Kampf um Wasser

Chemie und Stahlriesen: Das sind die größten Wassernutzer im Südwesten Deutschlands

Wassermangel in Deutschland: Kreise und Städte sind bisher kaum vorbereitet. Doch die Großindustrie muss sich wenig sorgen: Sie hat sich ihre Wassermengen für Jahrzehnte vertraglich geschützt. Nach langem Mauern von zwei Bundesländern zeigen wir nun, welche Unternehmen am meisten Wasser nutzen.

von Katarina Huth , Annika Joeres , Gesa Steeger

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Niedrigwasser im Rhein: Der Fluss ist wichtiger Standortfaktor für die Industrie – und verzeichnet dieses Jahr noch früher Tiefststände als in den vergangenen Jahren. (Bild: picture alliance / Jochen Tack)

Wenn die Temperaturen auf über 30 Grad Celsius klettern, bewässern die Menschen nicht nur ihre Balkonpflanzen öfter und steigen einmal mehr in die Dusche. Vor allem Großkonzerne und Landwirtschaft brauchen bei Hitze und Dürre mehr Wasser – und nehmen viele Kubikmeter aus Flüssen, Seen und Boden. Nur was, wenn das Wasser knapp wird? 

In einer gemeinsamen Umfrage von CORRECTIV, BR Data, NDR Data und WDR Quarks haben wir gefragt, welche Landkreise Deutschlands bis 2050 mit Wassermangel rechnen. In Baden-Württemberg haben uns 38 von 46 Landkreisen und kreisfreien Städte geantwortet. Rund zwei Drittel geben an, dass bei ihnen künftig Wasser fehlt. Einige Orte sind schon jetzt betroffen: Im Bodenseekreis und in Ravensburg ist die Wasserentnahme bis Mitte September verboten. Wer sich nicht daran hält und sich für den heimischen Garten aus Flüssen und Bächen bedient, muss mit einer Strafe von bis zu 10.000 Euro rechnen. Nur wenige Kreise haben einen Plan, wie sie sich vor Wassermangel schützen wollen.

Kreise und Städte bisher kaum auf Wasserknappheit vorbereitet

Auch in Rheinland-Pfalz befürchtet die Hälfte der Kreise und kreisfreien Städte, die uns geantwortet haben, in Zukunft von Wassermangel betroffen zu sein. Auch hier sind viele Behörden unvorbereitet. 17 der 30 Kreise, die unsere Anfrage beantwortet haben, sind sich unsicher, wie sie ein Vorhersagemodell fürs Grundwasser finanzieren sollen – oder ob sie überhaupt eines erstellen. Für die Stadt Mainz ist unklar, ob bei ihr künftig Wassermangel herrsche. Dabei hat die Stadt Mitte Juli erst ein Verbot ausgerufen, Wasser aus Bächen zu nehmen. Drohende Strafe bei Verstoß: 50.000 Euro. Die Stadt konnte uns gegenüber keine einzige Maßnahme nennen, wie sie sich auf Wassermangel vorbereitet.– obwohl gleich zwei der größten Wasserverbraucher des Bundeslands in Mainz sitzen: die Kraftwerke Mainz-Wiesbaden sowie die Entsorgungsgesellschaft Mainz.

Warum wird Wasser in Deutschland knapp?

Deutschland ist grundsätzlich ein wasserreiches Land. Doch durch den Klimawandel häufen sich extreme Wetterereignisse: Es regnet sehr viel auf einmal oder wochen- bis monatelang kaum oder gar nicht. Wenn endlich Regen fällt, kann der ausgetrocknete Boden ihn schwer aufnehmen – das Wasser fließt in Flüsse, Keller oder die Kanalisation ab, statt tief in den Boden einzusickern und die Grundwasserspeicher zu füllen. Wenn in trockenen und heißen Zeiten die Großindustrie, private Haushalte und Landwirtschaft mehr Wasser als sonst brauchen, entsteht regional Wasserstress.

Die Großkonzerne sind bisher jedenfalls vom Wassersparen ausgenommen. Dabei sind Energie- und Industrieunternehmen deutschlandweit die größten Wassernutzer. Im vergangenen Jahr hat CORRECTIV veröffentlicht, welche Unternehmen die Top-Verbraucher-Listen pro Bundesland anführen. Nicht alle Behörden wollten die Namen herausgeben. In Sachsen-Anhalt mussten wir vor Gericht ziehen, bevor das Landesverwaltungsamt unsere Anfrage beantwortete. Die Berliner Senatsverwaltung verweigert nach wie vor die Auskunft, obwohl das Umweltbundesamt bereits vor Trinkwasserknappheit in Berlin und Brandenburg warnt. 

Nun können wir die größten Wasserschlucker in zwei weiteren Bundesländern ergänzen: Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Zu den größten regionalen Wassernutzern zählen dort Energieversorger sowie Stahl-, Chemie- und Pharmaunternehmen, ganz vorne der Chemiekonzern BASF, der deutschlandweit an der Spitze der größten Entnehmer steht. Auch in anderen Bundesländern führen vor allem Energiekonzerne wie RWE und Leag oder Chemieriesen wie AlzChem Trostberg GmbH die Top-Listen an. 

Die Genehmigungen der Konzerne laufen für viele Jahre oder gar Jahrzehnte – sie stammen teilweise aus einer Zeit, in der noch weniger deutlich war, wie sich die Klimakrise auf Deutschlands Wasserversorgung auswirkt. Beispielsweise hat Evonik Operations, ein Unternehmen für Spezialchemie und viertgrößter Wassernutzer Baden-Württembergs, gleich zwei unbefristete Genehmigungen. Auch die EnBW Energie Baden-Württemberg AG, ein Strom- und Gasanbieter mit Sitz in Karlsruhe, hat teilweise unbefristete Verträge.

Einige Unternehmen nutzen ihre genehmigten Mengen allerdings nicht komplett aus. Nach SWR-Recherchen verbraucht die Mineralölraffinerie Oberrhein GmbH & Co. KG nur einen Teil der erlaubten Wassermenge: Im Jahr 2021 entnahm sie 23 Millionen Kubikmeter Grundwasser. Rein rechtlich dürfte sie 35 Millionen Kubikmeter jährlich fördern. Das bedeutet auch: Bei kommenden Hitzewellen – oder einer höheren Produktion – kann die Firma problemlos deutlich mehr Wasser entnehmen. 

Mit der kürzlich vorgestellten Nationalen Wasserstrategie will die Bundesregierung die Unternehmen nun zum Umdenken bewegen. Bisher werden die Unternehmen noch nicht zum Sparen verpflichtet. Laut der Strategie will sie den Konzernen Anreize zum Wassersparen setzen. Wie genau, werde noch erarbeitet. Bis wann, ist ebenfalls unklar: Erste Maßnahmen sollen bis 2030 umgesetzt werden. Ausgerichtet ist die Wasserstrategie jedoch auf das Jahr 2050.

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