Foto zeigt kein ukrainisches Tattoo-Studio, das Hakenkreuze zum halben Preis entfernt
Ein Foto soll ein ukrainisches Tattoo-Studio zeigen, das angeblich anbietet, Hakenkreuz-Tattoos zum halben Preis zu entfernen. Doch das Bild ist manipuliert. Das Originalbild ist mindestens seit 2018 im Netz und zeigt ein Tattoo-Studio in Russland. Im Original steht nichts von einem Hakenkreuz-Rabatt.
Das Narrativ, in der Ukraine wimmele es nur so vor Nazis, ist kein neues. Putin rechtfertigt damit seinen Krieg, zahlreiche manipulierte Bilder und Fotos in falschem Kontext sollen es stützen. Ein neuer vermeintlicher Beleg dafür: ein Foto, das ein Tattoo-Studio in der Ukraine zeigen soll. Auf dem Bild ist ein weißes Banner zu sehen, gespannt vor die Fassade eines Gebäudes. Auf dem Poster steht: „Aktion. Reisen Sie nach Europa? Wir entfernen Hakenkreuze zum halben Preis“. Das sei ein „gewöhnliches Tattoo-Studio in der Ukraine“, heißt es dazu auf Twitter, Facebook und Telegram. Die Behauptung kursiert nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Polnisch und Französisch.
Das Bild ist jedoch eine Fälschung. Das Original zeigt kein ukrainisches Tattoo-Studio, sondern eins in der russischen Stadt Bijsk. Auf dem ursprünglichen Bild steht auf dem Poster nichts von einer Aktion zur Entfernung von Hakenkreuzen.
Die Spur des Fotos führt nach Russland
Eine Spur zum Originalfoto finden wir unter einem deutschsprachigen Tweet. Dort schreibt ein Nutzer, das Bild vom angeblichen Tattoo-Studio in der Ukraine sei eine Fälschung. Das Studio befinde sich eigentlich in Bijsk, Russland. Dazu hängt der Twitter-Nutzer ein Foto an, das denselben Laden zeigt; dort ist auf dem Banner jedoch nichts von einer Hakenkreuz-Entfernung zu lesen.
Ein Vergleich der zwei Fotos zeigt: Darauf ist dasselbe Gebäude zu sehen. Die Eiszapfen am Dach, die Position der Äste und ein Auto im Hintergrund des Bilds sind identisch. Doch der Text auf dem Banner neben dem Eingang des Gebäudes ist teilweise anders. Auf dem Foto, das nun in Sozialen Netzwerken geteilt wird, steht der Satz mit der angeblichen Aktion für Reisende nach Europa unten mittig im Plakat. Der ist Ukrainisch – zu erkennen an den Buchstaben „i“ und „,ї“, die es im russischen Alphabet nicht gibt. In der ukrainischen Version heißt das Studio „Tattoomeister“.
Auf dem zweiten Foto hingegen sind auf dem Poster nur das Logo und der Name des Studios zu sehen, dort heißt es „Tattooirograf“. Ein weiterer Unterschied: Im oberen Rand des Fotos ist ein schwarzes Schild mit einer Adresse zu sehen – dieses fehlt im ersten Foto. Doch welches Foto ist das echte?
Das Tattoo-Studio ist nicht in der Ukraine, sondern in der russischen Stadt Bijsk
Durch eine Bilder-Rückwärtssuche finden wir das Foto ohne das Hakenkreuz-Angebot auf einer Seite mit mehreren Werbungen für Tattoo-Studios. Laut der Webseite und der URL-Adresse des Bilds wurde das Foto dort im März 2021 hochgeladen.
Das russische Faktencheck-Team von Provereno Media hat in dem Sozialen Netzwerk Vkontakte, einer Art russischem Facebook, eine noch ältere Version gefunden. Am 13. Januar 2018 lud eine Person mit dem Nutzernamen „Sasha Tatooirograf“ das Foto hoch und schrieb dazu: „Liebe Freunde, wir laden euch ein ins Studio für Kunstattoos ‚Tattooirograf‘“. Dazu schrieb Sasha auch eine Adresse: Sovetskaya Straße 52/1 in der russischen Stadt Bijsk. Dieselbe Adresse steht auch auf dem Schild, das man in jener Version des Fotos sieht.
Das Schild wurde für die ukrainische Version des Fotos offenbar entfernt, um die russische Adresse zu verschleiern. Denn das Studio ist unter dieser Adresse in Russland auf Google Maps zu finden und hat ein Instagram-Profil.
Unter dem Namen des vermeintlichen ukrainischen Studios „Tattoomeister“ finden wir hingegen bei einer Google-Suche weder auf Ukrainisch noch mit lateinischen Buchstaben eine Adresse oder Belege für seine Existenz. Auch eine Bilder-Rückwärtssuche liefert keine Hinweise, dass das Foto in dieser Version schon vor 2023 im Netz auftauchte.
Fazit: Das Foto der angeblichen Aktion zur Entfernung von Hakenkreuzen in einem ukrainischen Studio ist manipuliert. Das Original ist schon seit mehreren Jahren im Netz und zeigt ein russisches Tattoo-Studio. Es gibt mehrere Belege dafür, dass das Studio in der russischen Stadt Bijsk existiert. Für eines in der Ukraine gibt es hingegen keine Belege.
Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.
Redigatur: Gabriele Scherndl, Matthias Bau