Wie Sachsen Russlands Maschinenbau modernisierte
Von der Krim-Annexion bis zur Invasion in der Ukraine förderte die sächsische Regierung Industrieaktivitäten mit Russland-Fokus mit knapp einer Million Euro. Vor dem Hintergrund des Krieges werfen diese Ausgaben Fragen auf.
Vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine sprach sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) immer wieder für den Abbau der Russland-Sanktionen aus. Offizielle Aufstellungen zeigen nun: Nach der Krim-Annexion hat Kretschmers Regierung ihre finanzielle Unterstützung für Russland-Aktivitäten der Wirtschaft Jahr für Jahr gesteigert. Das teilte das SPD-geführte Wirtschaftsministerium auf Anfrage von CORRECTIV mit.
Dabei geht es um die Finanzierung von Messebeteiligungen, Unternehmerreisen und anderer Kooperationsveranstaltungen im Zusammenhang mit Russland, die durch die landeseigene Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH (WFS) initiiert und durchgeführt wurden.
Die Summe stieg demnach von rund 129.000 Euro im Jahr 2014 auf rund 180.000 im Jahr 2018. Danach sanken die Ausgaben etwas, bevor sie wegen der Pandemie fast vollständig einbrachen. Insgesamt belaufen sich die Zahlungen bis zum Kriegsausbruch auf 989.000 Euro. Die Projektpakete trugen Namen wie „Industrietechnologien der Zukunft“ (ITZ-RUS) oder „Innovationstechnologien für die Industrie“ (ITI-RUS).
Top-Zielland für Förderung
Das Ministerium begründet die Förderung mit entsprechenden Wünschen sächsischer Industrieunternehmen. In Umfragen der sächsischen Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern gehörte Russland in den Jahren nach 2014 „jeweils zu den Top 3 bzw. Top 5 der Zielländer, in denen eine Unterstützung der Auslandsaktivitäten durch die sächsischen Unternehmen gewünscht wurde.“ Dabei taucht Russland selbst im Förder-Peak 2018 nicht einmal in den Top 10 der wichtigsten Exportpartner des Freistaates auf.
Die wichtigsten sächsischen Exportgüter nach Russland in diesem Zeitraum waren Maschinen, Kraftwagen und -teile. Entsprechend hatten die meisten Unternehmerreisen die „Modernisierung und Effizienzsteigerung“ im Maschinen-, Fahrzeug- oder Flugzeugbau zum Thema. Noch im Oktober 2021 finanzierte das Ministerium unter dem Motto „Innovative Produktionstechnologien für Maschinenbau, Gießereien und weitere Industriebereiche“ eine Reise ins russische Rjasan für knapp 19.280,68 Euro.
Ob sich aus den geförderten Projekten konkrete Aufträge für die sächsischen Maschinenbauer ergaben, lässt sich nicht nachvollziehen. Vor dem Hintergrund des Krieges wirft der Fokus der Förderung jedoch die Frage auf: Wollte Russland mit sächsischer Hilfe jene Branchenzweige modernisieren, die nun in Zeiten von Kriegswirtschaft brummen und allesamt zumindest Berührungspunkte mit der Rüstungsindustrie haben?
Nach der russischen Invasion in die Ukraine wurde die Finanzierung eingestellt. Der langjährige Handel mit Maschinen hallt aber bis heute nach. Im vergangenen Herbst schätzte der Wirtschaftssicherheitsrat der Ukraine, dass die in Russland eingesetzten CNC-Maschinen, also rechnergesteuerte und damit präzise Fräsen, zu bis zu 70 Prozent aus dem Ausland stammen. 70 bis 80 Prozent der russischen Maschinen wiederum sollen im militärischen Bereich eingesetzt werden. Zuletzt sorgte ausgerechnet ein sächsisches Unternehmen für Schlagzeilen, da seine Maschinen weiterhin in Russland landeten.
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