
„AfD über alles“: Dieser krude Satz steht über den jüngsten Treffen in den USA, von denen sich ein paar AfD-Politiker eine Menge erhoffen. Ein Satz, der bösartig und lächerlich zugleich ist und von einer Gruppe junger MAGA-Anhänger stammt. Gestern berichteten wir über diese USA-Reise der AfD-Politiker, von denen einige auch schon die Nähe zu Putin gesucht haben.
Im Lauf des letzten Jahres, ja vor allem auch der letzten Woche, hat sich deutlich gezeigt, was die MAGA-Ideologen hinter Donald Trump wollen. Neben einer autoritären Politik geht es um die Zerstörung der europäischen Idee; ideell und institutionell. Weg mit der liberalen Demokratie, weg mit der EU.
Wie das aussehen kann, zeigte US-Vizepräsident J.D. Vance im Februar: Der US-Vizepräsident hatte aus dem Nichts den Vorwurf erhoben, in Deutschland werde die Meinungsfreiheit zerstört. Zudem warb er unverhohlen für die AfD.
Was zunächst bizarr wirkte, zeigt sich nun als klare Strategie von Trump und seinen Leuten. Die vermeintlich bedrohte Meinungsfreiheit in Europa findet sich auch in der US-Sicherheitsstrategie, die letzte Woche veröffentlicht wurde.
Kurz nach der US-Wahl vor einem Jahr hatten wir eine Recherche veröffentlicht, wie das Trump-Lager seine Fühler nach Deutschland ausstreckt, wie sich Think Tanks zwischen Ungarn, Deutschland und den USA zusammenfinden, um Schnittmengen zwischen Trump, Orban und dem rechtslibertären Umfeld auszumachen. Das verbindende Ziel auch dort: das Aushöhlen der Europäischen Union und die Hoffnung auf eine Demokratie, die Orban „illiberal“ nennt.
Wir können die Strategien jetzt klarer sehen, immerhin ist das eine wichtige Erkenntnis dieses Jahres. Und es wird deutlich, wie sich die AfD zum willfährigen Handlanger aufschwingt.
Heute Abend nun wird der AfD-Spitzenkandidat für die Wahl in Baden-Württemberg, Markus Frohnmeier, auf einer Bühne in New York einen Preis erhalten, von Freunden, die „AfD über alles“ schreiben. Hier wird ein Schulterschluss inszeniert, der die MAGA-Leute kaum etwas kostet, ihnen aber viel Einfluss geben dürfte. Denn in der AfD werden die MAGA-Strategien und Parolen, die Europa und damit Deutschland schwächen sollen, eifrig kopiert.
Wir werden im nächsten Jahr zu diesen internationalen Vernetzungen recherchieren; auch, wer sich im Interesse von Putin oder Trump einspannen lässt.
Dazu übrigens ganz aktuell: gestern hat die Bundesregierung ja den russischen Botschafter in Berlin einbestellt. Kritisiert wird vor allem eine Desinformationskampagne, die aus Russland gezielt gesteuert worden sei. Wir hatten sie Anfang des Jahres aufgedeckt. Mehr zu der aktuellen Lage lesen Sie hier.
In Hannover wiederum dreht sich die Geschichte um einen tschetschenischen AfD-Mann und eine prunkvolle Villa weiter. Nach unserer Recherche am Montag berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung nun über neue Entwicklungen in dem Fall.
Heute schreibt mein Kollege Marcus Bensmann im „Ganz persönlich“ am Ende dieses SPOTLIGHT über einen Angriff auf den Rechtsanwalt Chan-Jo Jun, der auf Social-Media-Plattformen als Anwaltsexperte eine große Reichweite erzielt und die AfD regelmäßig analysiert. Der völkische Ideologe Martin Sellner legt in einem herabsetzenden Beitrag gegen Jun nahe, was er sich unter seinem Konzept von „nicht-assimilierten Staatsbürgern“ vorstellt.
Und hier noch ein gemeinnütziger Geschenk-Tipp: Das Jahr 2025 war turbulent. Deshalb soll die Suche nach Geschenken zum Jahresende nicht zusätzlich stressig sein. Ihnen fehlt noch ein Geschenk für jemanden, der Ihnen am Herzen liegt? Wie wäre es damit, in dessen Namen eine Spende an CORRECTIV zu verschenken? Unterstützen Sie unabhängigen Journalismus und machen Sie Ihren Lieben eine Freude. Zum diesjährigen Fest gibt es zusätzlich etwas Besonderes aus unserem CORRECTIV-Team: Ab einer Spende von 50 € schicken wir Ihnen einen hochwertigen CORRECTIV-Druck (A4), den Sie den Beschenkten überreichen können. Schnell sein lohnt sich: Die ersten 200 Drucke werden rechtzeitig vor Heiligabend versandt. Den Link finden Sie hier.
Herzlich,
Ihr Justus von Daniels

Recherchen der Woche
Das Ende der Scam-Fabriken?
Myanmar ist ein Zentrum der globalen Betrugsindustrie. Hunderttausende arbeiten dort mit einer Vorgabe: Sie sollen weltweit Menschen online betrügen – mit gefälschten Krypto-Investments, Liebesschwindel und Catfishing – also wenn sich jemand mit einer falschen Identität Geld erschleicht. Doch viele dieser Betrüger sind selbst Opfer. Gewalt und Folter zwingen sie, andere zu täuschen. Über Jahre blühte das kriminelle Imperium. Doch im Herbst 2025 änderte sich alles: Über der berüchtigtsten Betrugsfabrik der Welt steigen Rauchwolken auf. Bomben treffen den KK Park. Im Podcast Legion sprechen ehemalige Betrüger, lokale NGOs, Opfer des burmesischen Bürgerkriegs und internationale Experten.
War on Scam (ardaudiothek.de, Podcast)
Lässt sich das Massensterben noch aufhalten?
Ein Achtel aller Arten weltweit soll vom Aussterben bedroht sein. Das klingt dramatisch und ist es auch. Die Biologin Katrin Böhning-Gaese forscht seit über 30 Jahren zur Artenvielfalt und hat Ideen, wie sich die Entwicklung aufhalten ließe.
„Der Rückgang der Biodiversität könnte bis zum Jahr 2030 gestoppt werden“ (fluter.de)
Wie Waffen aus Europa über Libyen in den Sudan gelangen
Woher kommen die Waffen, mit denen die RSF-Miliz in Darfur Massaker begeht? Im libyschen Kufra landen nachts regelmäßig Transportmaschinen, deren Fracht offenbar über Schmuggelrouten an die RSF im Sudan gelangt: gepanzerte Fahrzeuge, Drohnen und Komponenten aus Europa. Trotz Embargos tauchen immer mehr moderne Waffen im Bürgerkrieg auf, während Lieferwege verschleiert werden und die Region weiter destabilisieren.
Wie Waffen aus Europa nach Darfur gelangen (taz.de)
Ein ungeheurer Verdacht
Bei Partys in einem Penthouse in Düsseldorf sollen Jugendliche für Sex an ältere Freier verkauft worden sein. In diesem Zusammenhang wird ein 29-Jähriger aus dem Landkreis Roth abscheulicher Straftaten verdächtigt. Geht das perfide Geschäft weiter?
Sexpartys mit Minderjährigen? 29-Jähriger aus dem Landkreis Roth unter Verdacht (nn.de, €)
Dubiose Sponsoren-Deals deutscher Fußball-Clubs
Es sind lustige Videos: Topstars der Fußball-Bundesliga grüßen auf Englisch oder Mandarin und wünschen alles Gute zum Valentinstag, zum Drachenbootfest oder zu Weihnachten. Die Grüße richten sich an Nutzerinnen und Nutzer chinesischer Wettplattformen. Borussia Dortmund, Bayer 04 Leverkusen und Borussia Mönchengladbach haben Sponsoringverträge mit Anbietern wie XingKong, Kaiyun und AYX. Doch was steckt hinter diesen Kooperationen? Die Spur führt in eine Welt aus Zwangsarbeit, Menschenhandel und Mafia-Strukturen.
Millionendeals im Fußball mit der kriminellen Unterwelt (zdfheute.de)
Je suis Jun.
Ein Schlagabtausch auf X (ehemals Twitter) im November zwischen Martin Sellner und Chan-Jo Jun zeigt die tatsächlichen Abgründe des völkischen Tarnbegriffs „Remigrations“. Jun ist Rechtsanwalt und Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichts, Sellner Kopf der Identitären Bewegung und treibende Kraft hinter einem „Remigrationskonzept“, das auch auf Staatsbürger zielt.
Die Jun-Sellner Debatte offenbart, dass die Vertreibungspläne in rechtsextremen Kreisen, auch innerhalb der AfD, eine konkrete Bedrohung für jeden von uns sind. Für mich ist diese Diskussion nicht nur inhaltlich interessant, da ich Jun persönlich kenne und seine rechtspolitischen Beiträge in sozialen Netzwerken intensiv verfolge. Auch hat er als Rechtsanwalt CORRECTIV schon vertreten.
Hier der Hintergrund:
Nach einem Beitrag von Jun auf X kam es zur Konfrontation mit Sellner, die ich hier kurz skizziere. Jun erklärte in einem Video, inwieweit die AfD-Forderung nach einer Geburtsprämie nur für deutsche Staatsbürger gegen das Grundgesetz verstößt. Sellner mischte sich ein und schrieb:

Damit entlarvt sich Sellner erneut. Es geht ihm allein um Herkunft, Hautfarbe und Nachnamen. Unter dessen Begriff „nicht-assimilierte Staatsbürger“ fallen eben nicht nur Clan-Mitglieder oder islamistische Hardliner, sondern auch ein Rechtsanwalt, geboren in Verden mit südkoreanischen Eltern, dessen Sichtweise zum Grundgesetz dem völkischen Ideologen aus Österreich nicht passt. Und Sellner pflegt enge Kontakte zur AfD und zu deren Jugendorganisation.
Darin zeigt sich der Abgrund und die Menschenfeindlichkeit der völkischen Ideologie und ihres Tarnbegriffs „Remigration“, den wir in der CORRECTIV-Recherche Geheimplan gegen Deutschland Anfang 2024 beschrieben haben.
Obwohl das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig unsere Einschätzung teilt, müssen wir sie gegen Verharmloser bis weit in die bürgerlichen Medien hinein verteidigen. Das mache ich mit voller Überzeugung, denn es geht um unsere liberale Demokratie, um mich und um den Nächsten. Und da gilt eben: Je suis Jun.

„AfD über alles“ bei MAGA-Gala: Die Pläne der rechten Allianz
AfD-Politiker suchen in den USA öffentlich den Schulterschluss mit jungen Politikern der autoritären MAGA-Bewegung. Wie AfD-Mann Frohnmaier fielen einige von ihnen vorher schon mit auffälliger Nähe zum Putin-Regime auf. Das hat die rechte Allianz vor.
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Soziale Netzwerke: Wenn ein Emoji den Hitlergruß symbolisiert
Die Betreiber von Online-Plattformen stehen in der Kritik, extremistische Propaganda zuzulassen. Auf Instagram werden Nutzer sogar animiert, einen verbreiteten Neonazi-Code zu verbreiten. Nun schreitet das Innenministerium ein.
correctiv.org
Verschwiegene Folgen eines Umweltskandals
Zehntausende Menschen in der Region Niederrhein sind Opfer eines bis heute ungesühnten Umweltverbrechens. Ihr Trinkwasser ist mit giftigen Chemikalien verschmutzt. Der örtliche Wasserversorger und die zuständige Behörde verschweigen das Ausmaß des Skandals.
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Prunk, Pathos, Patriotismus: Der tschetschenische Krieger der AfD
In einer hannoverischen Prunk-Villa inszeniert sich der AfD-Mann Noah Krieger als patriotischer Macher. Gleichzeitig unterhält er Beziehungen zum Clan von „Putins Bluthund“. Was hat er vor?
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Unrechtmässig verschuldet
Personen, die von 10.50 Franken Nothilfe leben, sollen 30 Franken pro Tag Strafe zahlen – so steht es in zahlreichen Zürcher Strafbefehlen. Dabei heisst es längst im Gesetz: Mehr als 10 Franken sind unzulässig. Trotzdem halten Staatsanwaltschaften an der Praxis fest.
correctiv.org
Russlands Botschafter einbestellt – Behörden bestätigen CORRECTIV-Recherche zu Einflussoperation
Eine russische Kampagne mit mehr als hundert Fake-Webseiten und KI-Inhalten sollte die Bundestagswahl 2025 beeinflussen. CORRECTIV hatte die Operation aufgedeckt, nun bestellte die Bundesregierung den russischen Botschafter ein. Neben Propaganda geht es auch um Hackerangriffe.
correctiv.org
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Martin Böhmer, Samira Joy Frauwallner und Finn Schöneck.
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