Faktencheck

DIVI-Präsident: Zitat zu 4.000 Intensivbetten ist verkürzt und falsch interpretiert

Ein verkürztes Zitat von DIVI-Präsident Gernot Marx wird auf Facebook verbreitet. Er sagte, dass seit Jahresbeginn 4.000 Intensivbetten weniger zur Verfügung stünden. Das missverstehen manche als Beleg für finanzielle Misswirtschaft.

von Steffen Kutzner

Coronavirus - Intensivstation in Klinik
Ein Zitat von DIVI-Präsident Gernot Marx wird verkürzt verbreitet und deshalb missverstanden (Symbolbild: Picture Alliance / DPA / Peter Kneffel)
Behauptung
Eine Aussage von DIVI-Präsident Gernot Marx bestätige, dass 4.000 Intensivbetten wegen Misswirtschaft weggefallen seien.
Bewertung
Fehlender Kontext
Über diese Bewertung
Fehlender Kontext. Das Zitat wurde verkürzt, es fehlt wesentlicher Kontext.

„Aktuell registrieren wir einen Anstieg wie im vorigen Jahr. Der große Unterschied ist allerdings, dass wir heute 4.000 Intensivpflegebetten weniger zur Verfügung haben als 2020.“ Dieses Zitat von DIVI-Präsident Gernot Marx wird auf Facebook verbreitet. Es wird jedoch wesentlicher Kontext weggelassen und der Mythos befeuert, in Deutschland seien während der Pandemie Intensivbetten abgebaut worden. So behauptet etwa ein Nutzer: „Durch massive Einsparungen in der Gesundheitsversorgung haben wir jetzt einen Intensivpflegebetten-Notstand!“ 

Es fehlt Kontext: Aus Gernot Marx’ kompletter Aussage geht nicht hervor, dass Betten abgebaut worden seien.

Dieses Zitat von Gernot Marx ist zwar richtig, wird jedoch verkürzt wiedergegeben und deshalb von manchen Facebook-Nutzern falsch verstanden.
Dieses Zitat von Gernot Marx ist zwar richtig, wird jedoch verkürzt wiedergegeben und deshalb von manchen Facebook-Nutzern falsch verstanden (Quelle: Facebook / Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Wir haben das Zitat zusammen mit dem Begriff „Gernot Marx“ bei Google eingegeben und sind auf einen Artikel des Ärzteblatts vom 26. Oktober gestoßen, in dem sowohl der Kontext geliefert, als auch die Quelle genannt wird: ein Interview von Gernot Marx mit dem MDR am selben Tag.

Auf der Webseite des MDR fanden wir das Interview. Bei Minute 1:27 äußert Marx das Zitat, das in voller Länge lautet: „Wir haben zwar in Anführungszeichen nur 1.600 Covid-19-Patienten aber im Vergleich zu Anfang des Jahres haben wir 4.000 Intensivbetten weniger zur Verfügung, weil entsprechend der Belastung viele Pflegekräfte entweder ihren Beruf beendet haben oder ihre Arbeitszeit reduziert haben.“

Marx sprach nicht von Einsparungen im Gesundheitswesen

Betrachtet man also nicht nur einen Teil des Satzes, den Marx äußerte, sondern das gesamte Zitat, wird klar, dass seine Aussage sich auf fehlendes Personal bezieht. Dass durch Personalmangel viele Intensivbetten nicht betrieben werden können und deshalb zeitweise aus der Statistik fallen, haben wir bereits mehrfach berichtet

Darüber hinaus lässt Marx’ Aussage nicht darauf schließen, dass durch „massive Einsparungen in der Gesundheitsversorgung“ ein „Intensivpflegebetten-Notstand“ verursacht worden sei. 

Marx wird auch nicht ganz wörtlich zitiert: Aus der sinngemäßen Aussage, es gebe aktuell weniger Intensivbetten als zu Beginn des Jahres, also 2021, wird in dem verbreiteten Bild der Bezug verändert. Dort heißt es, es gebe jetzt weniger Betten als im Jahr 2020, was Marx jedoch nicht sagte. 

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • MDR-Interview mit Gernot Marx vom 26. Oktober 2021: Link

Redigatur: Till Eckert, Tania Röttger

Update, 22. November 2021: Wir haben einen Satz zu einem Facebook-Beitrag von Erika Steinbach entfernt, da das Zitat von Gernot Marx darin nicht fehlinterpretiert wurde.