Mit Sicherheit noch ein paar Prozentchen tanken
Innere Sicherheit ist ein zentrales Thema im NRW-Wahlkampf. Wir haben genauer hingeschaut. Die Aufklärungsquote im Faktencheck.
Es ist eines seiner Lieblingsthemen, ein Thema, das Armin Laschet, NRW-Spitzenkandidat der CDU, abspulen kann wie kein anderer. Zu viel ist in der Vergangenheit seiner Meinung nach im Land schiefgelaufen, zu vieles, das im Wahlkampf nicht unerwähnt bleiben sollte. Während innere Sicherheit eines der Lieblingsthemen der CDU ist, ist es gleichzeitig das Sorgenthema der amtierenden rot-grünen Landesregierung.
Die SPD weiß das und Armin Laschet weiß es auch – fǘr ihn könnte das Thema am Sonntag entscheidend beitragen zu einem guten Wahlergebnis in NRW, jenem Bundesland, das lange Zeit als SPD-Hochburg galt. Schaut man sich die Aussagen der Christdemokraten zur inneren Sicherheit genauer an, dann ist das Thema vor allem eines: eine Gelegenheit für politische Zahlenspielereien.
“Die Aufklärungsquote liegt seit dem Amtsantritt der rot-grünen Landesregierung konstant unter 50 Prozent“, so schreibt es die CDU in ihrem Regierungsprogramm. 120 Seiten, die zeigen sollen, was aktuell schief läuft und was die Partei in den kommenden Jahren in NRW besser machen will. Es geht um Bildung, es geht um Lebensqualität — und die innere Sicherheit.
Womit die CDU nicht wirbt…
Und – es stimmt. Ein Blick in die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) zeigt: Die Aufklärungsquote lag, mit Ausnahme vom vergangenen Jahr seit 2010 immer unter knapp 50 Prozent. Sie schwankte mitunter minimal. Mal lag sie bei 49,77 Prozent (2014), mal bei 48,90 Prozent (2013).
Womit die CDU allerdings nicht wirbt, sind die Zahlen der Aufklärungsquote in ihrer Amtszeit: Damals, von 2005 bis 2010, lagen die Quoten ebenfalls unter 50 Prozent, mit einer Ausnahme im Jahr 2009. „Wir beobachten gerade wieder, wie unterschiedlich sich Daten aus der PKS auslegen lassen“, sagt ein Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW. Die Aufklärungsquote sei nur ein Beispiel von vielen.
Ein Fall gilt statistisch bereits als aufgeklärt, wenn die Polizei einen Tatverdächtigen ermittelt hat. Unklar lassen die Zahlen, ob sich im Laufe der Ermittlungen der Tatverdacht erhärtet oder es zu einer Anklage kommt. „Die Aufklärungsquote suggeriert so gesehen etwas Falsches“, sagt Gina Rosa Wollinger, Mitarbeiterin am Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN). Die Soziologin spricht lieber von einer Tatverdächtigenquote.
Fragt man zu den Zahlen bei der CDU nach, so betont sie, dass sie 2009 den besten Wert mit 50,75 Prozent erreicht hat. Und sie verweist darauf, dass ihre Quote auf die kompletten fünf Jahre ihrer Legislaturperiode gerechnet, die durchschnittlich höchste im Vergleich zu den anderen Legislaturperioden gewesen sei. Letztlich bleibt es alles ein bisschen Zahlenschieberei — bis Sonntag jedenfalls. Dann ist Zahltag.
Bewertung: wahr
Unser Fazit: Die Aussage der CDU ist wahr. Wir gehen davon aus, dass der CDU beim Formulieren ihres Regierungsprogramms die Zahlen zur PKS für das Jahr 2016 noch nicht vorlagen. 2016 lag die Aufklärungsquote bei 50,68 Prozent. Trotzdem hinterlässt die CDU-Aussage („Die Aufklärungsquote liegt seit dem Amtsantritt der rot-grünen Landesregierung konstant unter 50 Prozent“) zumindest implizit, den Eindruck, dass die Quote unter der CDU-Landesregierung wesentlich besser gewesen sei. Das lässt sich kaum belegen.
Auch die anderen Parteien versuchen sich beim Thema innere Sicherheit zu profilieren — wie Kriminologin Gina Rosa Wollinger die Vorschläge bewertet, lesen hier: Mit Einbrechern auf Stimmenfang (CORRECTIV.Ruhr)
Quellen:
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Das aktuelle Regierungsprogramm der CDU für die Jahre 2017-2022 wurde auf dem 39. Landesparteitag in Münster verabschiedet. Wir haben dieses Dokument zuletzt am 12. Mai 2017 aufgerufen.
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Ein Teil der Polizeistatistik mit den Aufklärungsquoten von 2016 und 2015 finden Sie hier. Wir haben dieses Dokument zuletzt am 12. Mai 2017 aufgerufen.