Auskunftsrechte

Behörden dürfen Bürgern keine abschreckenden Gebühren für Informationen aufbrummen

Will ein Bürger oder ein Journalist von einer Behörde eine Auskunft erhalten, dürfen die Gebühren dafür nicht abschreckend hoch sein. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Ein Correctiv-Reporter hatte sich darüber jahrelang mit dem Bundesinnenministerium gestritten.

von Markus Grill

Vor dem Sitzungssaal im Bundesverwaltungsgericht© Daniel Drepper

Niemand braucht in Zukunft mehr hohe Gebühren zu fürchten, wenn er bei einer Behörde Auskünfte beantragt. Das hat am Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden. Anlass war eine Klage des Correctiv-Reporters Daniel Drepper und des freien Journalisten Niklas Schenck gegen das Bundesinnenministerium. Das Ministerium hatte den Reportern für eine Anfrage fast 15.000 Euro Gebühren berechnet.

Aus einer Anfrage wurden 60 Einzelfälle

Die Behörde hatte die Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz in mehr als 60 Einzelfälle zerteilt und dafür statt der vorgesehenen höchstens 500 Euro insgesamt fast 15.000 Euro verlangt. Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass dieses Vorgehen und die hohen Gebühren eine abschreckende Wirkung auf andere Bürger habe. Diese abschreckende Wirkung darf es laut Gesetz jedoch nicht geben. Deshalb habe das Innenministerium gegen das Informationsfreiheitsgesetz verstoßen. In Zukunft dürfen Anfragen maximal 500 Euro kosten. Die beiden Reporter bekommen deshalb ihr Geld zurück. „Die Entscheidung verschafft Rechercheuren Klarheit“, kommentiert der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten Verbandes Frank Überall.

Vor mehr als fünf Jahren hatten die beiden Journalisten Einsicht in insgesamt 100 Akten zur deutschen Sportförderung beantragt. Darunter waren auch die Zielvereinbarungen der Sportverbände, in denen festgeschrieben wird, wie viele Medaillen die einzelnen Sportarten bei den Olympischen Spielen gewinnen sollen. Mit ihrer Recherche konnten die beiden Journalisten damals zeigen, wie die etwa eine Milliarde Euro Steuergeld pro Olympiazyklus im deutschen Spitzensport verteilt wird. Dass die Zielvereinbarungen für die Verbände völlig überhöht waren. Und dass der Deutsche Olympische Sportbund nicht nur die Steuern intransparent verteilte, sondern die Sportverbände auch unter Druck setzte.

Klage mit Hilfe des DJV

Für diese Recherche hatten die Journalisten einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt. Sie wollten die Originaldokumente einsehen, um zeigen zu können, wer die vielen Hundert Millionen Euro im Sport unter welchen Bedingungen an wen verteilt. Nachdem das Ministerium statt der maximal 500 Euro insgesamt fast 15.000 Euro in Rechnung stellte, mussten die beiden damals freien Journalisten das Geld aus eigener Tasche bezahlen. Mit Hilfe des Deutschen Journalisten Verbandes klagten sie gegen die hohen Gebühren.

Bereits im Sommer 2014 hatte das Verwaltungsgericht Berlin die Stückelung des Antrags als rechtswidrig verurteilt. Das Ministerium ging in Berufung – und verlor erneut. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Das Gericht entschied, dass bei Informationsanträgen, die ein bestimmtes Thema – einen „Lebenssachverhalt“ – erfassen, der Antrag nicht gestückelt werden darf. Die Obergrenze der Gebühren für einen einzelnen Bescheid – also 500 Euro – dürfe nicht überschritten werden.

Gericht vermutet abschreckende Wirkung

Diese Entscheidung bestätigte am Donnerstag nun auch die letzte Instanz, das Bundesverwaltungsgericht (Az. BVerwG 7 C 6.15). Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dieses Vorgehen verstoße „gegen das im Informationsfreiheitsgesetz bestimmte Verbot einer abschreckenden Wirkung der Gebührenbemessung“. Das Bundesverwaltungsgericht entschied zudem, dass es im Informationsfreiheitsgesetz keine Grundlage gebe, um Auslagen wie zum Beispiel Kopierkosten zu erheben. Die beiden Journalisten bekommen also nicht nur die gut 12.000 Euro Gebühren erstattet, sondern auch die mehr als 2000 Euro Kopierkosten.

Daniel Drepper und Niklas Schenck wurden vom Deutschen Journalisten Verband in ihrem Rechtsstreit mit dem Bundesinnenministerium unterstützt. Es sei nicht nachvollziehbar, so dessen Vorsitzender Frank Überall, dass das Ministerium durch mehrere Instanzen geklagt habe, obwohl die Gerichte die Ansprüche zurückgewiesen hätten. Der DJV-Vorsitzende hofft darauf, dass Anfragen gemäß Informationsfreiheitsgesetz spätestens mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts unbürokratisch beantwortet würden. Das Informationsfreiheitsgesetz ermöglicht allen Bürgern, Einsicht in Akten von Behörden zu nehmen.