Faktencheck

Altes Ereignis, falsches Foto: Geschichte über kenianischen Läufer Abel Mutai

Ein Facebook-Betrag verbreitet eine rührselige Geschichte über einen Läufer, der vor der Ziellinie abbremst und dann Hilfe von einem Konkurrenten erhält. Die Geschichte ist wahr, trug sich jedoch schon Ende 2012 zu. Das verbreitete Foto zeigt außerdem zwei andere Sportler.

von Tania Röttger

Olympische Sommerspiele 2012 in London
Am 4. August 2012 gewann Mohamed Farah die Goldmedaille der Olympischen Spiele im 10.000-Meter-Rennen der Männer. Ein Foto von ihm wird in dem aktuellen Facebook-Beitrag mit einem anderen Sportler in Verbindung gebracht. (Foto: Picture Alliance / Sven Simon)
Behauptung
Auf einem Foto sei ein spanischer Läufer zu sehen, der aus Sportsgeist auf den Sieg verzichtet und seinem Konkurrenten geholfen habe, das Ziel zu finden.
Bewertung
Teilweise falsch
Über diese Bewertung
Teilweise falsch: Die Geschichte trug sich 2012 zu, das Bild zeigt zwei andere Sportler.

Seit dem 23. Juli laufen die Olympischen Spiele in Tokyo, da taucht die Geschichte vom kenianischen Läufer Abel Mutai wieder auf, der kurz vor dem Ziel die Orientierung verlor, dann von seinem Folgemann Iván Fernández auf seinen Irrtum hingewiesen wird und doch noch gewinnt. Am 27. Juli erschien ein Beitrag auf Facebook, der die Geschichte erzählt, als wäre sie aktuell. Es wird somit suggeriert, sie habe etwas mit den Olympischen Spielen zu tun. Teil des Beitrags ist zudem ein Foto von zwei Sportlern, die sich umarmen.

Eine kurze Recherche nach den Namen der Athleten zeigt, dass die Geschichte mehrere Jahre alt ist. Eine Suche nach dem Foto belegt, dass es sich nicht um die genannten Athleten sondern um den britischen Läufer Mo Farah und den amerikanischen Sportler Galen Rupp handelt. 

Screenshot vom Facebook Beitrag über die angeblich aktuelle Geschichte
Dieser Beitrag kursiert aktuell auf Facebook (Screenshot und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)

Fernández Anaya half Abel Mutai ins Ziel

Hintergrund des Beitrags ist eine Szene, die sich am 2. Dezember 2012 bei einem Crosslauf in Burlada in Spanien zutrug. Kurz vor dem Ziel verlangsamte der kenianische Läufer Abel Mutai sein Tempo, offenbar meinte er, schon am Ziel zu sein. Hinter ihm lief Iván Fernández Anaya. Anstatt an Mutai vorbei ins Ziel zu laufen, wies er seinem Konkurrenten den Weg zum Sieg.

Von dem Wettkampf, der nicht im Rahmen von Olympischen Spielen oder anderen internationalen Meisterschaften stattfand, existieren ein paar Fotos und Videos in schlechter Auflösung. In den Wochen nach dem Rennen berichteten auch internationale Medien über die Geschichte, zum Beispiel die NZZ.

Keine Quelle für angebliche Zitate des Langstreckenläufers Fernández Anaya

Der aktuell geteilte Facebook-Beitrag enthält einen angeblichen Dialog zwischen Fernández Anaya und einem Reporter mit vermeintlichen Zitaten über seine Motivation. Zum Beispiel: 

Der Reporter bestand darauf und fragte erneut: ‘Aber Sie hätten gewinnen können!’ Ivan sah ihn an und antwortete: ‘Aber was wäre mein Sieg? Was wäre die Ehre dieser Medaille? Was würde meine Mutter davon halten? Die Werte werden von Generation zu Generation übertragen. Welche Werte vermitteln wir unseren Kindern? Die meisten von uns nutzen die Schwächen der Menschen aus, anstatt sie zu stärken.’“

Für dieses Zitat gibt es keine Quelle. Es findet sich nicht in dem Video und ebenso wenig in dem Beitrag von Fernández Anaya selbst, den er zwei Tage nach dem Rennen auf seinem Blog veröffentlicht hat.

Ein Bericht von der Zeitung El Pais über die Geschichte enthält dafür diese Sätze von Fernández Anaya: „Ich hatte es nicht verdient, zu gewinnen. Ich tat, was ich tun musste. Er war der rechtmäßige Gewinner. Er hatte einen Abstand geschaffen, den ich nicht hätte aufholen können, wenn er den Fehler nicht gemacht hätte. Als ich sah, dass er anhielt, wusste ich, dass ich ihn nicht überholen würde.“

Das Foto zeigt die Langstreckenläufer Mohamed Farah und Galen Rupp

Der aktuell geteilte Facebook-Beitrag enthält ein Foto, das offenbar die beiden Läufer der Geschichte zeigen soll, ein weißer und ein schwarzer Sportler umarmen sich darauf. Eine Bildersuche auf der Suchmaschine Yandex führt allerdings zu ähnlichen Bildern, auf denen man die Namensschilder der Sportler erkennen kann. Dadurch wird klar, dass es sich um zwei andere Männer handelt, nämlich die Langstreckenläufer Mohamed Farah aus Großbritannien und Galen Rupp aus den USA.

Die beiden waren Trainingspartner. Farah gewann 2012 bei den Olympischen Sommerspielen in London das 10.000-Meter-Rennen, Rupp gewann Silber. Das geschah aber Monate vor dem Rennen von Anaya Fernández und Mutai. Mutai selbst gewann bei den Olympischen Spielen in London eine Bronzemedaille im 3000-Meter-Hindernislauf.

Redigatur: Uschi Jonas, Steffen Kutzner