdeckt. Sie bedient sich unter anderem gefälschter Webseiten, die aussehen wie westliche Medien, darunter Spiegel, Süddeutsche, Guardian oder Le Monde. Viele dieser Fälschungen sind nun vorerst offline. Auch die Domain des Propaganda-Blogs Recent Reliable News (RRN), über den CORRECTIV im Mai berichtete, wurde von den USA beschlagnahmt.
Doppelgänger: Interne Dokumente enthüllen die zersetzenden Strategien der Propaganda
Von Anfang an richtete sich die Kampagne schwerpunktmäßig gegen Deutschland. Das zeigen nun auch Beweismittel des FBI, die das US-Justizministerium veröffentlichte. Darunter laut FBI interne Dokumente der Kampagnenplaner, in denen sie ihr Vorhaben diskutierten, zum Beispiel ein Meeting unter anderem zwischen dem Politikberater Ilya Gambashidze und Sergej Kirijenko, der als rechte Hand Putins gilt.
„Die Deutschen sind abhängiger als die Franzosen“, waren sie sich laut interner Notizen einig. „In erster Linie müssen wir die USA, Großbritannien und die NATO diskreditieren, und zweitens müssen wir die Wahrheit über den Krieg in der Ukraine vermitteln.“ Zudem wolle man die Deutschen davon überzeugen, sich der „ineffizienten Sanktionspolitik“ zu widersetzen. Gezielt sollten ethnische, religiöse und politische Konflikte in Deutschland geschürt werden. Dafür sollten „echte Fakten mit gefälschten Fakten ergänzt“ werden. Damit die Botschaften glaubwürdig erscheinen, sollte der Absender stets so wirken, als sei er aus Deutschland. 60.000 Kommentare sollten pro Monat in Deutschland und Frankreich durch Accounts in Sozialen Netzwerken verbreitet werden.
Russische Kampagne unterstützt die AfD
Auch die AfD sollte durch die Kampagne offenbar gezielt unterstützt werden: „Mit allen Mitteln unterstützen wir die Partei, indem wir das Bild von Märtyrern schaffen, die für die Demokratie und die nationalen Interessen Deutschlands leiden“, heißt es in einem Planungsdokument einer der beteiligten Firmen. Dass AfD-Politiker von der Kampagne profitierten, zeigte eine CORRECTIV-Recherche im Juni 2023.
Die russischen Firmen und deren Geschäftsführer, von denen die internen Dokumente stammen, stehen wegen Propaganda und Desinformation schon länger auf Sanktionslisten. Sie haben Namen wie Social Design Agency, Structura National Technology oder ANO Dialog. CORRECTIV berichtet seit 2022 über Doppelgänger und deckte zuletzt im Juli die digitale Infrastruktur der Kampagne auf. Die Recherche zeigte, dass auch deutsche und europäische IT-Unternehmen für die Verbreitung der Kreml-Propaganda genutzt wurden, und dass deutsche Behörden untätig blieben, obwohl ihnen diese Informationen lange vorlagen.
Redigatur: Alice Echtermann