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Intransparency transparent machen

Recherchen von CORRECT!V und dem Handelsblatt haben gezeigt, dass die Buchführung von Transparency International erhebliche Löcher hat. Bei einer millionenschweren Konferenz von TI gibt es keine vollständige Abrechnung. Sponsorengelder korrupter Konzerne fließen an den Büchern vorbei. Als Buchprüfung gibt TI mitunter Dokumente auf Thailändisch aus, in denen nichts zur IACC steht. Wir dokumentieren hier unsere Recherche und die noch offenen Fragen.

von David Schraven , Frederik Richter

Mit diesem Rechercheprotokoll wollen wir auch zeigen, welche Ergebnisse man mit ausschließlich öffentlich verfügbaren Informationen erzielen kann. Und wir dokumentieren, welche Fragen weiter offen sind. Diese werden wir unter dem Twitter-Hashtag #anticorruption immer wieder stellen.

Der Hinweis

Wir recherchieren bereits zu einem Projekt von Transparency International (TI). Es ist Juni. In einem allgemeinen Gespräch über die Organisation hören wir folgenden Satz: „Die veranstalten auch eine Konferenz, die so teuer geworden ist, dass westliche Länder sie nicht mehr ausrichten wollen. Jetzt findet sie nur noch in Staaten mit schlechtem Ruf statt.“

Mehr haben wir nicht, als wir loslegen.

Die Homepage

Wir schauen uns die Homepage der International Anti-Corruption Conference (IACC) an. Der wichtigsten Konferenz von TI weltweit. Es fällt sofort auf: es gibt kein Impressum. Die Konferenz hat keine eigene Rechtsform. In diesem Moment wissen wir: wir haben eine Geschichte. Denn jede Ausgabe der Konferenz setzt einige Millionen Euro um. Doch ohne Rechtsform ist niemand so richtig verantwortlich. Transparency International scheint erhebliche Defizite im Bereich gute Unternehmensführung zu haben. Dies ist uns bereits in einem anderen, ehemaligen Programm von Transparency International aufgefallen, dem Water Integrity Network: es gibt keine klaren Verantwortlichkeiten. Dabei müssten gute Unternehmensführung und vollständige Geldflüsse doch die Kernkompetenz der Organisation sein.

Die Politiker

Uns fällt auf, dass viele zweifelhafte Politiker auf der IACC gesprochen haben. Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff zum Beispiel. Sie war jahrelang Aufsichtsratsvorsitzende des staatlichen Ölkonzerns Petrobras, als in diesem ein milliardenschweres Bestechungssystem bestand. Dieses reichte bis in die Partei von Rousseff. 

Die Zahlen

Wir durchforsten alle Finanzberichte von Transparency, bis in die letzten Fußnoten. Wir schauen uns die im Internet veröffentlichten Buchprüfungen an. Sie sind in lokaler Sprache verfasst, auf Portugiesisch. Oder auf Thailändisch. Wir lesen die Absichtserklärungen, die über die IACC zwischen Transparency, der gastgebenden Regierung und den jeweiligen lokalen Partnern getroffen worden sind. Wir können die verschiedenen Zahlen nicht in Einklang bringen. In den Memorandums of Understanding, heißt es, ein Staat werde Millionen für die IACC ausgeben. In den Abrechnungen von TI tauchen davon aber nur wenige hunderttausend Euro auf. Wer hat die Differenz kassiert? Wofür wurde das Geld ausgegeben? Darüber finden wir keine Informationen.

Wir sehen, dass Petrobras — einer der korruptesten Konzerne der Welt – Sponsor der IACC in Brasilien war. Zudem sehen wir die Logos von einigen Banken auf Bannern der Konferenz. Auch das Sponsoren. Aber wir können nirgendwo Einnahmen aus Sponsoring in den TI-Abrechnungen entdecken. In den Büchern von TI herrscht völliges Chaos.

Noch fragen wir Transparency nicht, was da los ist. Wir wollen zunächst alle öffentlich verfügbaren Zahlen gründlich kennen, bevor wir TI ansprechen. Das ist wichtig bei Recherchen, damit uns die Organisation nichts vormachen kann.

Die Anfrage

Schließlich schicken wir Transparency einen ersten Fragenkatalog. Die Reaktion darauf ist so bescheiden, dass wir langsam sicher sind, in die richtige Richtung zu recherchieren. Transparency legt uns nun zwar neue Zahlen vor. Zum Beispiel, wie viel Petrobras für das Sponsoring der Konferenz angeblich bezahlt hat. Doch eine Abrechnung für die Konferenz gibt uns Transparency nicht. Niemand kann nachprüfen, ob die Angaben zu den Sponsoring-Einnahmen stimmen und wer das Geld kassiert hat. Stattdessen ergeben sich immer neue Fragen.

Im Jahr 2010 fand die Konferenz in Thailand statt. TI gibt ein bereits veröffentlichtes Dokument in thailändischer Sprache als Buchprüfung aus. Einer unserer Redakteure liest Thailändisch. Das Dokument ist eine Buchprüfung des lokalen Partners bei der Durchführung der Konferenz. In einem einzigen Budgetposten geht es um die Durchführung einer Konferenz. Um welche es sich handelt, steht dort nicht. Das Dokument haben wir oben im Foto dokumentiert. Die Zeile mit dem Budgetposten, der sich auf die IACC beziehen soll, ist mit einem Stern markiert. 

Transparency sagt, man habe zusätzliche Informationen beim Partner in Thailand angefragt. Doch es gibt keine weiteren Informationen. Die ganze Abrechnung der thailändischen Konferenz existiert schlicht nicht. Wer hat für welche Aktion Geld kassiert? Ist Geld an Geldgeber zurückgeflossen? Keiner kann das beantworten.

Wir haben immer stärker den Eindruck, dass Transparency keine Abrechnung für die IACC-Konferenzen hat.

Schnell merken wir auch, dass wir diesen komplexen Geldfluss nicht für alle IACC-Konferenzen aufklären können. Wir konzentrieren uns fortan auf die Konferenz in Brasilien. Eine wichtige Entscheidung in jeder Recherche: auf welchen Aspekt man seine Ressourcen konzentriert, um später an einem Beispiel die Strukturen zu erklären.

Wochenlang zieht sich der Emailverkehr hin. Interessant auch: Transparency lehnt es ab, sich mit uns zu treffen. Obwohl das internationale Sekretariat wie auch das Berliner Büro von CORRECTIV mitten in Berlin sitzt. Eine Interviewanfrage mit dem Generalsekretär Cobus de Swardt verläuft im Sande. Immer wieder bieten wir Gespräche an. TI will nicht von Angesicht von Angesicht reden.

Wir fragen uns, wozu das Versteckspiel und die intransparente Buchführung nötig sind.

Wir beschäftigen uns weiter mit der brasilianischen Konferenz. TI veröffentlicht einen Beleg in portugiesischer Sprache. Das soll die Buchprüfung der Konferenz sein. Wir sehen, es ist nur ein Dokument aus einer Reihe von neun Dokumente, die der brasilianische Rechnungshof angefertigt hat. Wir besorgen uns in Brasilien die fehlenden acht Dokumente und übersetzen sie.

Nahezu gleichzeitig will Transparency zusätzliche Informationen aus Thailand erhalten haben. Und schickt uns diese. Tatsächlich ist es aber das schon von Anfang an bekannte Dokument, in dem nur eine Zeile über die Konferenz steht. Will uns Transparency in die Irre führen?

Der Fehler

In einer unserer Emails an TI unterläuft uns ein Fehler. 700.000 Euro will Transparency von seinem Partner in der Konferenzorganisation in Brasilien erhalten haben, so steht es in den veröffentlichen Büchern. Damit will die Organisation die Kosten der Programmgestaltung in der Berliner Zentrale bezahlt haben. Wir haben dazu eine Frage und schreiben an TI. Doch aus Versehen zählen wir einen Geldfluss doppelt und sprechen von 1,4 Millionen Euro, die TI aus Brasilien bekommen hat. TI streitet die 1,4 Millionen völlig zu recht ab. Und schreibt stattdessen sinngemäß: „Diese Zahl ist falsch, wir haben von unserem Partner 950.000 Euro erhalten.“

Was? 950.000 Euro? Das ist neu. In den Finanzberichten war immer nur von 700.000 Euro die Rede, die aus Brasilien nach Deutschland flossen. Manchmal ist es hilfreich, eine falsche Zahl zu nennen, um die richtige zu bekommen.

Wo sind die fehlenden 250.000 Euro verbucht? Was ist das für ein Geld? Und warum wurde das nicht veröffentlicht?

Die gelöschten Daten

Zwischendurch gibt es eine kuriose Episode. Aus Brasilien erhielt Transparency die Förderung durch den brasilianischen Staat über Bande. Der brasilianische Rechnungshof soll 2,5 Millionen Euro an den lokalen Partner gezahlt haben, wovon 700.000 Euro weiter gereicht wurden nach Berlin.

„Ihr habt also kein Geld direkt von der brasilianischen Regierung erhalten?“, fragen wir.

„Nein“, ist die Antwort.

Doch anders als die Buchprüfer von TI haben wir jede Fußnote gelesen.

„Warum steht der brasilianische Rechnungshof als Geber in Eurem Finanzbericht aus dem Jahr 2013?“ In der Spalte des Eintrags ist keine Summe genannt.

„Das ist ein bedauerlicher Fehler. Wir werden das anpassen“, heißt es kleinlaut.

Tatsächlich löscht TI diesen Eintrag sowie weitere Geber mit Leerposten aus dem Finanzbericht. Die Finanzberichte sind also schlampig erstellt. Zumal der Finanzbericht für das Jahr 2013 etwa anderthalb Jahre nach der Konferenz erstellt wurde. Bis dahin sollte der Organisation klar gewesen sein, von welchen Gebern sie Gelder erhalten hat.  Oder hat sie wie im Fall des brasilianischen Rechnungshofes noch andere Gelder über Bande bekommen?

Die Telefonschalte

Wir erhöhen den Druck auf Transparency. Wir wollen uns endlich treffen, um in Ruhe alle Zahlen durchsprechen zu können. Es könnte ja auch sein, das wir Geldflüsse falsch verstehen. Irgendwann erklärt sich Transparency bereit, uns mit der eigenen Buchhaltung sprechen zu lassen. Aber nur am Telefon. Nicht persönlich.

Es ist ein kurzes, spannungsgeladenes Gespräch. Was sind die zusätzlichen 250.000 Euro aus Brasilien? Hierbei handele es sich um Eintrittsgelder, sagt ein Buchhalter. Und wo sind sie verbucht? Wir erfahren etwas eigentlich unglaubliches: die Einnahmen stehen nicht in der Projektabrechnung. Sondern im allgemeinen Haushalt in einer Fußnote. Sie sind also an den Büchern der Konferenz vorbei verbucht worden. Warum wurde das dort verbucht und nicht im Projekt? Wir bekommen keine Antwort. Auch auf wiederholte Nachfrage nicht. Es heißt schlicht, das sei eben so. Wir beenden das Telefonat.

Das erste Treffen

Transparency will uns mit dem Leiter der IACC, Roberto Perez Rocha, sprechen lassen. Doch wieder nur am Telefon. Wir bleiben hart. Wir wollen ein Treffen. Noch wenige Stunden vor dem Termin fleht uns Transparency geradezu an: „Bitte kommt nicht zu unserem Büro.“ Wir antworten: „Wir kommen vorbei. Ihr könnt uns ja wieder wegschicken.“ Dann führen wir das Gespräch eben mit dem Handy von der Lobby aus.

Wir dürfen rein. Es ist ein gutes Gespräch, die Organisation bemüht sich, viele Zahlen vorzulegen. Man sehe inzwischen selber ein, dass die Konferenz intransparent sei und wolle bald alle Zahlen im Internet veröffentlichen. Doch es tauchen neue Fragen auf. Wir fragen Transparency, warum die Organisation ihre Veranstaltung von korrupten Firmen wir Petrobras finanzieren lässt. Ein Argument: zum Zeitpunkt der Konferenz war der Skandal noch nicht bekannt. Wir fragen weiter nach. Schließlich kam in den eigenen Rankings von Transparency Petrobras schon damals sehr schlecht weg. Dann sagt TI etwas neues: Weder Transparency noch der lokale Partner hätten Geld von Petrobras und den anderen Sponsoren bekommen. Wie bitte? Wer denn dann? Das Geld sei direkt für das soziale Rahmenprogramm der Konferenz ausgegeben worden. Die Party also. Es gab also einen Geldfluss, der überhaupt nicht verbucht wurde. Wieviel Geld ist noch über den Kanal geflossen? Und wer hat davon profitiert? Wer hat ihn verwaltet? War das eine schwarze Kasse?

Die IFG-Anfrage

Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat einen Teil der Konferenz in Brasilien mit 300.000 Euro gefördert. Das ist nicht ungewöhnlich. Aber wir wissen, dass nach der Bundeshaushaltsordnung keine Veranstaltungen gefördert werden dürfen, die Gewinn abwerfen. Bleibt Geld bei einer Veranstaltung übrig, müssen diese zurückgezahlt werden.

Wurden etwa die Eintrittsgelder der brasilianischen Konferenz in der allgemeinen Buchhaltung verbucht, damit die IACC keinen Gewinn ausweisen musste? Und dann eventuell Geld an die internationalen Geldgeber hätte zurückzahlen müssen?

In jedem Fall stinken die stillschweigend verbuchten Gelder nach Gewinn.

Wir wollen die genauen Vertragsklauseln mit der GIZ wissen. Üblicherweise müssen Eintrittsgelder bei einer geförderten Konferenz als Einnahmen bei der Abrechnung berücksichtigt werden. Auch wenn nur ein Teil einer Konferenz gefördert wird, dann müssen die Eintrittsgelder nur zu einem Teil berücksichtigt werden.

Wir stellen eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes. So erhalten wir nach einigen Wochen den Fördervertrag zwischen der GIZ und Transparency International sowie den Abrechungsbeleg.

Tatsächlich hat Transparency der GIZ von den weiteren Einnahmen aus Sponsoring und Eintrittsgeldern nichts berichtet. Doch wie sind die Vertragsklauseln zu bewerten? Wir zeigen den Vertrag zwei Experten. Beide sagen, dass der Vertrag tatsächlich so gestaltet ist, dass die zusätzlichen Einnahmen nicht hätten berücksichtigen werden müssen. Denn als Verwendungszweck seien nur vier Workshops festgeschrieben. Und nicht die Konferenz insgesamt.

Gleichzeitig wissen wir, dass andere Förderbehörden bei anderen Konferenzen darauf bestehen, auch bei Teilförderungen Eintrittsgelder zumindest anteilig zu berücksichtigen. Wir haben viele Fragen an die GIZ geschickt. Die Organisation hat sie nicht beantwortet. Stattdessen hat sie nur ihre juristische Position erläutert, dass sie kein Geld von TI zurückfordern will.

Kann es sein, dass GIZ und TI unter einer Decke stecken? Dass der Vertrag extra so ausgestaltet wurde, dass TI die Eintrittsgelder nicht melden musste?

Tatsächlich scheint es, als habe die GIZ damals ein großes Interesse daran gehabt, das Geld an TI zu zahlen. Der Grund ist banal, erklärt uns ein TI-Insider. Plötzlich wurden in der Verwaltung Gelder frei. Hätte die GIZ keinen Abnehmer für die 300.000 Euro gefunden, wäre im nächsten Jahr der Etat der GIZ um eben diese 300.000 Euro gekürzt worden. Die Behörde wollte also Geld ausgeben. Aus diesem Grund wurde der Vertrag offenbar mit heißer Nadel gestrickt: an einer Stelle wurde eine falsche Angabe zu einem Geber durchgestrichen und handschriftlich korrigiert. Für eine saubere Version war offensichtlich keine Zeit mehr, wenige Wochen vor der Konferenz.

Das zweite Treffen

Inzwischen ist es Ende September. Unsere Kollegen vom Handelsblatt beteiligen sich inzwischen an der Recherche. Transparency bietet ein zweites Treffen an. Wir wollen mit der Spitze von Transparency sprechen. Schließlich stehen erhebliche Vorwürfe im Raum. Diesmal ist Miklos Marshall dabei, der stellvertretende Generalsekretär der Organisation.

Warum die Eintrittsgelder aus Brasilien nicht in dem Projekt verbucht worden seien, kann Transparency immer noch nicht erklären. TI besteht darauf, keinen Überschuss mit der Konferenz in Brasilien erzielt zu haben. Wie geht das, wenn man die Eintrittsgelder doch noch hinzu zählen muss? Man habe in der Zentrale in Berlin noch „indirekte Kosten“ gehabt, heißt es plötzlich. Diese seien aber nicht in der Projektabrechnung ausgewiesen. Der Einwurf klingt wie frei erfunden.

Wir nehmen ihn trotzdem ernst und bitten Transparency die nicht verbuchten, nicht aufgeführten „indirekten Kosten“ aufzuschlüsseln. Die Organisation verspricht, uns die bisher ausgewiesenen Kosten zu benennen. Wir warten.

Und bekommen nichts.

Transparency International mauert. Und verschweigt. Und wendet die Taktiken an, die wir von anderen Konzernen kennen:

Das Aussitzen

Auf Fragen, die wir stellen, antwortet TI immer wieder verzögert. Oder versucht, uns in die Irre zu führen, indem die Pressestelle uns mit falschen oder nichtssagenden Dokumenten versorgt.

Die Taktik ist bekannt. Durch die Vielzahl an Aussendungen an uns kann die Organisation später intern berichten, sie habe sich aktiv um Aufklärung bemüht. Dass wir inhaltlich vor allem in die Irre geführt wurde – das erfährt niemand.

Nachdem die Geschichte publiziert wurde, geht das Aussitzen weiter. TI reagiert nicht. Die Recherche über die intransparenten Bücher, die Geldflüsse von korrupten Konzernen an der Kasse vorbei soll sich versenden.

Das Kleinreden

Auch die zweite Abwehrtaktik von TI ist bekannt. Die Organisation gibt einen kleinen Fehler zu, um einen großen zu verschweigen.

Ja, heißt es: die eigene Buchführung sei nicht transparent genug gewesen. Das werde man in Zukunft ändern. Es habe aber keine schweren Vergehen gegeben: Immerhin hätten Buchprüfer nach internationalen Standards die Buchführung testiert.

Tatsächlich ist das Problem gravierend. Die Prüfung der Buchprüfer sagt gar nichts aus, wenn Geld an der Kasse vorbei geflossen ist. Wer kann sagen, wer sich am Geldfluss bedient hat? Niemand. Das ist der Grund, warum man solche Geldflüsse oft „Schwarze Kasse“ nennt. Aus diesen Geldströmen können Schmiergelder verteilt, Kickbacks gezahlt und Funktionäre befriedigt werden.

Düsterer noch sieht es bei der erwähnten Konferenz in Thailand aus. Hier gibt es überhaupt keine Abrechnung.

Wenn es intransparente Buchführungen gibt, kann folgendes passieren: Funktionäre können Urlaubsreisen als Dienstreisen abrechnen. Sie könne Familienmitglieder auf Organisationskosten reisen lassen. Und sie können dem Luxus frönen. Kennt man alles von der FIFA.

Ob das auch bei der TI-Konferenz in Brasilien oder in Thailand passiert ist, kann niemand sagen. Es gibt keine Abrechnung. Wir wissen nur aus der Korruptions-Forschung, dass nicht registrierte Geldflüsse Korruption und die oben beschriebene Selbstbedienung begünstigen.

Was wollen die TI-Buchprüfer geprüft haben? Richtig: Nichts. Es steht nichts in den Büchern, das hätte geprüft werden können.

Warum ist Aufklärung wichtig?  

Transparency International gilt immer noch als eine der wichtigen Organisationen, wenn es darum geht, der Gesellschaft das Ausmaß von Korruption und ihre Auswirkungen zu verdeutlichen.

Diese Organisation muss vorbildlich sein, wenn es um interne Transparenz geht. Sie muss ihre Bücher so führen, dass sie jeder anderen Organisation als Richtschnur dienen können.

Diese Organisation darf nicht in den Ruch kommen, selbst Korruption und Selbstbedienung durch lasche Buchhaltung zu ermöglichen, vielleicht gar zu fördern.

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die nun bewiesene Intransparenz bei der wichtigsten Konferenz von Transparency International Folgen haben muss.

Wenn die Organisation nun lernt, dass sie mit den Methoden der Krisenbewältigung der korrupten Konzerne ihre eigenen Unzulänglichkeiten vertuschen kann, wird sie in Zukunft nicht besser werden, sondern schlechter.

Und deswegen muss die Vergangenheit aufgearbeitet werden. Bücher und Geldflüsse müssen offengelegt werden. Eventuelles Fehlverhalten einzelner muss transparent gemacht werden. Strukturelle Veränderungen müssen umgesetzt werden. Und zum Schluss: Die Verantwortlichen für die Intransparenz müssen zu ihrer Verantwortung stehen.

Was noch offen ist:

Anders als vor Monaten angekündigt, hat Transparency die Zahlen für die IACC-Konferenzen immer noch nicht veröffentlicht. Wir warten weiter. Und werden unter dem Twitter-Hashtag #anticorruption nachhaken. Adressat ist der Twitter-Handle des internationalen Sekretariats von Transparency, @anticorruption.

Wir sind der Meinung, dass folgende Fragen geklärt werden müssen:

  • Warum floss bei der IACC in Brasilien Geld an der Buchhaltung vorbei?
    • War das eine schwarze Kasse?
    • Gab es ähnliche Geldflüsse bei anderen Konferenzen?
    • Wer hat die Geldflüsse gesteuert?
    • Wer hat von diesen Geldflüssen profitiert?
    • Was genau wurde aus diesen Geldflüssen bezahlt?
  • Warum wurden die Eintrittsgelder von Brasilien so undurchsichtig verbucht?
    • Gab es Förderbedingungen von Geldgebern, wie dem brasilianischen Staat oder den UNDP, die das Gewinnmachen durch die Konferenz nicht vorgesehen haben?
    • Müsste Geld an Geldgeber wie den brasilianischen Staat oder dem UNDP zurückgezahlt werden, wenn bekannt würde, dass TI mit der IACC in Brasilien Gewinne gemacht hat?
  • Wie sahen die Abrechnungen der anderen IACC-Konferenzen aus?
    • Wofür wurde dort Geld ausgegeben?
    • Wer hat von den Geldern profitiert?
    • Wer hat die Geldflüsse gesteuert?
    • Wurde auch bei anderen IACC-Konferenzen Gewinne gemacht? Wenn ja, wieviel?
  • TI hat den brasilianischen Rechnungshof als Geldgeber aus seinem eigenen Finanzbericht zur IACC gelöscht, weil das Geld über Bande kam. Andere Geldgeber mit einer Nullzeile wurden ebenfalls aus dem Finanzbericht gelöscht.
    • Kam auch Geld von den anderen Geldgebern mit einer Nullzeile über Bande? Und wenn ja, wo wurde das verbucht?