
Liebe Leserinnen und Leser,
CDU-Chef Friedrich Merz will die Schuldenbremse lockern, um (neben Ausgaben für Infrastruktur) Deutschland aufzurüsten und unser Land verteidigungsfähig zu machen. Auch die EU plant gigantische Ausgaben für die Rüstung. Heute findet genau dazu ein Sondergipfel statt. Warum die gewaltigen Summen? Darauf geben wir im Thema des Tages Antworten.
Außerdem im SPOTLIGHT: An deutschen Kliniken wird gestreikt – warum genau? Und: Wie unsere Recherche zu einem Treffen von Neonazis die Schweizer Politik beschäftigt.
Schicken Sie mir gern Ihre Anregungen für den SPOTLIGHT:
anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Warum wird die Aufrüstung so teuer?
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: Mannheim: Ausweisfoto von Unbeteiligtem wird im Netz verbreitet
Für die einen ist es Wählertäuschung, für die anderen ein geschicktes politisches Manöver: CDU-Chef und Bald-Kanzler Friedrich Merz hatte im Wahlkampf versprochen, nicht an der Schuldenbremse rütteln zu wollen – jetzt macht er genau das als allererstes, und will es mit einer Mehrheit aus dem Noch-Bundestag durchwinken. Heute diskutieren zudem Spitzenvertreter von EU und europäischen Staaten, ob sie den gemeinsamen Verteidigungshaushalt um weitere Hunderte Milliarden aufstocken. (Die Entwicklungen können Sie hier im Liveticker verfolgen).

So oder so: Es ist unabdingbar, dass die EU und gerade auch Deutschland ihre Verteidigungsfähigkeit ausbauen – jetzt, wo US-Präsident Donald Trump von der Ukraine, von Europa und von der Nato abrückt. Die Summen, die nun für Verteidigungsausgaben im Raum stehen, sind so riesig, dass sich kaum jemand etwas darunter vorstellen kann. Daher ordnen wir ein wenig ein.
Um wie viel Geld geht es?
Da ist zum einen das Geld, das die Bundesregierung für die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands frei lenken will – also das Merz-Vorhaben, für das es eine Grundgesetzänderung braucht, weil die Schuldenbremse (Was war nochmal die Schuldenbremse? Das können Sie hier nachlesen) gelockert werden soll.
Eine genaue Summe, wie viel Geld die Regierung in den nächsten Monaten und Jahren für die Aufrüstung ausgeben will, haben Union und SPD nicht genannt. Das heißt mit anderen Worten, die Ausgaben sind erst einmal nach oben offen. Klar ist bisher nur, dass mehr als 44 Milliarden Euro für die Bundeswehr ausgegeben werden sollen.
Und was ist mit der EU?
Sie will – vereinfacht gesagt – 800 Milliarden Euro an Krediten mobilisieren, mit denen die Mitgliedstaaten zusätzlich ihre Verteidigung aufstocken können. Wie die geplanten Ausgaben der EU und Deutschlands zusammenhängen, steht noch nicht fest. Zumal beides ja erst einmal nur geplant und noch nicht verabschiedet ist.
Warum braucht es Investitionen in dieser Dimension?
Das zeigt dieser Vergleich: Derzeit beträgt der gesamte Verteidigungsetat unseres Landes 52 Milliarden Euro.
Der Militärexperte Carlo Masala rechnete vorgestern Abend in einer Talkshow vor, wie viel Geld wir in Europa und in Deutschland ausgeben müssten, um unsere Verteidigungsfähigkeit wiederherzustellen, sollten sich die USA tatsächlich zurückziehen: einen dreistelligen Milliardenbetrag.
Wo gibt es die größten Lücken in der Verteidigungsfähigkeit?
In unserer Luftabwehr. Griffe eine fremde Macht gleichzeitig mehrere deutsche Städte mit Raketen an, würde unsere Luftabwehr laut Masala derzeit gerade mal zwei Großstädte schützen können.
Ähnlich sagte es heute morgen der CSU-Verteidigungspolitiker Markus Ferber: Der Schutzschirm gegen Luftangriffe müsse jetzt Priorität haben, und zwar europaweit. Mehr darüber, wie die Verteidigungsfähigkeit der EU derzeit aussieht, hat die ARD in dieser ausführlichen Doku zusammengestellt.
Was muss noch passieren?
Wir haben dazu den Chef des Reservistenverbandes der Bundeswehr interviewt, Patrick Sensburg. Hier können Sie das Videointerview anschauen. Er sagt: Wir brauchen in Deutschland wieder eine Massenarmee.
Was das genau für Folgen hat? Aller Wahrscheinlichkeit nach beginnt in den kommenden Tagen die Diskussion über die Wiedereinführung der Wehrpflicht.

Bundesweite Warnstreiks in Kliniken, Heimen und Kitas
Heute legten zahlreiche Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich die Arbeit nieder. Morgen folgt unter anderem der Erziehungsbereich. Verdi will damit vor der nächsten Verhandlungsrunde den Druck auf Bund und Kommunen erhöhen, die Gewerkschaft fordert acht Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten.
deutschlandfunk.de
Haftstrafen im Prozess um geplante Lauterbach-Entführung
Weil sie einen Putsch und die Entführung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach planten, verhängte das Oberlandesgericht Koblenz Haftstrafen von über fünf Jahren für vier der Rädelsführer.
zeit.de
Regional: Corona-Aufarbeitung im Sächsischen Landtag
Gleich zwei unterschiedliche Gremien befassen sich mit den Maßnahmen, die während der Pandemie 2020 bis 2023 erlassen wurden. Vor dem von AfD und BSW durchgesetzten Untersuchungsausschuss war als erster Sachverständiger der Virologe Hendrik Streeck geladen. Eine vom gesamten Landtag beschlossene Enquete-Kommission nimmt diese Woche ebenfalls ihre Arbeit auf.
dnn.de
Investigativ: Millionen Dollar für ein Essen mit dem US-Präsidenten
Laut Wired zahlen Wirtschaftsführer bis zu fünf Millionen US-Dollar, um Donald Trump in dessen Sitz in Mar-o-Lago allein zu treffen. Für ein Gruppenessen mit ihm sollen bis zu einer Million fließen.
wired.com

Nach der Amokfahrt in Mannheim kursieren online Ausweisdokumente, die angeblich dem Tatverdächtigen gehören sollen. In den Kommentaren darunter: rassistische Hetze, weil sich der Name auf dem Pass nicht deutsch liest. Doch die Person hat mit der Tat nichts zu tun – festgenommen hat die Polizei einen 40-jährigen Deutschen namens Alexander.
CORRECTIV.Faktencheck
Endlich Verständlich
Verhütung muss man sich erstmal leisten können! Für viele Menschen können die hohen Kosten für Verhütungsmittel zum Problem werden. Besonders für diejenigen mit niedrigem Einkommen. Denn Krankenkassen zahlen höchstens einen Teil der Kosten. Und andere langfristige Hilfen gibt es (noch) nicht.
Salon5 (Instagram)
So geht’s auch
Um Erneuerbare Energien flächendeckend nutzen zu können, sind bessere Speichertechnologien unverzichtbar. Eine finnische Firma setzt dabei auf Batterien aus Sand.
zdf.de
Fundstück
Rekordjahr nach Rekordjahr: Seit Jahren klettern die globalen Temperaturen weiter nach oben. Diese Visualisierung hilft dabei, sich das Ausmaß der Erwärmung vor Augen zu führen – mit Daten für jeden Tag seit 1940.
theclimatebrink.com
Ich bin Journalist geworden, um Missstände aufzudecken. Im besten Fall bewirken unsere Recherchen neben Aufmerksamkeit für das Thema eine Veränderung – in der Gesellschaft, Politik oder Justiz.
Im Dezember trafen sich Neonazis, AfD-Abgeordnete, Querdenker und Jungpolitiker aus Deutschland und der Schweiz in einem Restaurant in Kloten nahe dem Zürcher Flughafen. Organisiert hatte die Veranstaltung die „Junge Tat“. Sie ist die derzeit bekannteste rechtsextreme Gruppierung aus der Schweiz. Ein Reporter von CORRECTIV nahm verdeckt am Treffen teil. Das Medienkollektiv Recherche Nord dokumentierte das Treffen auf dem Parkplatz. CORRECTIV in der Schweiz wertete zusammen mit dem Online-Magazin Republik aus, wer am Treffen teilnahm.
Nach unserer Recherche forderten zwei Parlamentsmitglieder in Kloten Antworten von der Stadtregierung. Das Ergebnis: In Kloten gebe es bei einer Vermietung von städtischen Räumen keine Richtlinien für ein Verbot rechtsextremer, sexistischer oder rassistischer Inhalte. Dies würde gegen die Meinungs- und Versammlungsfreiheit verstoßen.
In Illnau-Effretikon, wo die Veranstaltung eigentlich hätte stattfinden sollen, hatte Stadtpräsident Marco Nuzzi (FDP) sie einen Tag vorher verboten. Er sagte, es sei nicht vertretbar, dass Personen, die rechtsextremes Gedankengut verbreiten, Räumlichkeiten der Stadt mieten können. Erst danach wurde die Veranstaltung nach Kloten verlagert.
Nun muss sich die Regierung des Kantons Zürich damit befassen. Zwei Kantonsratsmitglieder wollen unter anderem wissen, wo die Regierung die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und staatsfeindlichen Handlungen zieht.

Wie wohlhabend ein Stadtviertel ist, hat nicht nur Auswirkungen darauf, für welche Parteien Menschen dort stimmen. Es beeinflusst auch, ob Menschen überhaupt wählen gehen. Die Daten aus Hamburg zeigen eindrücklich: In Stadtteilen mit sehr geringem Einkommen fällt die Wahlbeteiligung um Dutzende Prozentpunkte niedriger aus als in den wohlhabenden Gegenden der Hafenstadt.
taz.de
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert und Sebastian Haupt.
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