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Gericht muss Betreuung für Missbrauchstäter Peter H. prüfen

Ein ehemaliger Priester und notorischer Missbrauchstäter soll jetzt an weiteren Taten gehindert werden. Peter H. ist seit kurzem nicht mehr unter der Aufsicht der katholischen Kirche. Nun liegt ein Betreuungsantrag bei Gericht vor.

von Marcus Bensmann , Justus von Daniels

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Seitdem er aus dem Priesterstand entlassen wurde, passt niemand auf den Missbrauchstäter Peter H. auf. Das könnte sich mit einem Antrag vor Gericht nun ändern. Foto: Arina Krasnikova / pexels.com

Das Amtsgericht Essen muss prüfen, ob es eine Betreuung für den ehemaligen Priester der katholischen Kirche, Peter H., einrichtet. Nach Unterlagen, die CORRECTIV, BR und Zeit vorliegen, hat der Berliner Rechtsanwalt Andreas Schulz „den Antrag auf Einrichtung der Betreuung“ für H. eingereicht, um die „permanent ausgehende Gefahr des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil von minderjährigen Kindern in seiner Umgebung zu reduzieren.“

Schulz vertritt mehrere Opfer von Peter H., die der ehemalige Priester missbraucht hatte. H. ist im Juni aus dem Priesterstand entlassen worden, nachdem er dies selbst beantragt hatte. Anfang dieses Jahres waren die Vergehen des Priesters in einem großen Missbrauchsgutachten im Auftrag des Erzbistums München und Freising dokumentiert worden. Etwa 350 der insgesamt 1900 Seiten widmen sich dem Fall Peter H. und sind in einem Sonderband zusammengefasst, der auch mutmaßliche Vertuscher benennt.

Im Hinblick auf den Betreuungsantrag sagte ein Sprecher des Amtsgerichts Essen gegenüber CORRECTIV, BR und der Zeit, dass „diese Verfahren nicht öffentlich“ seien und er daher keine Angaben gegenüber der Presse machen könne. Das Gericht habe aber „von Amts wegen zu ermitteln, ob und „in welchem Umfang die Einrichtung einer Betreuung erforderlich und sinnvoll ist“, sobald ein Antrag, den jeder stellen könne, einginge. Der Antrag ist bei Gericht eingegangen.

Missbrauchstäter nach Verurteilung weiter in Gemeinden eingesetzt

Peter H., der seit Mai 2020 in Essen wohnt, gilt als einer der notorischsten Missbrauchstäter der katholischen Kirche in Deutschland. Seit Ende der 1970er Jahre hat er mindestens 29 Jungen erst im Bistum Essen und seit 1980 im Erzbistum München und Freising missbraucht. Obwohl Bischöfe von den Missbrauchstaten wussten, wurde H. bis 2010 immer wieder in weiteren Gemeinden eingesetzt.

Bei der Versetzung des Priesters von Essen nach München 1980 war der frühere Papst Benedikt XVI. Erzbischof von München und Freising. 1986 wurde Peter H. in Bayern wegen des mehrfachen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Doch auch danach wurde er weiter im Pfarrdienst eingesetzt.

Ein Kläger aus Bayern, der in den 1990er Jahren Opfer von H. wurde, hat vor kurzem eine Feststellungsklage beim Landgericht Traunstein eingereicht – nicht nur gegen den Täter, sondern auch gegen das Erzbistum München und seine beiden früheren Erzbischöfe, den Papst im Ruhestand, Joseph Ratzinger, sowie den Kardinal Friedrich Wetter. Ihre Mitverantwortung will der Kläger juristisch überprüfen lassen.

Missbrauchstäter H. nicht mehr unter Betreuung der katholischen Kirche

H. wurde Anfang Juni von Papst Franziskus wegen der Missbrauchstaten laisiert, also aus dem Priesterstand entlassen. Bis dahin stand er unter der Aufsicht des Bistums Essen. Diese Aufsichtspflicht gilt nun nicht mehr. Das sieht der Bischof von Essen Franz-Josef Overbeck „nicht ohne Sorge“. Wenn H. nicht mehr zum Klerus gehöre, „werden diese Bemühungen in dem Umfang, wie es jetzt geschieht, auf Dauer nicht weitergeführt werden können“, schrieb Overbeck dem Vatikan laut einer Pressemitteilung des Bistums Essen.

Der Rechtsanwalt Schulz, der den Kläger vertritt, schreibt nun, dass bei H. eine „narzisstische Grundstörung mit Päderastie und Exhibitionismus“ festgestellt worden sei. Ohne die Aufsicht der Kirche könne H, „jetzt unbeobachtet seinem verfestigten Hang, minderjährige Kinder zu missbrauchen, nachgehen“. Dieses würde eine Betreuung durch das Amtsgericht rechtfertigen. Falls es dazu kommt, dann jedoch nicht sofort. Die Prüfung eines Betreuungsantrages könne, so der Sprecher des Amtsgerichts Essen, mehrere Monate dauern.