Auskunftsrechte

Gerichtsentscheid: Anlagen des Erzbistums Köln bleiben vorerst geheim

Das Verwaltungsgericht Köln hat am Donnerstag eine Auskunftsklage von CORRECTIV gegen die katholische Kirche abgewiesen. Das Erzbistum Köln muss vorerst nicht offenlegen, in welche Firmen und Fonds es jährlich knapp drei Milliarden Euro investiert. Allerdings ließ das Gericht eine Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht zu.

von Cristina Helberg , Annika Joeres

Köllner Dom und Rhein

Wir werden weiter dran bleiben“, sagt Annika Joeres, Klima-Reporterin bei CORRECTIV. „Wir können nicht nachvollziehen, warum sich die katholische Kirche so vehement und ausdauernd dagegen wehrt, ihre Investitionen offen zu legen.“ Es dränge sich die Frage auf, was sie zu verbergen habe.

Bereits vor drei Jahren hatte Joeres Anfragen zu Vermögen und Anlagen an alle Bistümer in Deutschland geschickt. Bis heute hat sie nicht die gewünschten Antworten erhalten. Die Auskunftsklage zieht sich seit nunmehr zwei Jahren hin. Auch vor dem Kölner Verwaltungsgericht argumentierte die Kirche gegen eine Offenlegung. Im Kern ging es in der Verhandlung um die Frage, ob die Kirche eine Behörde im Sinne des Pressegesetzes und damit auskunftspflichtig über die Verwendung ihrer Kirchensteuer sei.

„Die Kirchensteuer wird nur erhoben, um Ausgaben zu decken“,  sagte die Leiterin der Rechtsabteilung des Erzbistums Köln, Heike Gassert-Schumacher. Allerdings könne man nicht garantieren, dass nicht auch „die ein oder andere Mark“ in Finanzanlagen geflossen sei.

„Die Verwendung der Kirchenvermögen ist eine innerkirchliche Angelegenheit“, sagte der Vorsitzende Richter Sebastian von Aswege. „Der presserechtliche Auskunftsanspruch der Klägerin scheitert, da die Kirche nach unserer Auffassung keine Behörde im Sinne des Presserechtes ist.“

Recht auf Transparenz

CORRECTIV-Anwalt Thorsten Feldmann sagte: „Die Kammer ist zwar nicht unserer Auffassung gefolgt, hat aber zum Ausdruck gebracht, dass die Rechtsfrage letztverbindlich nicht geklärt wird und daher einer obergerichtlichen Klärung bedarf. Deswegen hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen und dadurch die eigene Rechtsauffassung zur Diskussion gestellt. Dies ist zu begrüßen.”

Die Frage nach mehr Transparenz bei der katholischen Kirche in Deutschland ist eine hoch politische. Seit Jahrhunderten hält die Kirche ihr Vermögen weitestgehend geheim. Ihr Finanzkonstrukt ist undurchsichtig. Allein in Deutschland verteilt es sich über 27 Bistümer – und Erzbistümer und auf bischöfliche Stühle. Das Geld steckt in Domkapitalen, Ordensgemeinschaften, Priesterseminaren, Tagungshäusern, Heimen und Klöstern, in Filmunternehmen, Weingütern und Grundstücken.

Seit einigen Jahren veröffentlichen die Bistümer Geschäftsberichte, aber darin sind verschiedene Gewinne, etwa von Immobilien, nicht ausgewiesen. Auch findet sich in den Berichten nur die insgesamt investierte Summe – nicht aber die Namen der Firmen, in die die Kirche Geld angelegt hat. Auch Richter von Aswege stellte bei der Verhandlung die Frage, ob das Erzbistum in seinem Geschäftsbericht ausreichend transparent mit seinem Vermögen umgehe. Es gebe einen starken Wunsch in der Bevölkerung nach mehr Offenheit.

CORRECTIV will insbesondere wissen, ob die Kirche ihr Geld umweltfreundlich investiert oder Klimasünder unterstützt. Eine Organisation, die sich als Gottes Vertreter auf Erden versteht, sollte offenlegen, ob sie mit ihren Milliarden die Schöpfung bewahrt – oder aber Firmen unterstützt, die Gottes Schöpfung in Gefahr bringen. Wie beispielsweise Öl- oder Gasfirmen, die das Klimachaos befeuern.

Ökologische Verantwortung

Es mangelt – besonders in Deutschland – noch immer stark an Transparenz, wenn es um Geldanlagen geht: also wohin Gelder fließen und wie sie wirken“, sagt Matthias Kopp, verantwortlich für nachhaltige Finanzen bei der Umweltschutzorganisation WWF. Immer mehr Menschen würden soziale und ökologische Investitionen einfordern – aber große Investoren wie die Kirche hinkten hinterher.

Weltweit setzen sich Menschen dafür ein, dass Geld am Markt ethisch angelegt wird. Die so genannte Devestment-Bewegung konnte zuletzt große Investoren wie den norwegischen Pensionsfonds davon überzeugen, ihre Milliarden aus klimaschädlichen, fossilen Unternehmen abzuziehen. Auch der katholische Caritas-Verband hat angekündigt, künftig ethisch korrekt zu investieren. Nur die Bistümer und Erzbistümer schweigen über ihre Anlagen.

Zuletzt hatte das Kölner Bistum 2,8 Milliarden Euro am Finanzmarkt investiert. Eine gewaltige Summe, zu der das Bistum aber keine Details veröffentlicht hat, wie und wo sie angelegt wurde. Die rheinische Diözese ist mit zwei Millionen Mitgliedern die größte in Deutschland und eines der zehn reichsten Bistümer der Welt.

Übergeordnetes Interesse

Die katholische Kirche hat eine besondere Verantwortung gegenüber der Erde und der Zukunft. Sie sollte sofort alle Investitionen in Kohle-, Öl- und Gasunternehmen beenden. Nur so kann sie zum moralischen Vorbild für andere Institutionen werden“, sagt Katja George, Deutschland-Verantwortliche bei 350.org. Die Organisation setzt sich dafür ein, Kohle und Erdgas für den Klimaschutz im Boden zu lassen.

Aktuell möchten die Bistümer keine Transparenz zulassen. „Es ist schade, dass CORRECTIV über alle Instanzen gehen muss, um hoffentlich mehr über das Kirchenvermögen zu erfahren”, so Reporterin Joeres. „Aber wir glauben daran, dass die Gesellschaft einen Anspruch auf Offenheit der Kirche hat.“ Auch der Richter sah ein übergeordnetes Interesse an dem Verfahren gegeben. „Ein obergerichtliches Urteil, ob die Kirche im Sinne des Pressegesetzes eine Behörde ist, gibt es derzeit nicht,  deshalb betreten wir hier in gewisser Weise Neuland. Die Frage sollte obergerichtlich geklärt werden.“