Scholz: Rechtsextremistisches Geheimtreffen „ein Fall für den Verfassungsschutz“
Die Enthüllungen um das Geheimtreffen von Neonazis, AfD-Mitgliedern und Unternehmern haben parteiübergreifend für Entsetzen gesorgt. Der Bundeskanzler rief zu demokratischem Zusammenhalt auf.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit deutlichen Worten auf das von CORRECTIV enthüllte Geheimtreffen von Rechtsextremisten mit AfD-Teilnehmenden reagiert. „Wer sich gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung richtet, ist ein Fall für unseren Verfassungsschutz und die Justiz“, schrieb Scholz auf der Plattform X, ehemals Twitter. Aus der Geschichte zu lernen, sei kein Lippenbekenntnis, betonte er. „Wir schützen alle – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder wie unbequem jemand für Fanatiker mit Assimilationsfantasien ist“, versprach der Kanzler. Im Liveticker werden weitere Reaktionen zusammengefasst.
Hintergrund ist eine CORRECTIV-Recherche über ein Geheimtreffen von Rechtsextremisten, hochrangigen Mitgliedern der AfD, der Werteunion sowie Unternehmern. Das Treffen fand im vergangenen November in einem Landhotel bei Potsdam statt. Die Teilnehmenden berieten über Pläne, Menschen aufgrund von rassistischen Kriterien massenhaft aus Deutschland zu vertreiben – egal, ob sie eine deutsche Staatsbürgerschaft haben oder nicht.
Das Geheimtreffen wird auch am kommenden Mittwoch (17. Januar) Thema im Innenausschuss des Bundestags sein. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Lamya Kaddor, hat sich dafür eingesetzt, das Thema zu beraten, bestätigte sie CORRECTIV. Die Regierungsfraktionen teilen das Vorhaben demnach geschlossen. Angedacht ist, den Generalbundesanwalt dazu einzuladen.
Weitere Politikerinnen und Politiker meldeten sich zu Wort.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD warnte vor verfassungsfeindlichen Verbindungen mit der AfD: „Wir sehen auch jetzt wieder, dass es notwendig und richtig ist, dass der Verfassungsschutz sehr genau beobachtet, welche Kontakte es im rechtsextremistischen Spektrum gibt, wie sich Verfassungsfeinde mit AfD-Vertretern vernetzen und welche menschenverachtenden Ideologien dort propagiert werden“, sagte sie dem Stern.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr schrieb auf X, die Pläne „erinnern an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte“, er bezieht sich damit auf den Holocaust. Die Recherche zeige, „dass die AfD die Demokratie und unsere freiheitliche Grundordnung zutiefst ablehnt”, so Dürr.
Britta Haßelmann, Fraktionschefin der Grünen, appellierte: „Unsere Demokratie, unsere Freiheit, unser Grundgesetz und die Errungenschaften unserer vielfältigen Gesellschaft müssen wir verteidigen gegen die Feinde der Demokratie.“
Der Präsident des Verfassungsschutzes Thomas Haldenwang rief dazu auf, „dass die Mitte der Gesellschaft, die schweigende Mehrheit in diesem Land, dass die wach wird und auch endlich klar Position bezieht gegen Extremismus in Deutschland.“ Die bürgerliche Mitte sei bequem geworden, sie nehme nicht genug wahr, „wie ernsthaft die Bedrohungen für unsere Demokratie inzwischen geworden sind“, sagte Haldenwang dem ARD-Magazin Kontraste.
Die Enthüllungen von CORRECTIV haben auch die Debatte über ein mögliches Verbot der AfD wieder angefacht. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz bekräftigt seine Forderung nach einem Verbot: „Die AfD und ihre Spießgesellen, darunter verbuche ich ausdrücklich auch die Unternehmer, die sie unterstützen, verfolgen leider konsequent ihre verfassungsfeindlichen Ziele“, sagte Wanderwitz. Auch der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse von der SPD warb dafür: „Die AfD organisiert sich mit Demokratiefeinden und Umstürzlern. Das ist hochdramatisch“, sagte er dem Tagesspiegel. Für ein Verbot gebe es zwar hohe Hürden und die AfD könne das Verfahren propagandistisch für sich nutzen. Jedoch solle „das Damoklesschwert eines Verbotes über der AfD hängen bleiben“, so Thierse.