
Liebe Leserinnen und Leser,
am Tag, nachdem der Bundestag Kanzler Olaf Scholz (SPD) das Vertrauen entzogen hat, sind die Parteien schon mitten im Wahlkampf. Wer womit auf Stimmenfang geht, lesen Sie im Thema des Tages.
Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben sollten: Wir von CORRECTIV organisieren gerade gemeinsam mit mehreren Lokalredaktionen die Aktion „Deine Stimme, Deine Themen“. Wir sammeln noch bis morgen in den jeweiligen Städten Ihre Vorschläge für Themen, die Politikerinnen und Politiker im Wahlkampf beantworten sollen. Wenn Sie in einer der sechs Regionen wohnen, die mitmachen, sind Sie herzlich eingeladen, teilzunehmen.
Falls Sie aber von woanders kommen und trotzdem Fragen an spezielle Parteien oder einzelne Kandidatinnen oder Kandidaten haben, schreiben Sie mir und ich schaue, ob/wie wir sie beantworten lassen können: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Jetzt wird wahlgekämpft
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: Nein, Deutschland ist nicht von Atomkraftwerken umzingelt
CORRECTIV-Werkbank: Das antworten NATO-Vertreter im vertraulichen Gespräch
Grafik des Tages: Junge Menschen fühlen sich von Politik nicht ernst genommen
An Tag eins nach der Vertrauensfrage sind die Parteien schon mitten im Wahlkampf. Hier eine Übersicht, mit welchen Themen sich die vier größten Parteien bei den Wählerinnen und Wählern bewerben:
SPD:
Olaf Scholz und seine Partei versuchen gerade, sich als die besonnenere Wahl im Vergleich zur CDU zu positionieren, was die Bedrohung durch Putins Russland angeht – oder genauer gesagt, wie wir in Deutschland darauf reagieren sollen.
Die zentrale Aussage von Scholz und der SPD ist die: Die Bundeswehr muss aufgerüstet werden und die marode Infrastruktur Deutschlands saniert werden. Beides aber soll nicht den Bürgerinnen und Bürgern aufgebürdet werden – und wenn zum Teil doch, dann nur den Reichsten.
CDU:
Die zentrale Botschaft von Friedrich Merz und seiner Partei: Wir brauchen eine starke Wirtschaft – und das können wir durch Steuerentlastungen schaffen.
Im Gegenzug will die Partei Leistungen kürzen, und zwar mit einem „Sofortprogramm“: Sie will das Bürgergeld abschaffen (das, was früher Hartz IV war) und es durch eine „neue Grundsicherung“ ersetzen. Das heißt konkret, dass Menschen für die Leistungen, die sie vom Staat beziehen, deutlich mehr tun sollen. Außerdem will die CDU die Energiepreise senken. Und die Migration „strikt begrenzen“.
Das heute veröffentlichte Wahlkampfprogramm der CDU finden Sie hier.
Grüne:
Bei Robert Habeck und seiner Partei lautet die wichtigste Botschaft derzeit: Wir wollen Bürgerinnen und Bürger entlasten. Um das zu tun, will sie unter anderem das Klimageld für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen umsetzen, das es eigentlich schon in dieser Legislaturperiode hätte geben sollen. Außerdem stehen Entlastungen bei der Altersvorsorge, der Kranken- und der Pflegeversicherung im Programm.
Das ebenfalls heute vorgestellte Wahlkampfprogramm der Grünen sehen Sie hier.
Übrigens, weil wir das oft gefragt werden: Um eine informierte Wahlentscheidung treffen zu können, MUSS man nicht die gesamten Programme lesen; es reichen die Zusammenfassungen von Politikforschenden und seriösen Medien.
AfD:
Die AfD hat ihr Wahlprogramm noch nicht offiziell vorgestellt, sondern lediglich angekündigt, sie habe konkrete Lösungen für „alle drängenden Probleme“ Deutschlands. Uns von CORRECTIV liegt allerdings der Entwurf vor. Darin steht unter anderem: Wiedereinführung der D-Mark, Zurückweisung Schutzsuchender an den deutschen Grenzen, Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland.
Im Wahlkampf macht die AfD außerdem damit Getöse: Deutschland solle aus der NATO austreten. Das sagte Parteichef Tino Chrupalla gerade erst in einem Interview.
Deutschlandticket wird teurer
SPD, Grüne und Union haben sich geeinigt: Das Deutschlandticket, mit dem man bundesweit Züge des Regional- und Nahverkehrs nutzen kann, wird es auch im kommenden Jahr geben – allerdings für 58 anstatt bisher 49 Euro im Monat.
zdf.de
Wer Trumps Netzwerke nach Deutschland bringt
Gas und Öl statt Klimaschutz: Wir haben recherchiert, welche Politiker, Denkfabriken und Ökonomen die düsteren Pläne des künftigen US-Präsidenten in Deutschland verbreiten. Die Recherche gibt es jetzt auch als Kurzvideo:
correctiv.org / instagram.com
Mpox im Kölner Umland
In Rösrath bei Köln wurde eine Schule vorsorglich geschlossen, weil es dort zwei Fälle von Infektionen mit dem Mpox-Virus gab – früher Affenpocken genannt. Gesundheitsbehörden warnen vor einer Ausbreitung in Deutschland.
tagesschau.de
Investigativ: Ein Crash-Prophet macht Kasse mit Angst
Der Goldhändler und Crash-Prophet Dominik Kettner schürt auf YouTube Ängste und verdient gut daran. Er dreht seinen Kunden Gold als Lösung für so ziemlich alles an. Das Handelsblatt hat jetzt zu seinem Geschäftsmodell recherchiert (Artikel hinter der Bezahlschranke). Im Juli hatte bereits das Online-Medium Riffreporter eine Recherche über ihn veröffentlicht (auch mit Bezahlschranke, aber einzeln zu kaufen).
handelsblatt.com / riffreporter.de

In Sozialen Netzwerken kursiert eine Karte, auf der sich entlang der deutschen Grenze 30 Atomkraftwerke aneinanderreihen. Die Karte ist falsch, sie wird häufig als Scherz verbreitet, manche Nutzerinnen und Nutzer halten sie aber für echt.
CORRECTIV.Faktencheck
Endlich verständlich
Am 23. Februar wird der Bundestag neu gewählt. Das bedeutet: Der Wahlkampf startet jetzt. Werden die Innenstädte jetzt mit Wahlplakaten statt mit Weihnachtsdeko geschmückt? Unsere Jugendredaktion Salon5 hat das gecheckt. Hier erfahren Sie, ob Sie Ihren Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt wohl neben Wahlwerbung schlürfen werden.
Salon5 (Instagram)
So geht’s auch
Sicher durch die Nacht: Die Stadt Köln verschenkt ab dieser Woche Gutscheine für Nacht-Taxifahrten – speziell für Frauen. Diese sollen damit gefahrloser nach Hause kommen. Die Testphase läuft bis August 2025.
wdr.de
Fundstück
100. Ampel-Geburtstag: Während die gleichnamige Koalition nach knapp drei Jahren scheiterte, feierte die Verkehrsampel in dieser Woche ihren 100. Jahrestag. Die erste ging 1924 in Berlin in Betrieb. In einigen Städten leuchten aber nicht einfach Farben oder Ampelmännchen. Stattdessen regeln Mainzelmännchen, Elvis oder Otto den Verkehr.
stern.de
Donald Trump könnte die NATO schwächen – davor warnen Beobachter seit Monaten. Nur was das konkret heißt, da bleiben sie meist vage.
Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, mich im Brüsseler Hauptquartier des Verteidigungsbündnisses mit NATO-Vertretern zu unterhalten. Es ist ohnehin ein besonders sensibles Umfeld, in dem diese sich bewegen: Jeder Vertreter eines Mitgliedstaats muss penibel darauf achten, was, wann, wie er sich äußert – weil alles potenziell sicherheitspolitische Auswirkungen haben kann.
Wenn die Vertreter des wichtigsten Partners, der USA, darüber hinaus noch darauf angewiesen sind, ausschließlich die provokative Rhetorik Trumps zu wiederholen, blockiert allein das schon die inhaltliche Arbeit, verlangsamt Prozesse und: schwächt die NATO.
Dort geht man aktuell davon aus, Trump könnte künftig strikt auf das „pay-your-bills“-Narrativ setzen (er droht mit dem NATO-Austritt, wenn Mitgliedsstaaten nicht mehr Beitragszahlungen leisten) und andere Debatten ins Leere laufen lassen.
Der NATO stehen demnach turbulente Zeiten ins Haus. Immerhin: Mit einem Austritt der USA aus dem Bündnis rechnet in Brüssel niemand ernsthaft.

Junge Menschen fühlen sich und ihre Themen von der Politik nicht hinreichend ernst genommen – und würden sich gern mehr einbringen. Was hindert sie? Unter anderem, so zeigt eine aktuelle Befragung der Bertelsmann-Stiftung, wissen viele nicht, wo und wie sie anfangen sollen. Für 43 Prozent ist das der wichtigste Hinderungsgrund.
Jungen Leuten eine Stimme verleihen und ihnen den Weg ins Engagement zu erleichtern, versucht unsere Jugendredaktion Salon5. In dieser Woche mit weiteren Beiträgen, wie Jugendliche in der Politik Gehör finden können – hier im SPOTLIGHT.
An der heutigen Ausgabe hat mitgewirkt: Sebastian Haupt.
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