Einfluss auf die Bundestagswahl: Millionenspende für AfD-Werbeplakate
Tausende Plakate für die AfD, bezahlt aus Österreich. Die bemerkenswerte Spende wirft Fragen auf. In die Buchung war eine Firma involviert, die schon bei einer früheren umstrittenen Plakataktion auftauchte.
Auf dem Plakat steht in einfacher Schrift auf gelbem Hintergrund: „Weiter Teuerung und Stromkosten“ oder „Weiter Arbeitsplätze vernichten“. Als Schuldige werden auf den Plakaten immer wieder „CDU + Rot/Grün“ benannt. Darunter steht in weißer Schrift auf blauem Hintergrund: „Deshalb AFD! Die bürgerliche Alternative.“
Seit dieser Woche werden im gesamten Bundesgebiet tausende solcher Plakate aufgehängt, die mit populistischen Bedrohungsszenarien zur Wahl der AfD aufrufen, aber nicht von der Partei stammen. Unter anderem in Duisburg, Darmstadt und Hannover. Die Plakate sind sehr einfach gestaltet, der Parteiname ist komplett in Großbuchstaben gehalten – „AFD“ statt AfD.
Anfang der Woche hatten WDR und NDR zuerst über die neue Großspende für die AfD in Höhe von rund 2,3 Millionen Euro berichtet. Dahinter soll Gerhard Dingler stehen, ein ehemaliger Funktionär der rechtsextremen FPÖ aus Österreich. Gegenüber den ARD-Sendern sagte er, dass die Spende aus seinem Privatvermögen stamme. Als Grund für die Wahlunterstützung sprach er über Sorgen „um eine Eskalation des Ukraine-Kriegs, fehlende Sicherheit in Deutschland und eine falsche Energiepolitik“. Der ORF berichtete über die Hintergründe des Mannes, der bisher kaum in Erscheinung getreten ist.
Parallelen zu vergangenen Wahlkampagnen mit verdeckter Finanzierung
Die Plakataktion reiht sich in Kampagnen rund um vergangene Bundestagswahlen ein. 2021 fand mit mehr als 3.500 Plakaten eine Anti-Grünen-Kampagne statt, die genaue Herkunft der Finanzierung blieb unklar.
Vier Jahre zuvor war im Wahlkampf 2017 eine Unterstützerkampagne für die AfD mit tausenden Plakaten sichtbar, ebenfalls verdeckt finanziert. Nachdem CORRECTIV zusammen mit Spiegel und ZDF Frontal öffentlich gemacht hatte, dass diese Aktion mit der offiziellen AfD-Kampagne verknüpft war, nahm die Staatsanwaltschaft Berlin Ermittlungen wegen einer möglichen illegalen Parteispende auf.
Der Unterschied zu damals: Die neue Unterstützerkampagne wurde ganz offiziell von der Partei als Parteispende dem Bundestag gemeldet und mit Gerhard Dingler wurde dieses Mal auch ein Spender angegeben.
Auffällig ist allerdings, dass bei dieser Aktion dieselbe Medienagentur für die Buchung der Plakate beauftragt wurde, die auch 2017 schon involviert war. Nach Recherchen von CORRECTIV deutet alles darauf hin, dass es sich um die Firma ASS in Köln handelt. Das Unternehmen hat auf Anfrage dazu nicht Stellung genommen. Bis heute ist nicht aufgeklärt, wer die massenhafte Werbung in den Jahren 2016 bis 2018 mit einem Gesamtvolumen von mehr als drei Millionen Euro für die AfD bezahlt hat.
Die Aktion weist weitere Parallelen zu damals auf: Als Kontakt zu der Medienagentur ASS habe nach Aussagen des Spenders der Chef der Schweizer Werbefima Goal, Alexander Segert, gedient. Dieser war früher in mehrere Plakat-Spendenaffären der AfD verwickelt.
Ermittlungen zu möglicher illegaler Parteienfinanzierung dauern an
Seit den Durchsuchungen des damaligen Falles gab es in den vergangenen drei Jahren keine sichtbaren Fortschritte der Staatsanwaltschaft. Auf Anfrage von CORRECTIV teilte ein Sprecher mit: „Die Ermittlungen dauern noch an, weshalb zu deren Schutz derzeit keine weiteren Informationen mitgeteilt werden können. Auch Art und Zeitpunkt einer verfahrensabschließenden Entscheidung sind nicht absehbar.“
Weder wurde gegen die AfD eine Sanktion verhängt, noch wurde über den Stand des Verfahrens bisher informiert. Parteispenden dieser Art sind offenbar schwer zu verfolgen. Die Parteienrechts-Expertin Sophie Schönberger von der Universität Düsseldorf sieht ein Problem darin, dass die Gesetze nicht klar genug seien, und es in den Behörden zu wenig Erfahrungen gibt: „Es gibt einfach relativ wenig Fälle und keine zentralen Zuständigkeiten. So können sich keine Routinen und kein Erfahrungswissen in diesem Bereich sammeln.“
Sind die Kontrollbehörden dem wachsenden Einfluss auf die Wahlkämpfe in Deutschland gewachsen? Die AfD hat 2025 mehr Großspenden erhalten als jede andere Partei. Seit Januar kamen fast fünf Millionen Euro für die in großen Teilen rechtsextreme Partei zusammen. Insgesamt sind seit dem Ampel-Bruch nach Angaben des Bundestages mehr als 21 Millionen Euro von Personen, Unternehmen und Verbänden an die deutschen Parteien überwiesen worden.
USA bis Russland: Massiver Einfluss auf die Bundestagswahl 2025
Aufgrund der hohen Einzelspenden in der jüngsten Zeit fordert Kai Arzheimer, Politikwissenschaftler und Wahlforscher von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, eine Begrenzung: „Das ist eine Form der Einflussnahme, die nur den Bürgerinnen und Bürgern offen stehen sollte. Denn Unternehmen und wohlhabende Privatpersonen machen das, um ihre politischen Ziele zu unterstützen, indem die von ihnen finanzierten Parteien einen besseren Wahlkampf machen können“. Ärmere Wähler haben diese Möglichkeiten nicht – laut Arzheimer führt diese ökonomische Ungleichheit zu politischer Ungleichheit.
Problematisch wird es zudem, wenn Spenden aus dem Ausland kommen – auch wenn in dem Fall der AfD-Plakataktion die Spende aus Österreich, einem EU-Land, kommt und damit nicht verboten ist. Kai Arzheimer findet das trotzdem merkwürdig, vor allem weil es schon länger und immer häufiger vorkommt, dass Reiche versuchen, mit Spenden mehr Einfluss zu nehmen: „Deshalb sollte die Transparenzpflicht für Parteien auch besser gestaltet werden.“
Vermögende investieren immer mehr Geld. Der Einfluss aus dem Ausland wird immer sichtbarer, und das geschieht nicht nur durch klassische Parteispenden. Elon Musk ist das prominenteste Beispiel für einen Populisten, der über seine Plattform X, mit einem Gastbeitrag in der Welt und verschiedenen Auftritten aus den USA für die Wahl der AfD wirbt.
Zudem versucht Russland massiv mit verdeckten Operationen die Wahlen zu ihren Gunsten zu gestalten. CORRECTIV hat ausführlich berichtet, wie Russland Tarn-Internetseiten an den Start gebracht hat, um vor der Bundestagswahl gezielt Falschnachrichten über Kanzlerkandidaten zu verbreiten. Allein diese Woche folgte ein neues Beispiel für russische Einflussnahme: Der Spiegel berichtet über eine Operation russischer Agenten, die in Deutschland Autos beschädigt haben sollen, um die Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ im Wahlkampf zu schädigen.