Faktencheck

Nein, Google hat den russischen Rubel nicht aus seinen Tabellen gestrichen

Im Kalkulationsprogramm von Google lassen sich Geldbeträge in unterschiedlichen Währungen eintragen und umrechnen. Ein Telegram-Beitrag behauptet, dass das für den russischen Rubel nicht mehr möglich sei. Das stimmt nicht.

von Sarah Thust

google tabellen screenshot rubel
Die Währung Rubel ist – anders als auf Telegram behauptet – in „Google Tabellen“ weiterhin verfügbar (Quelle: Telegram; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
In „Google Tabellen“ könne man den russischen Rubel nicht mehr als Währung verwenden, wie ein Bildschirmfoto zeige.
Bewertung
Falsch. Die russische Währung Rubel kann weiterhin in „Google Tabellen“ verwendet werden, wie ein Test am 11. Juni 2024 zeigt. Die Währung ist auf dem Bildschirmfoto nur nicht zu sehen.

Anfang Juni 2024 behauptet ein deutscher Telegram-Kanal, dass der russische Rubel im Kalkulationsprogramm „Google Tabellen“ nicht mehr als Währungsoption verfügbar sei. Nutzerinnen und Nutzer weltweit dürften „nicht einmal mehr eine Berechnung“ in Rubel machen. Der Telegram-Kanal deutet an, dass sich der US-Konzern damit einer angeblich anti-russischen Stimmung im Westen anschließe. Obwohl der Telegram-Kanal nur 3.000 Abonnenten hat, erreichte der Beitrag bis 11. Juni 2024 mehr als 75.000 Ansichten und wurde auch von einer russischen Webseite weiterverbreitet.

Die Verbreitung der Falschbehauptung

Der kleine Telegram-Kanal Neulandrebellen, der die Falschmeldung verbreitet, teilt auch Inhalte von russischen Staatsmedien wie RT DE, die in Deutschland eigentlich gesperrt sind, aber einen Weg gefunden haben, diese Sperre zu umgehen. 

Mehrere prorussische Telegram-Gruppen in Deutschland griffen den Fake auf und verliehen ihm Reichweite in Deutschland und Russland. So verbreitete der größte pro-russische Kanal im deutschsprachigen Raum Neues aus Russland von Alina Lipp den Fake ungeprüft auf Deutsch und Russisch weiter. Die Falschmeldung wurde allein dadurch mehr als 100.000 Mal auf Telegram angezeigt – und auf einer russischen Propaganda-Webseite aus dem „Pravda“-Netzwerk verbreitet.

Doch stimmt das? Wer Google Drive – also den Online-Dienst der Google-Programme – nutzt, kann die Behauptung leicht überprüfen: Über „Google Tabellen“ lassen sich Tabellen hochladen, bearbeiten und auch Daten berechnen. Wer eine Spalte voller Zahlen hat, kann einstellen, dass daneben das Währungszeichen angezeigt wird – das ist in der Regel die voreingestellte Landeswährung. Deutsche Nutzer können über die Menüpunkte „Format“ und „Zahl“ eine benutzerdefinierte Währung hinzufügen, zum Beispiel eben den russischen Rubel. Eine Anleitung findet sich auch auf der Google-Webseite

Google Tabellen Anleitung benutzerdefinierte Währung
Über diese Schritte können Nutzer eine benutzerdefinierte Währung für Berechnungen in „Google Tabellen“ festlegen (Quelle: Google; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Nutzerinnen und Nutzer können in der Tabellen den russischen Rubel weiterhin als Währung einstellen

Wir haben das am 11. Juni 2024 von Deutschland aus probiert: Stellt man eine „benutzerdefinierte Währung“ ein, wird der russische Rubel an seinem üblichen Platz in der alphabetischen Liste angezeigt – zwischen dem rumänischen Leu und dem Salomonen-Dollar. Der Rubel wurde also nicht gestrichen.

Der russische Rubel wird in der alphabetisch geordneten Liste angezeigt, wenn er nicht vorher schon ausgewählt wurde (Quelle: „Google Tabellen“; Screenshot am 11. Juni 2024: CORRECTIV.Faktencheck)

Das Bildschirmfoto in den Telegram-Beiträgen zeigt einen anderen Ausschnitt: Dort wurde der Rubel offenbar vorher schon mal als „Benutzerdefinierte Währung“ ausgewählt – darum wird er nicht mehr an der alphabetisch passenden Stelle angezeigt. In diesem Fall steht er nun ganz oben in der Liste und kann auch so weiterhin als Währung genutzt werden. 

Wurde der russische Rubel bereits als Währung vorausgewählt, rutscht er in der Liste nach oben (Quelle: „Google Tabellen“; Screenshot am 11. Juni 2024: CORRECTIV.Faktencheck)

Google muss Maßnahmen gegen Desinformation ergreifen und wird selbst zum Ziel 

Fazit also: Das Bildschirmfoto ist irreführend – Google hat die russische Währung nicht aus seinen Tabellen gestrichen, sie kann für Berechnungen eingesetzt werden. 

Der US-amerikanische Tech-Konzern betreibt neben Google Drive auch die Suchmaschine Google und die Videoplattform Youtube. Das Unternehmen hat nach Russlands Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 – wie etliche westliche Unternehmen – seine Geschäftsbeziehungen mit Russland eingeschränkt. Seit März 2022 verbietet Google Online-Werbung in Russland in der Suchmaschine und auf Youtube. Zudem sperrte die Videoplattform Propaganda-Kanäle um RT und Sputnik in Europa. 

Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.

Redigatur: Matthias Bau, Uschi Jonas