Missbrauch in der katholischen Kirche

Missbrauchsverfahren: Anwälte suchen nach Ratzingers Erben

Die Anwälte des verstorbenen Papstes wollen „innerhalb der nächsten 3 Monate die Frage der Rechtsnachfolge“ klären. Für Ende März war eine Verhandlung angesetzt. Nun könnte das Missbrauchsverfahren vor dem Landgericht Traunstein gegen Verantwortliche der katholischen Kirche um drei Monate verschoben werden.

von Marcus Bensmann

Die Suche nach den Erben des verstorbenen Papstes Benedikt XVI. ist offenbar komplizierter als gedacht. Sie könnte „innerhalb der nächsten 3 Monate geklärt sein“, heißt es in einem Schreiben des Landgerichts Traunstein, das CORRECTIV, dem Bayerischen Rundfunk und der Zeit vorliegt. Die Anwaltskanzlei des verstorbenen Papstes Hogan Lovells teilte dem Landgericht „telefonisch“ mit, dass „innerhalb der nächsten 3 Monate eine Aufnahme des Verfahrens möglich wäre“. 

Die Anwälte des Ex-Papstes versuchen derzeit zu klären, wer als Rechtsnachfolger von Benedikt XVI. bestimmt wird. Durch die Bitte der Anwälte könnte die Misssbrauchsklage nun um drei Monate verschoben werden.

Informationen über die Sexualstraftaten lagen vor

Das Missbrauchsopfer Andreas Perr hatte im Juni letzten Jahres den ehemaligen Priester Peter H., das Erzbistum München und Freising sowie Benedikt XVI. verklagt. Er will feststellen lassen, dass ihm Schadensersatzansprüche zustehen. Hintergrund: Der verurteilte Missbrauchstäter H. wurde Ende der 1980er Jahren in die oberbayerische Gemeinde Garching eingesetzt, wo er den Kläger und weitere Jungen missbrauchte, obwohl den Bischöfen des Erzbistums und dem damaligen Joseph Kardinal Ratzinger und späteren Papst Informationen über die Sexualstraftaten des Priesters vorlagen.  

 Am 28. März 2023 ist vor dem Landgericht Traunstein die Verhandlung zur Feststellungsklage geplant. Allerdings muss bis zur Verhandlung geklärt werden, wer das Verfahren für den verstorbenen Ex-Papst übernimmt. Denn in einem Zivilprozess müssen sich die Erben eines verstorbenen Beklagten dem Verfahren stellen. 

Missbrauchsverfahren gegen verstorbenen Papst: Abtrennen oder Verschieben

Das Landgericht fragt in einem Schreiben, das CORRECTIV, dem BR und der Zeit vorliegt, daher die Verfahrensbeteiligten, ob das Verfahren gegen die Rechtsnachfolger des verstorbenen Papstes abgetrennt oder aber der Verhandlungstermin am 28. März verschoben werden sollte. Bei einer Abtrennung würde die Klage gegen H, das Erzbistum und den ehemaligen Bischof von München, Friedrich Wetter, unabhängig von der Klage gegen den Rechtsnachfolger des verstorbenen Papstes verhandelt werden. Die Frist für die Antworten endet am heutigen Donnerstag.

Der Rechtsanwalt des Klägers Andreas Schulz spricht sich gegen eine „Abtrennung“ aus, will aber „gleichwohl am 28.03.2023 gemeinsam verhandeln“. „Die Verhandlung im März eröffne „die Möglichkeit zu einem zeitnahen Abschluss des Rechtsstreits, sofern eine für den Kläger angemessene Lösung gefunden wird“, schreibt der Klägeranwalt ans Landgericht. Das würde dann das Verfahren auch gegen die anderen Beklagten beenden. Das Erzbistum hatte bereits mitgeteilt, zur Anerkennung des Leids des Klägers ein angemessenes Schmerzensgeld“ zu leisten.

Der Anwalt des Klägers bezweifelt zudem, dass in drei Monaten der Rechtsnachfolger des verstorbenen Papstes auch wirklich gefunden wird.

Schon einmal im Januar hatte die Kanzlei Hogan Lovells eine Abtrennung des Verfahrens gegen die „Rechtsnachfolger“ des verstorbenen Papstes „aus prozessökonomischen Gründen“ nicht für sinnvoll erachtet. Die Anwälte schrieben damals schon, dass sie „bemüht“ seien, „die Frage der Rechtsnachfolge kurzfristig zu klären“, und gingen vor drei Monaten noch davon aus, den „vorgeschlagenen Termin zur mündlichen Verhandlung am 28. März 2023 wahrzunehmen.