Faktencheck

Messerattacke in Lübeck: Staatsanwaltschaft geht nicht von terroristischen Akt aus

In einem Lübecker Linienbus hat ein 34-Jähriger am vergangenen Freitag mehrere Menschen mit einem Messer verletzt. Die Website „News for Friends“ behauptet, die Behörden würden Details zum Tatverdächtigen verschweigen. Das stimmt nicht.

von Caroline Schmüser

Die Buslinie 30 startet am ZOB des Lübecker Hauptbahnhofs. In einem der Busse kam es am Freitag den 20. Juli zu einer Messerattacke mit Brandanschlag.© pixabay / ptra

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Das ist falsch. Die Herkunft des Täters wurde von den Behörden nicht verschwiegen. Für eine religiöse Radikalisierung des Tatverdächtigen gibt es laut Staatsanwaltschaft keine Anhaltspunkte.

Am 20. Juli kam es in einem Lübecker Bus der Linie 30 in Kücknitz zu einem Vorfall, bei dem ein 34-Jähriger mehrere Businsassen mit einem Messer angegriffen und einige von ihnen verletzt haben soll, drei davon schwer. Es soll außerdem versucht haben, den Bus durch einen mit Brandbeschleuniger gefüllten Rucksack in Brand zu setzen.

Am 25. Juli veröffentlichte die Website „News for Friends“ einen Beitrag mit der Schlagzeile: „Lübecker Messermann: Täter ist wieder ein Moslem – wissen soll das aber niemand“. Und suggeriert: Der Tatverdächtige könnte aus islamistischen Motiven gehandelt haben. Der Beitrag ist eine Kopie eines Artikels der Website „Truth24“, die die Meldung bereits am Tag der Tat, also am 20. Juli, veröffentlicht hatte.

CORRECTIV hat mit der Lübecker Staatsanwaltschaft zu den Hintergründen der Tat gesprochen.

Das Tatmotiv

Die zuständige Staatsanwältin Dr. Ulla Hingst teilte uns mit: „Wir haben nach derzeitigem Ermittlungsstand keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte sich politisch, religiös oder in anderer Weise radikalisiert hätte oder dass die Tat ein terroristischer Akt gewesen wäre.“

Da die Hintergründe der Tat noch nicht geklärt seien, können und dürfe die Staatsanwaltschaft jedoch nichts ausschließen und ermittle in alle Richtungen. Der Beschuldigte habe sich auf die Tatvorwürfe nicht eingelassen. „Wir werden daher die Hintergründe auf anderem Wege, unter anderem Ermittlungen zur Person des Beschuldigten und seinem Umfeld, aufhellen“, so Staatsanwältin Hingst.

Im Interview mit RTL hatte der Strafverteidiger des Verdächtigen Oliver Dedow gesagt: „Ich habe festgestellt, dass eine psychische Störung da ist, vielleicht eine paranoide Schizophrenie. Das ist aber auf jeden Fall der Grund für die begangenen Straftaten, kein politischer Hintergrund.“

Der Tatverdächtige

„News for Friends“ behauptet, bei dem Tatverdächtigen handle es sich um einen Muslim. Als Anhaltspunkt dafür will „News for Friends“ anführen, dass der Mann ursprünglich aus dem Iran stammen soll. Allein aus der Herkunft eines Menschen lässt sich jedoch nicht dessen Glaube und Religionszugehörigkeit ableiten.

„News for Friends“ schreibt außerdem, die Behörden hätten die Herkunft des Täters verschwiegen. Zur Identität des Tatverdächtigen teilte uns Hingst mit, es stehe fest, dass der 34-Jährige im Iran geboren sei und die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Ob er darüber hinaus iranischer Staatsangehöriger sei, würde aktuell geklärt.

Diese Information ist jedoch nicht neu. Bereits am Tattag hatte Staatsanwältin Hingst in einer abendlichen Pressekonferenz mitgeteilt: „(Der Tatverdächtige) ist im Iran geboren, und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit nach unserem Kenntnisstand schon seit vielen Jahren.“ Verschwiegen wurde die Herkunft des Täters somit nicht.