Faktencheck

Angebliches Cola-Verbot in der EU ist frei erfunden

Auf Tiktok wird behauptet, in der EU werde der Verkauf von Coca Cola ab Mai verboten, weil das Süßungsmittel Aspartam als krebserregend eingestuft worden sei. Das stimmt so nicht, Coca Cola wurde nicht verboten. Im Juli bewertete die WHO den Süßstoff neu und stuft ihn nun als „möglicherweise krebserregend“ ein. Beim Beachten der maximal empfohlenen Tagesdosis gilt Aspartam jedoch weiterhin als unbedenklich.

von Max Bernhard

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Cola gibt es sowohl mit Zucker als auch mit dem Süßungsmittel Aspartam, welches die EU in gewissen Mengen als unbedenklich eingestuft hat (Symbolbild: Franziska Gabbert / DPA / Picture Alliance )
Behauptung
Weil der Süßstoff Aspartam als krebserregend eingestuft worden sei, dürfe Coca Cola in der EU ab Mai 2023 nicht mehr verkauft werden.
Bewertung
Größtenteils falsch
Über diese Bewertung
Größtenteils falsch. Es gibt keine Belege für ein angebliches Verbot von Coca Cola in der EU. Aspartam ist in der EU in Nahrungsmitteln zugelassen. Die WHO hat den Süßstoff im Juli 2023 neu bewertet und stuft ihn jetzt als „möglicherweise krebserregend“ ein. Eine Tagesdosis von 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag halten jedoch die WHO als auch die EU weiterhin für unbedenklich. Klassische Coca Cola enthält zudem gar kein Aspartam.

„Ende von Coca Cola in Europa“ – diese Behauptung in einem Tiktok-Video hat das Potenzial, Fans des Getränks in Panik zu versetzen. Angeblich werde der Verkauf in der EU ab Mai verboten, weil der Süßstoff Aspartam als krebserregend eingestuft worden sei, heißt es in dem Beitrag weiter. Darunter finden sich hunderte Kommentare – von Menschen, die skeptisch sind, aber auch solche, die der Behauptung glauben.  

Das stimmt so nicht. Es gibt keine Belege für ein angebliches Verbot des Getränks in der EU. Dass Aspartam von der EU als krebserregend eingestuft worden sei, stimmt nicht. Der Süßstoff ist in der EU und Deutschland seit Jahrzehnten als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen. Die WHO bewertete Aspartam im Juli 2023 neu und stuft ihn jetzt als „möglicherweise krebserregend“ ein. Eine Tagesdosis von 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht gilt aber weiterhin als unbedenklich. Um diese Grenze zu überschreiten, müsste eine 60 Kilogramm schwere Person mehr als 18 Liter Cola light am Tag trinken. 

Screenshot des Tiktok-Videos mit der Falschbehauptung
In einem Tiktok-Video wird fälschlicherweise behauptet, der Süßstoff Aspartam sei von der EU als krebserregend eingestuft worden und deshalb dürfe Coca Cola nicht mehr verkauft werden (Quelle: Tiktok; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Der Süßstoff Aspartam ist in verschiedenen Lebensmitteln enthalten, etwa in einigen Süßwaren, Kaugummis oder Getränken. Klassische Coca Cola ist gar nicht mit Aspartam, sondern mit Zucker gesüßt. Der Stoff findet sich aber in den Light- und Zero-Versionen des Getränks. Eine Anfrage von uns an das Unternehmen, ob die Produkte ab Mai in der EU verboten sind, blieb unbeantwortet. Doch weder auf der deutschen Unternehmensseite noch bei Google finden sich Hinweise auf ein angeblich bevorstehendes Verbot von Coca Cola.

Lebensmittelsicherheitsbehörde der EU bewertet Aspartam in momentan gebräuchlichen Mengen als unbedenklich

Anders als auf Tiktok behauptet, ist Aspartam von der EU auch nicht als krebserregend eingestuft worden. Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA hat mehrfach wissenschaftliche Studien zu dem Süßstoff geprüft und kam zu dem Schluss, dass eine Menge von 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht eine Dosis sei, die man täglich bedenkenlos aufnehmen könne. „Diese wissenschaftliche Einschätzung behält ihre Gültigkeit“, erklärte uns ein Beamter der EU-Kommission auf Nachfrage per E-Mail. 

Allein mit dem Trinken von zum Beispiel Cola light lässt sich diese empfohlene Tagesdosis normalerweise nicht überschreiten. In Deutschland gibt Coca Cola auf seiner Unternehmenswebseite keine genauen Mengenangaben zu Aspartam an, aber auf der Schweizer Seite des Unternehmens heißt es, Cola light enthalte 130 Milligramm Aspartam pro Liter. Eine 60 Kilogramm schwere Person (unbedenkliche Tagesdosis: 40×60= 2400 Milligramm) müsste folglich mehr als 18 Liter Cola light am Tag trinken, um diese Grenze zu überschreiten. 

Die EFSA bewertet den Stoff Aspartam regelmäßig neu, wenn Studien auf ein mögliches Risiko hindeuten: So etwa 2009, als eine Studie ein erhöhtes Krebsrisiko bei Ratten im Zusammenhang mit Aspartam feststellte. Die EFSA fand jedoch keine Hinweise, dass Aspartam krebserregend sei.

Im Jahr 2013 veröffentlichte die EFSA eine vollständige Risikobewertung zu Aspartam mit dem Ergebnis, dass „Aspartam und seine Abbauprodukte für die allgemeine Bevölkerung (einschließlich Säuglingen, Kindern und Schwangeren) unbedenklich“ seien. Eine Ausnahme bilden Menschen mit der Stoffwechselerkrankung Phenylketonurie, die einen Abbaustoff des Süßungsmittels namens Phenylalanin meiden müssen. Lebensmittel, die Aspartam enthalten, sind in der EU daher zusätzlich mit dem Hinweis „Enthält eine Phenylalaninquelle“ gekennzeichnet. 

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nennt bisher 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag als unbedenkliche Tagesdosis. Der Wert wurde von einer Expertenkommission, die die Gefährlichkeit von Lebensmittelzusatzstoffen einschätzt, festgelegt. Diese Kommission nennt sich „Gemeinsamer FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe“ oder kurz JECFA. Sowohl JECFA als auch die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), die ebenfalls zur WHO gehört, haben Aspartam 2023 neu bewertet. Am 14. Juli stufte IARC Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ ein. Die Einstufung erfolgte auf Grundlage „begrenzter Beweise“ für Krebs beim Menschen, insbesondere für eine Art von Leberkrebs, so die WHO in einer Mitteilung. JECFA hielt in ihrer Neubewertung an der bisherigen unbedenklichen Tagesdosis fest.

Sicherheit von Aspartam auch in Deutschland geprüft 

In Deutschland ist Aspartam seit 1990 zugelassen. Zuletzt veröffentlichte das Bundesinstitut für Risikobewertung im Februar 2023 eine Einschätzung, ob der vermehrte Konsum verschiedener Süßungsmittel, inklusive Aspartam, Gesundheitsrisiken berge. Das Institut kam zu dem Schluss, dass die Mehrheit der Studien keine Gesundheitsbeeinträchtigung bestätigten. Es bemängelte jedoch, dass die aktuelle Datenlage zur gesundheitlichen Wirkung von Süßstoffen nicht für eine abschließende gesundheitliche Risikobewertung ausreiche. 

Britta Schautz von der Verbraucherzentrale Berlin wies auf unsere Nachfrage auf die Bewertung der EFSA hin, da die Zentrale selbst keine toxikologischen Einschätzungen abgeben könne. „Jedoch empfehlen wir generell, Zucker nicht einfach gegen Süßungsmittel auszutauschen, sondern lieber zu reduzieren.“ 

Update, 14. Juli 2023: Wir haben die Ergebnisse der Neubewertung der WHO im Text ergänzt und die Bewertung und Überschrift entsprechend angepasst. Die WHO  stuft Aspartam nun als „möglicherweise krebserregend“ ein, hält aber an der bisherigen unbedenklichen Tagesdosis fest. Wir haben zudem ergänzt, wie viel Aspartam in einem Liter Cola Light steckt. 

Update, 4. Juli 2023: Wir haben die Einschätzung der WHO ergänzt.

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • EFSA-Themenseite zu Aspartam : Link (archiviert)
  • Stellungnahme des Bundesinstitut für Risikobewertung, 07. Februar 2023: Link (archiviert)

Redigatur: Paulina Thom, Steffen Kutzner

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