Doch, die Wirksamkeit und Sicherheit von Covid-19-Impfstoffen wurde in Studien belegt
In den Sozialen Netzwerken wird die Sicherheit und Wirksamkeit von Covid-19-Impfstoffen in Frage gestellt: Es lägen angeblich keine Studien vor, die diese belegten. Außerdem hafte niemand bei Impfschäden. Beides stimmt nicht.
Hinweis vom 10. Mai 2024: Auf Antrag von Astrazeneca hat die EU-Kommission die Zulassung für dessen Covid-19-Impfstoff zum 7. Mai 2024 widerrufen. Laut einer Mitteilung der EU-Kommission beruht dies „nicht auf Zweifeln an der Sicherheit oder Wirksamkeit des Impfstoffes“, sondern der Hersteller selbst habe dies im März „aus kommerziellen Gründen“ beantragt. Laut Medienberichten teilte Astrazeneca mit, es gebe mittlerweile einen Überschuss an Impfstoffen gegen das Coronavirus und das habe zu einem Rückgang der Nachfrage geführt. In Deutschland wurde der Impfstoff auf Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts bereits 2021 ausgesetzt.
Auf Facebook verbreitet sich ein Bild mit Text auf dem es heißt, dass es für „die Impfung“ – gemeint ist wohl die Impfung gegen Covid-19 – keine Studien gäbe, die die Wirksamkeit und Sicherheit belegen würden. Auch sei unklar, wer die Haftung übernehmen würden, „wenn etwas falsch läuft“. Der Beitrag vom 24. August wurde bisher (Stand: 31. August) 784 Mal geteilt.
Die Behauptungen sind falsch. Die Wirksamkeit und Sicherheit der zugelassen Impfstoffe wurde in klinischen Studien mit tausenden Menschen überprüft. Bei gesundheitlichen Schäden durch Impfungen haftet der Bund.
Wirksamkeit und Sicherheit der Impfstoffe wurde in Studien nachgewiesen
Aktuell sind in der EU vier Impfstoffe gegen das Coronavirus zugelassen. Laut dem Paul-Ehrlich-Institut liegt ihre Wirksamkeit gegen Covid-19 zwischen 70 und 95 Prozent. Diese Wirksamkeit bezieht sich nicht auf die Gruppe der Geimpften, sondern auf die Erkrankten, wie das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung erklärt. Zu 90 Prozent wirksam gegen die Erkrankung bedeutet, dass zum Beispiel von 100 Personen ohne Impfung 20 an Covid-19 erkrankten, und von 100 Personen mit Impfung nur zwei. Alle Impfstoffe schützen zudem laut RKI vor einem schweren Verlauf der Krankheit – und verringern somit auch das Risiko, daran zu sterben.
Eine Wirksamkeit von etwa 95 Prozent wird laut Paul-Ehrlich-Institut beispielsweise für den mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer angegeben. Eine Studie im New England Journal of Medicine, die Daten von rund 600.000 geimpften Israelis mit einer ungeimpften Kontrollgruppe verglich, konnte diese Wirksamkeit Anfang 2021 in der Praxis nachweisen.
Es zeigte sich, dass zwei Dosen der Impfung die symptomatischen Covid-19-Fälle um 94 Prozent reduzierten, die Rate der Krankenhausaufenthalte ging um 87 Prozent und die Anzahl schwerer Covid-19-Fälle um 92 Prozent zurück. Die geschätzte Effektivität, Todesfälle zu verhindern, lag der Studie zufolge bei 72 Prozent im Zeitraum zwischen 14 und 20 Tagen nach der ersten Impfdosis. Von Tag 21 bis 27 lag die Effektivität bei 84 Prozent.
An klinischen Studien nahmen tausende Menschen teil
Die Entwicklung der Impfstoffe wurde wegen der dringlichen Situation zwar beschleunigt, das bedeutet jedoch nicht, dass die Sicherheit des Impfstoffs nicht ausreichend erprobt wurde. Der Impfstoff von Pfizer/Biontech wurde in klinischen Studien mit tausenden Versuchspersonen getestet. Etwa in einer sogenannten Phase-3-Studie mit 43.448 Probandinnen und Probanden, von denen die Hälfte den Impfstoff erhielt und die andere Hälfte ein Placebo.
Auch die anderen Impfstoffe wurden so erforscht, hier ein Überblick über die veröffentlichten Studienergebnisse:
- Ergebnisse der Phase-3-Studie des Impfstoffs von Astrazeneca (Dezember 2020)
- Ergebnisse der Phase-3-Studie des Impfstoffs von Moderna (Februar 2021)
- Ergebnisse der Phase-3-Studie des Impfstoffs von Johnson & Johnson (April 2021)
- Ergebnisse der Phase-3-Studie des Impfstoffs von Biontech/Pfizer (Dezember 2020)
Vor der Zulassung wurden alle Impfstoffe von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA überprüft. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) schreibt zur Beschleunigung des Verfahrens auf seiner Webseite, die Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Impfstoffe sei enger gewesen, und man habe die Prozesse effizienter gestaltet, „ohne Abstriche bei der Sorgfalt zu machen“. Und weiter: „Dies hat auch zu deutlichen Optimierungen der Verfahrensabläufe und einem Zeitgewinn bei der Entwicklung geführt.“ So seien Daten bereits parallel zu den klinischen Studien von der EMA ausgewertet worden („Rolling-Review-Verfahren“).
Der Covid-19-Impfstoff wurde also schneller entwickelt als bisherige Impfstoffe, „riskant“ wird die Anwendung dadurch jedoch nicht.
Bund haftet bei Impfschäden
Falsch ist auch, dass niemand haften würde, wenn es zu Impfschäden komme. Auf seiner Internetseite beantwortet das Bundesgesundheitsministerium die Frage, „Wer haftet, wenn es zu gesundheitlichen Schäden durch die Impfung kommt?“ eindeutig. Dort heißt es, „dass für alle Schäden, die im Zusammenhang mit der Schutzimpfung eingetreten sind […] bundeseinheitlich ein Anspruch auf Entschädigung“ bestehe.
Bei Impfstoffen, die von staatlichen Stellen „öffentlich empfohlen“ werden, wie bei den Covid-19-Vakzinen der Fall, haftet laut Paragraph 60 des Infektionsschutzgesetzes grundsätzlich die Bundesrepublik Deutschland – dann kann ein „Antrag auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz“ gestellt werden.
Auch die Bundesländer müssen auf Antrag für die Versorgung der Menschen aufkommen, wenn Geimpfte „durch eine von der obersten Landesgesundheitsbehörde öffentlich empfohlene Schutzimpfung einen Impfschaden erlitten hat“, wie es auf der Internetseite infektionsschutz.de der Bundeszentrale für gesundheitlichen Aufklärung heißt.
Haften Hersteller von Impfstoffen?
Zudem können theoretisch auch Hersteller von Impfstoffen haften. Das ist im Produkthaftungsgesetz, im Arzneimittelgesetz und auch im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Im Produkthaftungsgesetz heißt es beispielsweise: „Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“
Allerdings, so berichtete der BR im August 2021, haben die die EU und die Vertragsstaaten mit den Impfstoffherstellern vereinbart, Kosten zu übernehmen, sollte ein Hersteller für Impfschäden haftpflichtig sein. Auch Ärzte könnten unter Umständen haften, wenn sie die Impfung nicht sorgfältig ausführen. Zwei Krankenkassen bestätigten dem BR, sie würden die Kosten der Behandlung als Versicherungsleistung übernehmen.
Redigatur: Steffen Kutzner, Alice Echtermann
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Studie im New England Journal of Medicine über den Einsatz des Covid-19-Impfstoffe von Biontech/Pfizer in Israel: „BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine in a Nationwide Mass Vaccination Setting“: Link (englisch)
- Informationsseite des Paul-Ehrlich-Instituts zu mRNA-Impfstoffen: Link
- Informationsseite des Bundesgesundheitsministeriums „Aktuelle Informationen zur COVID-19-Impfung“: Link
- Informationsseite der Bundeszentrale für gesundheitlichen Aufklärung: Link