Liebe Leserinnen und Leser,
danke fürs Schreiben und für Ihr Vertrauen in CORRECTIV. Ich habe Sie gestern im SPOTLIGHT gefragt: Sollen wir dem CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz in einem Interview auf den Zahn fühlen, was seine konkrete Haltung zur Migrationspolitik angeht?
Ihr klares Votum in über 500 E-Mails: Ja, bitte! Trotz, oder gerade wegen der schrecklichen Messerattacke in Aschaffenburg. Denn Merz hat als Reaktion darauf heute eine rigorose Wende in der Migrationspolitik angekündigt, sollte er Kanzler werden. Viele von Ihnen haben mir geschrieben: Sie würden vielleicht das erste Mal in ihrem Leben die CDU wählen. Aber nur, wenn sie sich darauf verlassen könnten, dass die CDU sich in der Migrationsfrage ganz klar von der AfD abgrenzt.
Wir gehen jetzt Merz’ Pressesprecher richtig auf den Wecker. Nachdem er dreimal abgesagt hat, fragen wir weiter. Wir feilen gerade schon an den entscheidenden Fragen. Warum wir das als unsere Aufgabe sehen? Das folgt der Logik unserer Aktion „Deine Stimme, Deine Themen“ – in der wir den Kanzlerkandidaten jene Frage stellen, die Sie, die Wählerinnen und Wähler, beantwortet haben wollen. Und dazu gehört eben die Frage nach der Brandmauer.
Jetzt aber Themenwechsel. Unser Reporterteam hat vorhin eine Recherche mit politischem Sprengstoff veröffentlicht: Wir können belegen, dass Russland derzeit eine großangelegte Kampagne über vermeintliche Nachrichtenseiten und Soziale Netzwerke fährt – um gezielt den deutschen Bundestagswahlkampf zu beeinflussen. Mehr im Thema des Tages. Schreiben Sie mir gern wie immer, welche Themen Sie gerade umtreiben: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: So manipuliert Russland den Wahlkampf
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Bundestagswahl-Spezial: Wie Wahlprogramme entstehen
Faktencheck: Irreführende Behauptungen zu Arbeitspflicht für Bürgergeldempfänger
CORRECTIV-Werkbank: Nichtbinäre Personen in Sorge wegen Trump-Regierung
Grafik des Tages: Die größten Risiken für die Weltwirtschaft
Russland hat mehr als 100 Internetseiten an den Start gebracht – ganz offenbar mit dem Ziel, die deutsche Bundestagswahl zu beeinflussen. Das können wir mit einer heute veröffentlichten Recherche zeigen. Wir haben dafür mit der Analyseplattform „NewsGuard“ zusammengearbeitet.
Was wir herausgefunden haben:
Die Webseiten, um die es geht, wurden offenbar extra zu dem Zweck eingerichtet, vor der Bundestagswahl gezielt Falschnachrichten über Kanzlerkandidaten zu verbreiten.
Zum Beispiel: Dem Grünen-Kandidaten Robert Habeck werden Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs angedichtet. Und über den FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber heißt es, er spioniere für Russland. Dabei ist er als entschlossener Unterstützer der Ukraine bekannt.
Woher wir wissen, dass die Seiten aus Russland stammen:
Digitale Spuren der Internetseiten führen zu einem Ex-Polizisten aus den USA, der heute in Moskau lebt. Dieser ist amerikanischen Medienberichten zufolge für die Infrastruktur dieser Kampagne verantwortlich und soll mit dem russischen militärischen Geheimdienst GRU in Verbindung stehen.
Wissen unsere Sicherheitsbehörden von der Sache?
Was die Behörden wissen und was nicht, das wissen wiederum wir nicht genau (wir haben nämlich keinen so kurzen Draht zum Bundesamt für Verfassungsschutz, wie es uns rechte Trolle im Netz oft unterstellen). Wir haben die Verfassungsschützer gefragt, ob ihnen die russische Einflussoperation vor unserer Recherche bekannt war. Die Antwort war schwammig: Man wolle sich nicht konkret äußern, es handele sich aber um eine „bekannte Vorgehensweise russischer Einflussakteure“.Einen Überblick zum sogenannten hybriden Krieg Russlands gegen Europa – also all dem, was Russland tut, um westliche Demokratien zu zersetzen – finden Sie hier in einem Zeitstrahl, auf dem wir die einschneidendsten Ereignisse sammeln. Und hier finden Sie eine Zusammenstellung unserer Recherchen zu hybrider Kriegsführung.
Messerattacke in Aschaffenburg: Wagenknecht und Weidel machen Bundeskanzler Scholz verantwortlich
Ein 28-Jähriger ist in einem Park auf eine Kindergartengruppe losgegangen. Er tötete einen Zweijährigen und einen 41-jähriger Passanten, der helfen wollte. Die Tat erschüttert die Öffentlichkeit – und die Debatte ist politisch aufgeladen, weil der Verdächtige ein Geflüchteter aus Afghanistan sein soll.
rnd.de
„Heil Tesla“ – Aktivisten projizieren Musks Hitlergruß auf deutsche Gigafactory
Das Tesla-Werk in Grünheide ist offenbar in der Nacht zum Ziel einer Protestaktion geworden – das zumindest behaupten die Gruppen „Zentrum für politische Schönheit“ und „Led by Donkeys“ in Social-Media-Posts. Die Bilder zeigen Elon Musks umstrittene Geste, die auf die Fassade projiziert worden sein soll. Die Polizei Berlin-Brandenburg spricht derweil von einem Fake.
tagesspiegel.de
Lokal: Grundsteuerreform trifft viele Menschen in Köln hart
Anfang der Woche hat die Kölner Stadtverwaltung Bescheide verschickt. Viele Immobilienbesitzer müssen nun deutlich höhere Grundsteuerbeträge leisten – einige teilweise viermal so viel. Auf die gesamte Stadt gerechnet ändert sich die Steuerlast aber nicht.
ksta.de
In diesem Zusammenhang möchten wir Sie noch einmal an die Crowd-Recherche von CORRECTIV erinnern: Helfen Sie uns, die Folgen der Grundsteuerreform in Deutschland abzubilden!
Investigativ: Europaweit bekommen NS-Kollaborateure zusätzliche Renten
Durch das 1950 eingeführte Bundesversorgungsgesetz können ehemalige SS-Angehörige und Wehrmachtssoldaten Anspruch auf eine sogenannte „Kriegsopferrente“ haben. FragDenStaat und der Stern haben recherchiert, dass Deutschland noch immer mutmaßliche Kriegsverbrecher im Ausland so mit Steuergeldern fördert, während viele Holocaust-Überlebende nichts bekommen.
fragdenstaat.de / stern.de (€)
Bundestagswahl-Spezial
Die Bundestagswahl rückt immer näher, die Parteien haben ihre Wahlprogramme erstellt. Aber wie genau entstehen diese Programme? Und vor allem: Was davon wird am Ende wirklich umgesetzt?
Darüber spricht unsere Jugendredaktion Salon5 mit Politikwissenschaftlerin Louisa Süß in diesem Podcast.Soll oder muss ich als Wählerin oder Wähler diese Programme wirklich lesen, um eine informierte Entscheidung treffen zu können? Salon5 macht hier ein paar alternative Vorschläge.
Salon5 (Instagram)
Auf Instagram und Facebook heißt es: Schwerin habe als erste deutsche Stadt Bürgergeldbeziehende zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet. Dabei gibt es noch gar keine verbindliche Entscheidung dazu. Die Stadtverwaltung hat lediglich den Auftrag bekommen, ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten.
CORRECTIV.Faktencheck
Endlich verständlich
In den vergangenen Jahren haben viele Eigenheim-Besitzer auf ihren Hausdächern Photovoltaik-Anlagen installiert. Speisen sie Strom, den sie nicht selbst verbrauchen, ins Stromnetz ein, gibt es dafür Geld. Diese Vergütung soll aber demnächst sinken. Wie stark, warum? Diese Fragen beantwortet die Lokalzeitung des hessischen Bad Hersfeld.
hersfelder-zeitung.de
So geht’s auch
Um noch einmal mit Nachdruck an das Massaker der Terrorgruppe Hamas an Israel zu erinnern, hat Israel jetzt ein Zeichen gesetzt: Beim Gesangswettbewerb „Eurovision Song Contest“ schickt das Land eine Überlebende des Massakers ins Rennen.
spiegel.de
Fundstück
Im Fundstück geht es heute um eines der spannendsten Tiere: den Oktopus. Wussten Sie, dass Oktopusse (oder auch Oktopoden, beides ist als Plural erlaubt) drei Herzen und neun Gehirne haben, dass sie mit ihren Zungen Löcher in Muscheln bohren können und dass sowohl Männchen als auch Weibchen sterben, wenn sie sich fortpflanzen? Mehr dazu auf dieser Seite, die eigentlich für Kinder geschrieben wurde – aber auch für Erwachsene spannend ist.
wwf-junior.de
Was einst eine Regelung war, die es geschlechtsdiversen Menschen ermöglichte, ihre Identität in juristischen Dokumenten zu verwirklichen, könnte nun als politische Waffe eingesetzt werden: In den letzten Jahren hat fast die Hälfte der Bundesstaaten in meinem Heimatland, der USA, ihre Vorschriften dahingehend geändert, dass die Einwohner ein neutrales „X” als Geschlechtskennzeichnung in ihren Ausweisdokumenten wählen können. In einigen Staaten ist das nur für Führerscheine möglich, in anderen können sogar rückwirkend Geburtsurkunden angepasst werden.
Nun gibt es Sorge, dass das mit der neuen US-Regierung unter Donald Trump für nicht binäre Personen zum Nachteil werden könnte. In queeren Online-Foren wird deshalb viel diskutiert, ob es sich lohnt, die Geschlechtskennzeichnung ihrer Identität wieder anzupassen.
Denn alle Informationen, die die Regierung über ihre Bürger hat, können sowohl zum Guten als auch zum Schlechten verwendet werden. Das liegt in der Natur von Daten. Hier in Deutschland können intersexuelle Personen seit 2018 ebenfalls ihre Dokumente ändern, um eine neutrale Geschlechtskennzeichnung zu erhalten. Mit der Art und Weise, wie etwa AfD, BSW und CDU gegen Trans- und Queer-Rechte vorgehen, bestehen prinzipiell auch hierzulande solche Risiken.
Ich denke aber, dass nicht die Daten an sich gefährlich sind. Es ist die Ideologie. Auch ohne „X” oder „divers” in einem Pass werden Menschen mit diskriminierenden Überzeugungen einen Weg finden, Angst zu schüren und Hass zu verbreiten. Das beste Mittel dagegen bleibt daher wohl immer noch: zu lernen und unsere eigenen Vorurteile zu hinterfragen.
Das Weltwirtschaftsforum hat vergangene Woche seinen jährlichen Global Risks Report herausgegeben. Wir fassen zusammen, was es als die größten Bedrohungen für die Weltwirtschaft in den kommenden zehn Jahren identifiziert: Klima, Klima und nochmals Klima.
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Robin Albers, Till Eckert, Sebastian Haupt
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