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Missbrauchstäter H. verliert den katholischen Priesterstatus

Peter H. hat als Pfarrer seit den späten 70er Jahren mindestens 29 Jungen missbraucht. Jahrzehnte nach seiner letzten Tat entlässt die Kirche ihn aus dem Priesterstand. Seinen früheren Opfern geht dies längst nicht weit genug.

von Gabriela Keller , Marcus Bensmann

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In dieser Kirche in Engelsberg bei Garching hat Pfarrer H. viele Jahre lang gepredigt. Dass der Geistliche ein verurteilter Sexualstraftäter war, wusste in der Gemeinde zunächst niemand. Foto: Ivo Mayr / Correctiv

Der pädokriminelle Pfarrer H. aus Essen ist kein Priester mehr: Wie das Bistum Essen bestätigte, verlor der verurteilte Missbrauchstäter am Montag um zehn Uhr morgens seinen Klerikerstatus.

Aufgrund eines „laufenden, kirchenrechtlichen Verfahrens“ hatte der Vatikan H. vor einigen Monaten belehrt, „dass er angesichts der erhobenen Vorwürfe seine Entlassung aus dem Priesterstand selbst beantragen könne“, teilte das Bistum am Montagnachmittag in einer Pressemitteilung mit. Da H. diesen Antrag gestellt hatte, sei „nunmehr die sogenannte Laisierung“ erfolgt.

CORRECTIV hat mehrfach über den Fall des ehemaligen Geistlichen berichtet und bis dahin unbekannte Missbrauchstaten H.s sowie die Verstrickung der Kirche in den Skandal aufgedeckt. Wie berichtet, hat H. in  35 Jahren als Priester mindestens 29 Jungen missbraucht. Die Kirche war seit den späten 1970er Jahren über frühe Taten Peter H.s informiert und versetzte ihn in der Folge 1980 diskret aus dem Bistum Essen nach Bayern.

Der Fall steht beispielhaft für das Versagen der Kirche

Dort wurde er 1986 rechtskräftig von einem Gericht wegen erneutem sexuellem Missbrauchs mehrerer Jungen verurteilt. Trotzdem ließ das Erzbistum München und Freising Peter H. weiterhin als Pfarrer arbeiten und versetzte ihn in den Ort Garching an der Alz, ohne die Gemeinde über die vorherigen Straftaten H.s zu informieren. Wie Recherchen von CORRECTIV und BR nachwiesen, missbrauchte H. dort wiederum jahrelang Jungen.

Der Fall Peter H. steht damit beispielhaft für die schweren Versäumnisse der katholischen Kirche im Umgang mit Missbrauchstätern in den eigenen Reihen. Erst 2010 durfte  H. nicht mehr als Seelsorger arbeiten; bis jetzt blieb er aber Priester. Das Bistum Essen bewertet „die für Priester als Höchststrafe geltende Entlassung aus dem Priesterstand“ angesichts von H.s  „zahlreichen und schwerwiegenden“ Taten als „nachvollziehbar und angemessen“.

Für manche, die H. als Kinder ausgeliefert waren, bleibt aber ein schales Gefühl: „Seit zwölf Jahren kämpfe ich dafür, dass etwas passiert, und nun ist etwas passiert“, sagt Markus Elstner, Mitglied im Betroffenenbeirat des Bistums Essen. Die Kehrseite sei aber, dass daraus nicht direkt harte Konsequenzen für H. folgen: Er könne nun einen Rentenantrag stellen und sei über die staatliche Rente nicht zwangsläufig schlechter gestellt als bisher.

Kontrolle der Kirche über Missbrauchstäter H. fällt nun weg

Zudem verlöre die Kirche jetzt ihre Kontrolle über den notorischen Missbrauchstäter: „In Essen stand er bislang unter Führungsaufsicht des Erzbistum. Das fällt nun weg.“ Damit werde er sich als Betroffener nicht zufrieden geben: Um Kinder in Zukunft vor dem Ex-Pfarrer zu schützen, müsse H. streng überwacht werden, sagt Elstner: „Ich möchte, dass er eine Fußfessel bekommt.“

Ein Betroffener aus Garching, der unter seinem Vornamen Stefan mit CORRECTIV sprach, geht noch weiter und nennt die Entlassung H.s zu diesem späten Zeitpunkt einen „Schlag ins Gesicht“. Mit Gerechtigkeit habe dies aus seiner Sicht nichts zu tun. „Vielleicht geht es ihm sogar besser als vorher“, sagt er, „immerhin hat er damit ein Stück Freiheit zurück“.

Gerecht wäre stattdessen ein strafrechtliches Verfahren gegen H. Aber dies ist nicht möglich, die Taten sind lange verjährt. Stefan sagt: „Wenn man sieht, was letztlich herauskommt, vom Staat und von der Kirche, muss man sagen: Von einer wirklichen Aufklärung sind wir weit weg.“

Der Bischof sieht H.s Entlassung offenbar „nicht ohne Sorge”

Indes warnt auch das Bistum davor, dass die katholische Kirche H.  nicht mehr so engmaschig wie in den vergangenen Jahren beaufsichtigen könne. Wenn H. nun kein Geistlicher mehr ist, würden die Bemühungen, weiteren Missbrauchstaten vorzubeugen, „in dem Umfang, wie es jetzt geschieht, auf Dauer nicht weitergeführt werden können“, schrieb der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck der Pressemitteilung des Erzbistums  im Hinblick auf H.s Entlassung an den Vatikan. „Das sehe ich nicht ohne Sorge.“

Das Bistum wolle nun einen „verantwortungsvollen Übergang“ gestalten und sei dazu mit H. im Gespräch. Dieser unterliege nun aber keiner „kirchlichen Weisungsbefugnis“ mehr.

Erst Anfang Juni enthüllten ehemalige Opfer von H. in Bottrop einen Gedenkstein, den Markus Elstner gestaltet hatte. Das Mahnmal soll in den kommenden Monaten durch alle die Orte wandern, in die Peter H. als Pfarrer versetzt wurde: also von Bottrop aus nach München, nach Grafing in Oberbayern, nach Garching und schließlich nach Bad Tölz.

 

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