Tierische Invasoren in NRW: Waschbär, Krebs und Co.
Sie rauben, sie plündern, sie bedrohen: Invasive Tierarten haben keinen guten Ruf – und dass obwohl nicht alle eingewanderten Tierarten dem heimischen Ökosystem das Leben schwer machen. Entdeckt in der Bilderstrecke die zehn ungewöhnlichsten Exoten in NRW.
In Brilon nahe von Paderborn greifen die Behörden zu Mitteln, die auf den ersten Blick radikal wirken können. Die Untere Landschaftsbehörde des Hochsauerlandkreises wird in diesem Sommer einen See zuschütten, einebnen und wahrscheinlich wenige Monate später wieder ausheben und befüllen. Aus Sicht der Behörde führt kein Weg daran vorbei.
Der Grund: ein kleiner unscheinbarer Krebs, der sich den Wolfgangsee zur Heimstatt erkoren hat. Wie er dort hingekommen ist, der Signalkrebs aus Nordamerika? Unklar. Doch er und seine Artgenossen müssen weg, denn im See nebenan wohnt ein weiterer Krebs.
In der nahen Aabachtalsperre einen Krebsgang weiter ist einer der größten Edelkrebs-Bestände deutschlandweit beheimatet. Und Edelkrebse mit Signalkrebsen im selben Teich – das geht nicht lange gut. Die Krebspest, gegen die der nordamerikanische Signalkrebs immun ist, rafft den deutschen Edelkrebs in kürzester Zeit hinweg.
Letzte Refugien des Edelkrebses
Das wäre nicht nur schlecht für den Edelkrebs, sondern auch für die Aabachtalsperre. Die Qualität des Trinkwassers würde unter hunderttausenden toten Krebsen wahrscheinlich erkennbar leiden. Signalkrebs und Wolfgangsee werden also weichen müssen.
Denn die Befürchtungen der Behörden kommen nicht von ungefähr. Die nordamerikanischen Signalkrebse und Kamberkrebse haben die heimischen Flusskrebsarten an den Rand des Aussterbens gebracht. Die Mittelgebirge sind die letzten Refugien des Edelkrebses. Der Steinkrebs, ebenfalls eine heimische Art, ist mittlerweile so selten, dass eine Population einem „Sechster im Lotto gleicht“, wie Peter Schütz vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW formuliert.
Auch andere invasive Tierarten in den Fließgewässern seien zum Problem geworden, sagt Peter Schütz. Beispielsweise die chinesische Wollhandkrabbe im Rhein. Sie frisst den Fischern den Fang aus Reuse und Netz. „Sie tritt in Massen auf und ist sehr gefräßig“, sagt Schütz. Doch hat sie den Rhein aus seinem natürlichen Gleichgewicht gebracht?
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„Der Rhein ist heutzutage schon lange ein globalisiertes Ökosystem“, sagt Schütz. Das sei ganz anders zusammengesetzt als noch vor 100 Jahren. Einige Arten seien hinzugekommen, andere seien verdrängt worden. Gleichgewichte stellten sich immer wieder her. Aber: Ein sehr artenreiches Ökosystem sei weniger anfällig und könne Krisen – wie beispielsweise Chemieunfälle oder Ähnliches – besser überstehen. Der Rhein sei heutzutage möglicherweise anfälliger.
Aber längst nicht alle Tierarten, die nach NRW eingewandert sind oder ausgesetzt wurden, machen Probleme. Der Waschbär hat sich laut Schütz beispielsweise passende Nischen gesucht – dass er dabei andere Arten in ihrem Gesamtbestand gefährde, sei bis heute nicht bekannt. Auch der Kleine und der Große Alexandersittich sind mittlerweile am Rhein zuhause. Probleme: keine bekannt.
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