Faktencheck

Irreführendes Bild: Auch in Österreich steigen die Spritpreise aktuell wegen des Kriegs

Auf Facebook kursiert ein Foto, das angeblich aktuelle Spritpreise an einer Tankstelle in Österreich zeigt. Dazu wird suggeriert, der Russland-Ukraine-Krieg wirke sich dort nicht so stark aus wie in Deutschland. Doch auch in Österreich stiegen seit Beginn des Krieges die Preise.

von Viktor Marinov

Screenshot Facebook-Beitrag Tankstelle Österreich
Dieses Foto mit angeblichen Spritpreisen in Österreich kursiert aktuell in Sozialen Netzwerken (Quelle: Facebook / Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Das Foto einer Spritpreis-Tafel an einer Tankstelle zeige, dass sich der Russland-Ukraine-Krieg nicht ganz so stark auf die Spritpreise in Österreich auswirke, wie auf die Preise in Deutschland.
Bewertung
Fehlender Kontext
Über diese Bewertung
Fehlender Kontext. Daten des österreichischen Ministerium für Mobilität zeigen, dass auch in Österreich die Spritpreise seit Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs weit über der im Bild abgebildeten Preise liegen.

Hinweis: Dieser Faktencheck stellt unsere Kenntnisse bis zum 25. März 2022 dar.

Auf Facebook kursiert seit Anfang März ein Foto von der Anzeigetafel einer Tankstelle mit einem Preis von rund 1,44 pro Liter für Diesel und 1,45 Euro für Super. Unter dem Foto steht der Text: „So sieht es in Österreich aus. Da ist der Krieg nicht ganz so schlimm“. Geteilt wurde der Beitrag von einem Account, der als Wohnort Deutschland angegeben hat. 

Das Bild wurde allein durch einen Facebook-Beitrag vom 9. März mehr als 800 Mal verbreitet. Ein Nutzer kommentierte darunter jedoch: „Stimmt nicht! Habe gestern da auch Diesel für 1.849/l getankt. Vor einer Woche sah es vielleicht so aus“. Andere Kommentare suggerieren, dass die Preise in Österreich nicht so stark stiegen wie in Deutschland. Das Bild wird aktuell weiterhin verbreitet.

Spritpreise in Deutschland nicht wesentlich stärker gestiegen als in Österreich

Wo und wann das Bild tatsächlich entstand, geht aus den Beiträgen nicht hervor. Es zeigt eine Tankstelle der österreichischen Firma Gutmann mit dem Logo der Marke „Eni“. Es ist jedoch eher unwahrscheinlich, dass eine dieser Tankstellen in den vergangenen Wochen so niedrige Preise hatte. 

In etwa so niedrig wie auf der Anzeigetafel der Tankstelle waren die Treibstoffpreise in Österreich nach Daten des dortigen Bundesmobilitätsministeriums zum Stichtag 21. Februar 2022, also vor dem Ausbruch des Krieges. Als das Foto der Tafel im Netz verbreitet wurde, lag der Preis für einen Liter Super bei 1,69 Euro (Stichtag: 7. März). Mittlerweile liegt der Preise noch höher. 

Dennoch wird das Bild aktuell in Zusammenhang mit dem Russland-Ukraine-Krieg verbreitet. 

Auch in Österreich sind die Spritpreise seit Ende Februar gestiegen
Auch in Österreich sind die Spritpreise seit Ende Februar gestiegen (Quelle: Bundesmobilitätsministerium; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Nachdem Russland in die Ukraine einmarschiert war stieg der Preis für Super-Benzin in Österreich – zwischen dem 28. Februar und dem 21. März – inklusive Steuer von 1,53 Euro pro Liter auf 1,74 Euro. Das ist eine Steigerung um rund 14 Prozent. Der Preis von Diesel ist auch gestiegen: von 1,52 Euro pro Liter auf 1,83 Euro, also um rund 20 Prozent. Spritpreise in Österreich waren folglich höher als die Preise auf dem viel geteilten Foto auf Facebook.

In Deutschland ist der Spritpreis höher, doch der Anstieg ist vergleichbar stark, wie Berichte der EU-Kommission zeigen. Der Preis von Super-Benzin ist zwischen dem 28. Februar und dem 21. März ähnlich stark gestiegen wie in Österreich – um rund 14 Prozent (von 1,87 auf 2,14). Der Dieselpreis ist im selben Zeitraum dagegen um knapp 25 Prozent gestiegen (von 1,74 auf 2,17). Zahlen des ADAC geben ein ähnliches Bild. 

So setzen sich die Spritpreise in Österreich und Deutschland zusammen

Die etwas höheren Preise in Deutschland lassen sich zum Teil mit den unterschiedlichen Steuern erklären. Der Spritpreis setzt sich zusammen aus verschiedenen Komponenten. Zum einen ist da die sogenannte Energiesteuer. In Deutschland entfällt dafür ein fester Beitrag – aktuell laut ADAC 47,04 Cent/Liter für Diesel und 65,45 Cent/Liter für Benzin. In Österreich heißt diese Abgabe Mineralölsteuer und liegt laut dem österreichischen Automobilclub ÖAMTC bei 39,7 Cent/Liter für Diesel und 48,2 Cent/Liter für Benzin. 

Hinzu kommt die Mehrwertsteuer – sie liegt nach Angaben der EU-Kommission in Deutschland für Sprit bei 19 Prozent und in Österreich bei 20 Prozent. 

In Deutschland gibt es seit 2021 darüber hinaus auch die sogenannte CO2-Abgabe. Sie führt laut ADAC für das Jahr 2022 im Schnitt zu einem Preisanstieg von 8,4 Cent pro Liter Benzin und 9,5 Cent pro Liter bei Diesel. Ab dem 1. Juli 2022 soll laut Medienberichten auch in Österreich eine solche Steuer eingeführt werden. Weitere Komponenten, die Spritpreise beeinflussen, sind laut ADAC der Preis der Rohstoffe, einschließlich Verarbeitung und Transport, sowie die Gewinne der beteiligten Unternehmen. Hinzu kommt auch die  Erdölbevorratungsabgabe, die einen sehr kleinen Teil des Preises ausmacht.  

Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.

Redigatur: Sarah Thust, Sophie Timmermann 

Update, 29. März 2022: In einer früheren Version des Faktenchecks stand, der Mehrwersteuersatz in Österreich für Sprit betrage 17 Prozent. Das haben wir korrigiert: Er liegt bei 20 Prozent.

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Wöchentlicher Bericht der Europäischen Kommission über Verbraucherpreise für Mineralölerzeugnisse: Link