Foto von kleinem Protestzug in Dresden zeigt Gedenkrundgang und keine „Demo gegen rechts“
Ein Foto eines kleinen Protestzuges soll laut Nutzerinnen und Nutzer in Sozialen Netzwerken eine „Demo gegen rechts” zeigen. Medien hätten bei der Zahl der Teilnehmenden gelogen, wie das Bild beweise. Beides ist falsch.
Nachdem CORRECTIV ein geheimes Treffen von AfD-Politikern, Mitgliedern der CDU und Neonazis aufdeckte, bei dem die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland besprochen wurde, finden bundesweit Demonstrationen statt.
Nutzerinnen und Nutzer in Sozialen Netzwerken versuchen seitdem, die Demonstrationen zu diskreditieren. Aktuell heißt es etwa über ein Foto einer kleinen Gruppe von Demonstrierenden in Dresden auf Facebook und X: „Demo gegen rechts in Dresden. Na da kommen doch locker wieder ein paar 100.000 zusammen. In den Medien.“ So wird einerseits behauptet, die Proteste gegen die AfD und „rechts“ seien sehr klein und andererseits, Medien würden größere Teilnehmendenzahlen erfinden.
Foto zeigt Gedenkmarsch zur Erinnerung an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz
Wir haben mit einer Bilder-Rückwärtssuche nach dem Aufnahmeort des Bildes gesucht. Dabei stießen wir auf einen Faktencheck von Mimikama, der wiederum die DPA zitiert. Dort heißt es, die Aufnahme zeige einen Mahngang am Terrassenufer in Dresden am 27. Januar 2024, zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. An diesem Datum wird jährlich an den 27. Januar 1945 erinnert: Der Tag, an dem die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz befreite.
Ein Vergleich des Bildes auf Facebook mit Aufnahmen bei Google Maps zeigt, dass dieser Aufnahmeort korrekt ist.
Veranstalter bestätigt, dass das Foto einen Gedenkmarsch in Dresden zeigt
Laut der Sächsischen Zeitung hat der Verein Ostra zu dem Mahngang aufgerufen. In den Reden sei es auch um die Geheimplan-Enthüllungen und ein Verbot der AfD gegangen. Der Verein teilte auf Facebook Fotos des Mahngangs. Ein Vergleich mit der Aufnahme auf Facebook und X zeigt, dass es sich um dieselbe Veranstaltung handelt. Das ist zum Beispiel an dem roten Lautsprecherwagen mit Boxen auf dem Dach und einem blauen Transparent an der linken Seite zu erkennen.
Der Verein bestätigte der DPA, dass auf dem Bild in Sozialen Netzwerken der Gedenkmarsch im Januar 2024 zu sehen ist. Auf seiner Webseite und auf Facebook steht, dass an dem Gedenkmarsch rund 300 Menschen teilnahmen. Darüber, dass bei dem Gedenkmarsch 100.000 Menschen gewesen sein sollen, fanden wir keine Medienberichte.
In Sachsen demonstrierten laut Medienberichten 100.000 Menschen am 21. Januar 2024
In einigen Städten, wie Berlin oder Hamburg, kamen zu Protesten gegen die AfD und „Rechts“ in den vergangenen Woche immer wieder mehr als hundertausend Menschen zusammen. Darüber, dass in Dresden alleine 100.000 Menschen protestiert hätten, fanden wir jedoch keine Medienberichte.
Laut MDR und Sächsischer Zeitung protestierten in ganz Sachsen am 21. Januar „mehr als 100.000 Menschen“. Über die Demonstrationen in einzelnen Städten schreibt der MDR: „Die größten Kundgebungen gab es in Leipzig und Dresden, wo laut Organisatoren 60.000 beziehungsweise 40.000 Teilnehmer gezählt wurden. Die Polizei in Leipzig spricht von einer Zahl im ‚mittleren fünfstelligen Bereich‘, die Polizei Dresden gibt auf Anfrage von MDR Sachsen eine vorsichtige Schätzung von 30.000 Menschen ab.“
Redigatur: Gabriele Scherndl, Paulina Thom
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Faktencheck der DPA, „Medien berichteten nicht von 100.000 Demonstrierenden in Dresden“: Link