Faktencheck

Blutgerinnung, Sauerstoffmangel, Covid-19-Todesfälle: Blog stellt Falschbehauptungen über 5G und das Coronavirus auf

In einem Blogartikel werden zahlreiche Behauptungen über den Zusammenhang zwischen 5G und dem Coronavirus aufgestellt. Doch es gibt keine wissenschaftlichen Belege für eine Korrelation – und 5G ist nach aktuellem Wissensstand nicht gesundheitsgefährdend.

von Uschi Jonas

Immer wieder kursieren in Sozialen Netzwerken falsche Behauptungen über gesundheitsschädliche Auswirkungen durch die fünfte Mobilfunkgeneration 5G.
Immer wieder kursieren in Sozialen Netzwerken falsche Behauptungen über gesundheitsschädliche Auswirkungen durch die fünfte Mobilfunkgeneration 5G. (Symbolbild: Unsplash/ Paul Siewert)
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Falsch. Es gibt keine Belege für einen Zusammenhang zwischen 5G und Corona.

„5G führt zu Blutgerinnung und Sauerstoffmangel“ ein Blogbeitrag mit dieser Überschrift der Seite Politaia vom 24. Juni verbreitet sich in Sozialen Netzwerken und wurde bisher rund 950 Mal geteilt. Im Artikel werden zahlreiche Behauptungen über die angebliche Gesundheitsgefährdung für Menschen und Vögel durch 5G und einen Zusammenhang mit Covid-19 aufgestellt. 

Auch wird ein Vergleich gezogen zwischen der Spanischen Grippe und Radiowellen und behauptet, dass Maßnahmen wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes nicht vor dem Coronavirus schützen würden. Recherchen von CORRECTIV zeigen, dass die Behauptungen falsch sind.

Behauptung 1: Die Inbetriebnahme von 5G-Netzwerken stünde in Zusammenhang mit Corona-Todesfällen in verschiedenen Ländern 

Im Artikel wird behauptet, es gebe einen Zusammenhang zwischen 5G und der Corona-Pandemie. „Überall da, wo 5G massiv ausgebaut und aktiviert worden ist, hat die Pandemie ‚besonders heftig’ zugeschlagen, traten die sogenannten ‚Hotspots‘ auf“, behauptet der Autor des Artikels und führt weiter aus, dass in Ländern, wo es flächendeckende 5G-Netzwerke gebe, auch die meisten Covid-19-Todesfälle auftreten würden.

Behauptungen rund um angebliche Zusammenhänge zwischen dem Coronavirus und 5G-Netzen verbreiten sich schon seit Monaten im Netz. CORRECTIV hat im Januar einen Faktencheck dazu veröffentlicht, einen weiteren im Juni. 

5G ist die fünfte Mobilfunkgeneration, die Daten schneller übertragen und weniger Strom verbrauchen soll. Das wird laut Bundesamt für Strahlenschutz zu einem „deutlichen Ausbau der Sendeanlagen“ führen. Einige Menschen gehen davon aus, dass dadurch die Strahlenbelastung steigen und gefährlich für den Menschen werden könnte. Dafür gibt es aktuell jedoch keine Belege.

Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Verbreitung des Coronavirus und 5G 

„Es gibt keinen wissenschaftlichen Hinweis darauf, dass Mobilfunkstrahlung eine Wirkung auf die Ausbreitung von Viren haben könnte. Dies gilt auch für 5G“, bestätigt Pressesprecherin Anja Lutz vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) auch auf aktuelle Nachfrage von CORRECTIV und verweist auf eine ausführliche Stellungnahme des Bundesamts

Darin steht, dass Spekulationen über mögliche gesundheitliche Schädigungen im Zusammenhang mit 5G jeglicher wissenschaftlicher Grundlage entbehren würden: „Weder in der Biologie noch in der Physik gibt es entsprechende Anhaltspunkte: 5G verursacht weder Zellabbau noch grippeähnliche Symptome. Auch eine negative Wirkung von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern – und damit auch Mobilfunkstrahlung – auf das Immunsystem ist bislang nicht wissenschaftlich nachgewiesen.“

Die einzige nachgewiesen Wirkung von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern sei demnach eine Erwärmung des Körpergewebes: „Eine Erhöhung der Körperkerntemperatur um weniger als ein Grad gilt jedoch als gesundheitlich unproblematisch. Die geltenden Grenzwerte sorgen dafür, dass diese Erwärmung gering und damit unschädlich bleibt.“

Brasilien hat die zweitmeisten Todesfälle weltweit und kaum 5G

Auch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) teilte CORRECTIV in einer E-Mail mit: „Zu dem möglichen Zusammenhang zwischen 5G und einer Covid-19-Erkrankung gibt es beim BMG keine Erkenntnisse.“

Andere offizielle Stellen haben einem Zusammenhang zwischen 5G und Covid-19 ebenfalls widersprochen. Die WHO stellte in einem ihrer Myth Buster klar, dass sich Viren weder über Radiowellen, noch über Mobilfunknetze verbreiten würden. Die Krankheit Covid-19 verbreite sich auch in vielen Ländern, in denen es keine 5G-Mobilfunknetze gebe.

 

Ein Beispiel dafür ist Brasilien. Nach Angaben der Online-Karte „Speedtest“, die laut eigenen Angaben den 5G-Ausbau anhand offizieller Quellen abbildet, gibt es in Brasilien bisher sehr wenige 5G-Masten. So ist 5G dort bislang lediglich an zwei Orten verfügbar, für Deutschland werden laut „Speedtest“ dagegen 5.600 5G-Masten ausgewiesen. Gleichzeitig hat Brasilien nach Angaben der WHO die zweitmeisten Covid-19-Todesfälle weltweit. Am 16. August waren es laut WHO 106.523 Covid-19-Todesfälle.

Fazit: Falsch. 5G kann keine gesundheitlichen Schäden verursachen, die zum Tod führen. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen 5G-Netzwerken und Covid-19-Todesfällen.

Behauptung 2: Die Spanische Grippe habe in Zusammenhang mit Radiowellen gestanden

Weiter behauptet der Autor des Blog-Artikels, ab 1918 seien Millionen Menschen nicht an der Spanischen Grippe gestorben, sondern an gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Radiowellen. Diese Behauptung ist falsch. Wie oben bereits geschildert, stellte die WHO in einem ihrer Myth Buster klar, dass sich Viren nicht über Radiowellen verbreiten. 

Auch das Bundesamt für Strahlenschutz bestätigt gegenüber CORRECTIV per E-Mail: „Auch für die hochfrequenten elektromagnetischen Felder, die für die Rundfunkübertragung eingesetzt werden, gilt, dass die einzige nachgewiesene Wirkung eine Erwärmung des Körpergewebes ist. Auch hier sorgen die geltenden Grenzwerte dafür, dass diese Erwärmung gering und damit unschädlich bleibt.“

Fazit: Falsch. Von Radiowellen geht keine gesundheitsgefährdende oder gar tödliche Wirkung auf den Menschen aus. Es lässt sich daher auch kein Zusammenhang mit der Spanischen Grippe herstellen.

Behauptung 3: Masken, Desinfektion und Social Distancing würden nicht vor dem Coronavirus schützen

Weiter behauptet der Autor des Artikels, Masken, Desinfektionsmitteln, soziale Distanzierung und Quarantäne würden niemanden vor dem Coronavirus schützen. Nach derzeitigem Wissensstand sind diese Behauptungen falsch. 

Nach bisherigen epidemiologischen Erkenntnissen übertrage sich SARS-CoV-2 insbesondere bei engem ungeschütztem Kontakt zwischen Menschen, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) erklärt. Demnach erfolge die Übertragung vor allem über Tröpfchen und Aerosole, die zum Beispiel beim Husten, Niesen, oder lauten Sprechen freigesetzt werden oder bei bestimmten medizinischen oder zahnmedizinischen Maßnahmen. Eine indirekte Übertragung, zum Beispiel über Hände oder kontaminierte Oberflächen im klinischen Umfeld sei ebenfalls zu bedenken.

Zur Verminderung des Übertragungsrisikos sei es laut RKI wirksam, positiv getestete Personen schnell zu isolieren, enge Kontaktpersonen zu identifizieren und frühzeitig unter Quarantäne zu setzen. „Das Abstandhalten zu anderen Personen, das Einhalten von Hygieneregeln und das Tragen von (Alltags-)Masken (AHA-Regel) sind Maßnahmen, die insbesondere auch die Übertragung von (noch) nicht erkannten Infektionen verhindern“, schreibt das RKI weiter. 

DGP: Mund-Nasen-Schutz schützt andere vor der Übertragung von Viren

Desinfektion mit Desinfektionsmitteln ist laut RKI im Rahmen mit Sars-CoV-2 vor allem im medizinischen Umfeld sehr wichtig. Was die Reinigung und Desinfektion und deren Wirksamkeit außerhalb von Gesundheitseinrichtungen betrifft, erklärt das RKI: „Eine routinemäßige Flächendesinfektion in häuslichen und öffentlichen Bereichen, auch der häufigen Kontaktflächen, wird auch in der jetzigen COVID-Pandemie nicht empfohlen.“ Eine konsequente Händehygiene sei die wirksamste Maßnahme gegen die Übertragung von Krankheitserregern auf oder durch Oberflächen.

In einer Stellungnahme vom 20. Mai 2020 fasst die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) verschiedene Studien zu unterschiedlichen Formen des Mundschutzes zusammen und kommt zu dem Schluss, dass nicht medizinische Mund-Nasenmasken einen Fremdschutz vor der Übertragung von Viren bieten. Ein Selbstschutz sei nicht nachgewiesen, aber wahrscheinlich. 

Weiter schreibt die DGP, durch das Tragen von Mund-Nasenmasken werde die Aerosolwolke in ihrer Ausdehnung zu einer gegenüberstehenden Person reduziert, jedoch zu den Seiten (lateral) und kopfwärts (kranial) in geringem Maße umgeleitet. Ein Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern erscheine anhand der publizierten Daten folglich ausreichend. 

Somit ist das Halten von Abstand zu anderen durchaus sinnvoll, genauso wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, um vor der Virusübertragung zu schützen, beziehungsweise die Wahrscheinlichkeit für eine Übertragung zu verringern. Das bestätigen auch weitere Studien, zum Beispiel hier oder hier. 

Abstandhalten und Mund-Nasen-Schutz bietet keinen hundertprozentigen Schutz, aber mindern das Risiko der Virusübertragung nachweislich

Im Juni wurde eine Studie von Wissenschaftlern aus Kanada und dem Libanon im Fachmagazin Lancet publiziert. Die Wissenschaftler hatten 172 Studien systematisch ausgewertet. Alle beschäftigten sich mit Coronaviren, ein Teil mit Sars-CoV-2. Bei ihrer Analyse kamen die Experten zu den Schlussfolgerungen, dass Abstandhalten das Infektionsrisiko senke. Ein Meter oder mehr reduziere das Infektionsrisiko auf 2,6 Prozent, während es bei mehr Nähe bei 12,8 Prozent liege. 

Auch das Nutzen eines Mund-Nasen-Schutzes senke demnach das Infektionsrisiko auf 3,1 Prozent im Vergleich zu 17,4 Prozent ohne Mundschutz. Die Beweissicherheit bewerteten die Autoren hier jedoch als eher „niedrig“. Ein hundertprozentiger Schutz vor dem Virus sei durch Abstandhalten, das Tragen eine Maske und einen Augenschutz nie garantiert. Stattdessen sei ergänzend eine regelmäßige Handhygiene wichtig.

Fazit: Falsch. Auch wenn Maßnahmen wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, Desinfektion und soziale Distanzierung nie einen vollständigen Schutz vor einer Virusübertragung garantieren können, mindern die Maßnahmen das Risiko einer Übertragung dennoch deutlich.

Behauptung 4: Vögel würden durch 5G-Mobilfunkmasten sterben

„In vielen Ländern sind Vögel beobachtet worden, die nach Errichtung von Mobilfunkmasten – insbesondere mit 5G – tot von den Bäumen oder vom Himmel heruntergefallen sind“, schreibt der Autor des Blog-Artikels. 

Immer wieder kursieren Behauptungen in Sozialen Netzwerken, demnach Vögel und andere Tiere in Folge von 5G angeblich tot vom Himmel fallen würden. Wie CORRECTIV in zahlreichen Faktenchecks (zum Beipiel hier, hier oder hier) bereits mehrfach erläutert hat, gibt es keine Belege dafür, dass Vögel durch 5G sterben könnten. 

Dass mehrere Vögel gleichzeitig sterben, kann verschiedene Ursachen haben. Im Schweizer Kanton Thurgau gab es beispielsweise einen Fall, bei dem das Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin an der Universität Bern mitteilte, dass im Zentrum einige der toten Vögel untersucht wurden. Die Ursache für den Tod war demnach ein „stumpfes Trauma“. Es seien keine „nachweisbaren organischen Veränderungen bekannt, die durch 5G-Strahlung verursacht würden“, teilte Marie-Pierre Ryser, Professorin am Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin der Universität Bern, CORRECTIV mit. 

Das deutsche Bundesgesundheitsministerium teilte CORRECTIV für einen früheren Faktencheck mit, dass es unterhalb der gängigen Grenzwerte „keine wissenschaftlich belastbaren Hinweise auf eine Gefährdung von Tieren“ durch 5G-Mobilfunkstrahlung gebe. Das Bundesamt für Strahlenschutz bestätigte das gegenüber CORRECTIV. 

Fazit: Falsch. Es gibt keine Belege dafür, dass Vögel oder andere Tiere durch 5G sterben könnten.

Behauptung 5: 5G führe zu Blutgerinnung und Sauerstoffmangel

Im Artikel wird zudem die Behauptung aufgestellt, zahlreiche Covid-19-Patienten hätten  „mysteriöse Blutgerinnungskomplikationen“ erlitten. Das habe jedoch nichts mit dem Coronavirus zu tun, sondern sei eine Folge dessen, dass die Patienten “der neuen Mobilfunkstrahlung 5G ausgesetzt” gewesen seien. Zudem würden Ärzte Covid-19-Patienten mit „erschreckend niedrigen Sauerstoffwerten“ beschreiben und nicht erkennen, dass das an der 5G-Strahlung ihrer Mobiltelefone liege. 

Wie bereits oben erläutert, gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass 5G gesundheitliche Schäden beim Menschen verursachen kann – lediglich eine Erwärmung des Körpergewebes ist als Wirkung von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern nachgewiesen.

Covid-19 ist eine Infektionskrankheit, die vor allem die Atemwege befällt. Das RKI erklärt, dass die Symptomatik der Patienten unspezifisch sei. 14 Prozent der Erkrankten würde eine Dyspnoe (Kurzatmigkeit) und/oder eine Hypoxämie, sprich Sauerstoffmangel im Blut, entwickeln. In vielen Fällen sei zudem eine sogenannte stille Hypoxämie zu beobachten, sprich ein Sauerstoffmangel ohne Atemnot. Hierzu finden sich zahlreiche Studien, zum Beispiel hier oder hier

RKI: Bei Patienten mit Sauerstoffunterversorgung kann Covid-19 zu Thrombosen führen

Nach Angaben des RKI sind die häufigsten Symptome unter deutschen Covid-19-Patienten (Stand 21. August) Husten (46 Prozent), Fieber (39 Prozent) und Schnupfen (21 Prozent). Wie das RKI mitteilt (Punkt 6), wird jedoch in Folge von Covid-19-Erkrankungen „zunehmend“ auch über verschiedene Herz-Kreislauf-Komplikationen und Folgeerkrankungen berichtet. 

Insbesondere bei schweren Infektionen der Atemwege führe die Sauerstoffunterversorgung bei einem Teil der Patienten zu Erkrankungen, die das Herz und die Gefäße betreffen. Dazu gehörten auch Thrombosen oder Lungenembolien, die dann entstehen, wenn sich ein Blutgerinnsel in einem Blutgefäß bildet. 

Auch in einer niederländischen Studie vom 10. April, die Intensivpatienten mit durch Covid-19 bedingten Lungenentzündungen untersuchte, und von Seiten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird vor dem Risiko von Thrombosen gewarnt und dazu geraten, vorbeugend gerinnungshemmende Medikamente einzusetzen (PDF, Seite 8).

Fazit: Falsch. 5G kann nicht zu Blutgerinnungsstörungen oder Sauerstoffmangel bei Menschen führen. Beides sind jedoch Komplikationen, die im Zusammenhang mit Covid-19-Erkrankungen auftreten.