Nein – HIV-Rate in Subsahara-Afrika liegt nicht bei 90 Prozent
In mehreren Artikeln behauptet der Blog „Truth24”, dass Menschen aus Subsahara-Afrika zu einem großen Teil HIV-positiv sind. Die angeblichen Zahlen schwanken dabei zwischen 70 und 90 Prozent. Das ist falsch.
Der Blog „Truth24“ hat seit November 2017 in neun Artikeln von einer angeblichen weiten HIV-Verbreitung in Subsahara-Afrika berichtet. Manche Landstriche hätten eine Infektionsrate von 70 bis 90 Prozent. Die Prozentzahl variiert je nach Artikel. Diese Zahlen sind falsch. Bei den Artikeln handelt es sich um Berichte zu Sexualstraftaten, zu einem Messerangriff und in einem Fall zu einem Einbruch.
Was ist Subsahara-Afrika?
Zu Subsahara-Afrika werden 49 der 54 Länder Afrikas gezählt. Ausgenommen sind die fünf nordafrikanischen, arabisch geprägten Länder des Kontinents. In Statistiken wird häufig keine Kategorie Subsahara angezeigt. Afrika wird dabei in Süd-und Ostafrika, Zentral-und Westafrika und Nordafrika/Mittlerer Osten aufgeteilt. Grundlage unserer Berechnungen sind die addierten Zahlen Süd-und Ostafrikas mit Zentral-und Westafrika.
„Truth24“ schreibt „ganze Gegenden“ seien zu „90 % mit HIV infiziert“. In einem anderen Artikel heißt es, „in manchen Regionen Afrikas beträgt die Durchseuchungsrate über 70%“. Quellen dafür gibt der Blog nicht an.
UNAIDS, das Programm der Vereinten Nationen zur Bekämpfung von Aids liefert aktuelle Zahlen. Die Statistiken von 2017 zeigen: Die höchste Prozentzahl an HIV-Infizierten liegt in Swasiland, hier sind 27,4 Prozent der Bevölkerung HIV-positiv. Im Subsahara-Raum, also West-Zentral-Ost- und Südafrika zusammengenommen, sind insgesamt 25,7 Millionen Menschen an HIV erkrankt. Bei einer Bevölkerung von 1,06 Milliarden Menschen ergibt das eine Rate von 2,4 Prozent. In Deutschland leben 91.000 HIV-Infizierte. Das sind etwa 0,11 Prozent der Bevölkerung.
Knapp 70 Prozent der weltweiten HIV-Infektionen in Subsahara-Afrika
Im Subsahara-Raum leben 69,6 Prozent der weltweit HIV-infizierten Menschen. Das geht aus den aktuellen Zahlen von UNAIDS hervor. Von den 36,9 Millionen weltweit Infizierten lebten 2017 25,7 Millionen in Subsahara-Afrika. Auch bei den Neuinfektionen belegt die Region den ersten Platz. In Subsahara-Afrika traten im Jahr 2017 65 Prozent aller weltweiten Neuinfektionen auf.
HIV-Infektionen in Deutschland
„Truth24“ behauptet außerdem, dass ein Großteil, der in Deutschland Asylsuchenden HIV-positiv sei.
Bayern führt als einziges Bundesland verpflichtende HIV-Tests bei Asylsuchenden durch. 15.695 HIV-Tests seien 2017 bei Asylbewerbern durchgeführt worden, schreibt das bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege auf Anfrage von EchtJetzt: „Davon wurden bei 243 Untersuchungen das Vorliegen einer HIV-Infektion mittels Immunoblot bestätigt (HIV-Positivitätsrate 1,5 %).“ Unter den Asylbewerbern in Bayern waren also 2017 1,5 Prozent der Untersuchten HIV-positiv.
Da nur Bayern Asylbewerber routinemäßig auf HIV testet, gibt es keine genauen Statistiken zu der Zahl infizierter Asylsuchender in Deutschland. Als Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD im Bundestag, veröffentlichte die Bundesregierung im April aber unter anderem die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland. Seit 2012 sind die Zahlen von 2.952 auf 3.419 im Jahr 2016 gestiegen. Zuletzt ging die Zahl von 2015 bis 2016 leicht zurück. Für 2017 gibt es keine Daten, da das Robert Koch-Institut, von dem die Zahlen stammen, seine Datenbank umstellt.
Im HIV-Bericht 2016 geht das Robert Koch-Institut, auf dessen Zahlen sich die Bundesregierung stützt, auch auf Herkunftsländer ein. Bei 3.235 von 3.419 Neu-Infizierten war die Herkunft bekannt. So stammen 15 Prozent der Menschen, bei denen 2016 eine HIV-Erstdiagnose gestellt wurde, aus dem Subsahara-Raum. Das waren 483 Personen. In seinem Bulletin von November 2017 schreibt das Robert-Koch-Institut: „Nach 2013 kam es zu einer verstärkten Migration aus Subsahara-Afrika nach Deutschland. Von 2015- 2016 ging die Zahl der Immigranten aus Subsahara-Afrika wieder deutlich zurück, bleibt aber höher als vor 2012. Auf Grund der stärkeren Verbreitung von HIV in Subsahara-Afrika wirkt sich das auf die Zahl der HIV-Erstdiagnosen in Deutschland aus.“
Seit den 90er Jahren ist die Zahl der HIV-Infizierten in Deutschland stetig gestiegen. Die Zahl der über 40-Jährigen Infizierten hat sich seither verfünffacht. Das liegt neben dem höheren Alter Neu-Infizierter auch an den besseren Bedingungen für Erkrankte, schreibt das Robert Koch-Institut. Zurückzuführen sei es „auf den Alterungsprozess der infizierten Population bei deutlich verminderter Sterblichkeit durch Einführung der antiretroviralen Kombinationstherapie seit Mitte der 1990er Jahre.“
Todesursache Nummer eins?
In einem Artikel vom 1. Mai 2018 schreibt „Truth24“ außerdem, Aids habe in Afrika die natürlichen Todesursachen verdrängt und sei mittlerweile der häufigste Todesgrund. Was „die natürlichen Todesursachen“ sind, wird nicht weiter definiert. Medizinisch werden alle Tode, die nicht durch Fremdeinwirkung, Selbstmord oder Verletzung zustande kommen, als natürliche Todesursachen gewertet. „Natürlicher Tod ist ein Tod aus krankhafter Ursache, der völlig unabhängig von rechtlich bedeutsamen Faktoren eingetreten ist.“, schreibt die Deutsche Gesellschaft für Rechtsmedizin in ihrer Leitlinie zur Leichenschau.
Krankheiten, wie eben auch Aids, gehören per Definition also ebenfalls zu den natürlichen Todesursachen.
Die Statistiken der WHO (World Health Organisation) zeigen, dass HIV/AIDS keine Todesursache verdrängt hat. Während HIV/AIDS 2012 noch an der Spitze der Todesursachen in Afrika stand, wurde es 2015 abgelöst. 2013 und 2014 wurden keine gesonderten Daten von der WHO erhoben. Die aktuellsten Zahlen zu Todesursachen stammen von 2016. Hier belegt HIV/AIDS den zweiten Platz in der Afrika-Statistik der WHO. 718.800 Menschen starben 2016 in Afrika an HIV oder Aids. Öfter starben die Menschen allerdings an Atemwegsinfektionen. Mit 916.900 Toten durch diese Erkrankungen, sind sie die häufigste Todesursache in Afrika.
„Truth24“-Artikel, die die Behauptung verbreiten:
2. August 2018, 30. Juli 2018, 28. Juli 2018, 25. Juli 2018, 15. Juni 2018, 1. Mai 2018, 1.März 2018, 2. Dezember 2017, 30. November 2017