Spanien plant neues System zur Erfassung von Covid-19-Infektionen, ähnlich wie bei der Grippe
Spanien habe Covid-19 zu einer „normalen Grippe“ erklärt, heißt es auf Facebook. Die Behauptung ist irreführend formuliert. Spanien hat Covid-19 nicht zur Grippe erklärt, sondern es gibt laut Medienberichten Pläne der Regierung, in Zukunft auf eine engmaschige Überwachung von Neuinfektionen zu verzichten und die Krankheit somit ähnlich wie die Grippe zu behandeln.
„Spanien ist gefallen, Corona als ganz normale Grippe erklärt!“, heißt es auf Facebook. In anderen Beiträgen auf Telegram (hier und hier) ist die Rede davon, dass Spanien Covid-19 nur noch „wie eine Grippe behandeln“ wolle. Als Beleg berufen sich die Beiträge teilweise auf Medienberichte.
Unser Faktencheck zeigt: Die Behauptungen auf Telegram sind richtig, aber der Facebook-Beitrag ist irreführend formuliert. Die spanische Regierung will Covid-19 Medienberichten zufolge „grippalisieren“. Das bedeutet, dass nicht mehr jeder Fall einzeln registriert werden soll und bei milden Symptomen keine Tests mehr durchgeführt werden sollen. Auch sollen nur noch ausgewählte Arztpraxen und Krankenhäuser Daten über die Verbreitung des Virus sammeln.
Spanische Regierung plant, Covid-19-Fälle in Zukunft stichprobenartig wie bei der Grippe zu erfassen
Aktuell liegt die Impfquote in Spanien bei den Menschen über 12 Jahren bei mehr als 90 Prozent (Stand 26. Januar). Dennoch wurden innerhalb der letzten 14 Tage (11. Januar bis 24. Januar) rund 1,3 Millionen Neuinfektionen gemeldet. Die 14-Tage-Inzidenz liegt bei rund 2.900.
Laut einem Bericht der Zeitung El País vom 10. Januar plant die spanische Regierung, Covid-19 in Zukunft ähnlich wie die Grippe zu behandeln. Der Umgang mit dem Coronavirus werde lockerer, da bereits viele Menschen damit in Kontakt gekommen oder geimpft sind. Es sei bei den hohen Ansteckungszahlen außerdem nicht mehr möglich, alle Fälle zu melden. In Zukunft solle die Ausbreitung der Krankheit durch repräsentative Stichproben in ausgewählten Krankenhäusern und Arztpraxen überwacht werden. Die Vorbereitungen dafür liefen bereits seit Sommer 2020. Ziel sei es, ein sogenanntes Sentinel-System zu etablieren. Ein solches System gibt es auch in Deutschland bereits zur Überwachung der Grippe.
Wann das neue Überwachungssystem startet, ist unklar
In Deutschland griffen viele Medien den Artikel von El Pais auf und berichteten über die Pläne der spanischen Regierung (hier, hier und hier), über die Ministerpräsident Pedro Sánchez auch im Fernsehen sprach. Laut dem „Heute-Journal“ des ZDF vom 14. Januar, sagte er (ab Minute 1:51): „Wir wollen eine Debatte auf europäischer Ebene anstoßen, eine notwendige Debatte, die wir auch deshalb führen können, weil wir dank der Wissenschaft inzwischen Möglichkeiten haben, die Bevölkerung zu schützen“.
Wann das neue System in Spanien etabliert wird, ist jedoch unklar. In der aktuellen Omikron-Welle solle es noch nicht starten, berichtete El País. Die Zeitung schrieb, was sich ändere sei das Überwachungssystem, nicht die Behandlung der Krankheit. Obwohl das individuelle Risiko für die Menschen gesunken sei, führten die hohen Infektionszahlen immer noch zu vielen Fällen in Krankenhäusern. Ein Grippe-Experte wird in dem Bericht mit den Worten zitiert, dass man Covid-19 wie die Grippe behandelt wolle bedeute nicht, dass man es nicht mehr ernst nehme.
Darüber, dass Covid-19 keine normale Grippe ist und was die beiden Krankheiten unterscheidet, haben wir zum Beispiel in diesem Faktencheck berichtet.
Redigatur: Steffen Kutzner, Alice Echtermann
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Bericht von El País, „España ultima un sistema para vigilar la covid como la gripe común“: Link
