Faktencheck

Zitat von Bill Gates zum Gewinn durch Investitionen in Impfungen wurde aus dem Kontext gerissen

In der Telegram-Gruppe „QAnons Channel Germany“ wird ein aus dem Kontext gerissenes Zitat von Bill Gates verbreitet. Angeblich habe er in einem Interview verraten, er wolle alle Menschen impfen und so einen Gewinn von 2.000 Prozent machen. Das ist irreführend verkürzt.

von Cristina Helberg

SWITZERLAND WORLD ECONOMIC FORUM WEF 2019
Bill Gates am 22. Januar 2019 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos in der Schweiz. Einen Tag später gab er dem Fernsehsender CNBC ein Interview. (Symbolfoto: picture alliance/KEYSTONE)
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Größtenteils falsch. Das Zitat ist irreführend verkürzt. Bill Gates bezieht sich auf einen theoretischen sozialen und wirtschaftlichen Mehrwert durch Gesundheitshilfe.

„Bill Gates hat am Mittwoch bei CNBC verraten, warum er uns alle impfen will: Für einen Gewinn von 2000 Prozent“, schrieb am 20. Mai ein Nutzer in die deutsche Telegram-Gruppe „QAnons Channel Germany“. Dazu veröffentlichte er einen zehn Sekunden langen Videoausschnitt als angeblichen Beleg. Der Post wurde laut den Angaben bei Telegram mehr als 116.00 Mal gesehen. Wir haben die Behauptung geprüft. 

Das Video ist ein Ausschnitt eines Fernsehinterviews des US-amerikanischen Senders CNBC mit dem Microsoft-Gründer Bill Gates am 23. Januar 2019 beim Weltwirtschaftsforum in Davos in der Schweiz. 

Die Reporterin fragt Bill Gates zu Beginn des Videos mit Verweis auf einen kürzlich von ihm erschienen Artikel: „Sie haben in den letzten zwei Jahrzehnten 10 Milliarden Dollar in Impfungen investiert und Sie haben die Rentabilität der Investition ausgerechnet. Könnten Sie uns die Zahlen erklären?“

Bill Gates antwortet darauf: „Es ist ziemlich beeindruckend, wenn man diese Impfstoffe nimmt, sie sehr preiswert macht, […] ein Liefersystem entwickelt, so dass sie wirklich die Abdeckung da draußen bekommen, rettet man buchstäblich Millionen von Leben. […] Wir sehen eine phänomenale Erfolgsgeschichte. Es waren hundert Milliarden, die die Welt insgesamt investiert hat, unsere Stiftung etwas mehr als 10 Milliarden, aber wir haben das Gefühl, dass es einen Mehrwert von mehr als zwanzig zu eins gegeben hat. Wenn man sich also nur den wirtschaftlichen Nutzen anschaut, ist das eine ziemlich starke Zahl im Vergleich zu allem anderen, der menschliche Nutzen in Millionen von geretteten Leben […]“. 

Der Teil der Antwort, in dem deutlich wird, dass Bill Gates als Wertsteigerung den immateriellen Wert geretteter Leben betrachtet, ist in der Telegram-Nachricht abgeschnitten. So wird suggeriert, Bill Gates wolle durch Impfprogramme extrem hohe finanzielle Gewinne machen. 

Die Reporterin fragt in dem Interview weiter nach: „Ich denke, die Zahlen, die Sie durchgespielt haben, waren, wenn Sie das Geld in den S&P 500 [Anmerkung der Redaktion: Aktienindex von 500 der größten börsennotierten US-amerikanischen Unternehmen] investiert und die Dividende reinvestiert hätten, würden Sie auf etwa 17 Milliarden Dollar kommen, aber Sie denken, es sind 200 Milliarden Dollar? 

Bill Gates antwortet: „Hier, ja. Wissen Sie, kleinen Kindern zu helfen, zu leben, die richtige Ernährung zu bekommen, einen Beitrag für ihre Länder zu leisten, das hat eine Rückvergütung, die über jeden typischen finanziellen Ertrag hinausgeht“.

Bill Gates veröffentlichte Artikel in Wall Street Journal 

Bei dem von der Reporterin zu Beginn erwähnten Artikel, handelt es sich um einen Text, den Bill Gates wenige Tage vor dem CNBC-Interview, am 16. Januar 2019, im Wall Street Journal veröffentlicht hatte.

Darin schreibt er über seine Investitionen in drei internationalen Gesundheitsorganisationen: Die Impfallianz Gavi, den Global Fund und die Global Polio Eradication Initiative (GPEI). Diese hätten mit ihrem Ziel, Leben zu retten und Leid zu beenden, nicht nur alle Erwartungen übertroffen, sondern seien auch in einem traditionellen Sinn von Investitionen erfolgreich gewesen: „Sie haben eine Menge Wohlstand geschaffen, denn wenn die Menschen nicht krank im Bett liegen, können sie zur Arbeit oder zur Schule gehen.“

Darauf folgt ein Gedankenexperiment von Gates, in dem er auf ein Rechenmodell des Copenhagen Consensus Center verweist. 

„Nehmen wir an, unsere Stiftung hätte nicht in Gavi, den Global Fund und GPEI investiert und stattdessen diese 10 Milliarden Dollar in den S&P 500 gesteckt und versprochen, den Rest 18 Jahre später den Entwicklungsländern zukommen zu lassen. In der vergangenen Woche hätten diese Länder etwa 12 Milliarden Dollar erhalten, inflationsbereinigt, oder 17 Milliarden Dollar, wenn wir die reinvestierten Dividenden mit einbeziehen.“

Weiter rechnet Gates vor, eine Investition der 10 Milliarden Dollar in Energieprojekte in den Entwicklungsländern hätte eine Rendite von 150 Milliarden Dollar gebracht. Eine Investition der Summe in Infrastruktur 170 Milliarden Dollar. 

„Durch Investitionen in globale Gesundheitsinstitutionen haben wir jedoch all diese Renditen übertroffen: Die 10 Milliarden Dollar, die wir für die Bereitstellung von Impfstoffen, Medikamenten, Moskitonetzen und anderen Hilfsgütern in den Entwicklungsländern zur Verfügung stellten, brachten einen geschätzten sozialen und wirtschaftlichen Nutzen von 200 Milliarden Dollar“, so Gates. 

Die Telegram-Gruppe „QAnons Channel Germany“, in der die falsche Behauptung verbreitet wurde, hat mehr als 22.000 Abonnenten. „QAnon“ ist ein Netzwerk US-amerikanischer Verschwörungsanhänger, die glauben, es gebe einen „Tiefen Staat“ („Deep State“) von Eliten, und Donald Trump gehe gegen diese vor. Teil dieses Mythos ist auch die Behauptung, eine Elite aus Politikern und Stars entführe Kinder in unterirdische Lager, um sie dort sexuell zu missbrauchen und das Stoffwechselprodukt Adrenochrome aus Ihnen zu sammeln und sich so zu verjüngen. 

Immer wieder tauchen in diesem Zusammenhang Falschmeldungen auf, zum Beispiel Bilder dieser angeblichen Untergrundlager, die wir unter anderem hier geprüft haben.