Faktencheck

Gefälschter Artikel über einen angeblich wegen Intoleranz gefeuerten Busfahrer in Hamburg

Im Internet kursiert ein angeblicher Spiegel-Artikel, in dem es heißt: In Hamburg habe ein Busfahrer einen betrunkenen Mann aus Syrien aus dem Bus geworfen – und sei wegen „Intoleranz“ gefeuert worden. Der Beitrag ist eine Fälschung, einen solchen Vorfall gab es nicht.

von Sophie Timmermann

Busfahrer Faktencheck April 2022
Dieser gefälschte Spiegel-Beitrag verbreitet sich auf Twitter und Facebook (Quelle: Twitter; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Laut einem angeblichen Spiegel-Artikel sei ein Busfahrer von den Hamburger Verkehrsbetrieben wegen „Intoleranz“ gefeuert worden, weil er einen „betrunkenen und pöbelnden syrischen Fahrgast“ vor die Tür setzte.
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Frei erfunden
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Frei erfunden. Der Artikel ist eine Fälschung, eine solche Meldung existiert nicht.

Auf Twitter und Facebook verbreitet sich seit dem 24. April ein Ausschnitt eines angeblichen Artikels des Spiegel. Der Titel des Beitrags: „Busfahrer wegen Intoleranz gefeuert“. Im Text heißt es, weil ein Busfahrer von den „Hamburger Verkehrsbetrieben“ einen „betrunkenen und pöbelnden syrischen Fahrgast“ vor die Tür setzte, sei er auf Beschluss der Betriebsleistung entlassen worden. Mit der Aktion wolle Hamburg ein Zeichen gegen Ausländerfeindlichkeit setzen.

Die Meldung ist frei erfunden, der Nachrichtenartikel ist gefälscht. Er ist weder über eine Google-Suche, noch auf der Spiegel-Webseite zu finden. 

Zahlreiche Unstimmigkeiten entlarven angeblichen Spiegel-Artikel als Fälschung

Oben auf dem Bild steht das Wort Parodie – es handelt sich also um eine satirische Nachahmung. Doch etliche Nutzerinnen und Nutzer, die das Bild verbreiteten, erkannten es nicht als Fälschung. So kommentierte ein Nutzer unter dem Beitrag: „Das wäre nicht passiert wenn es ein deutscher Betrunkener gewesen wäre. Wetten“. Ein anderer schreibt: „Ich hoffe er legt Einspruch ein und kriegt ordentlich Schadensersatz zugesprochen! Unfassbar“.

Vergleicht man den Artikel mit einem tatsächlichen Spiegel-Beitrag, fallen zahlreiche Unstimmigkeiten auf: Die Überschrift in der Fälschung ist rot statt schwarz, zudem fehlen die Dachzeile über dem Titel und das Datum. Auch die Schriftart ist eine andere. 

Das Bild liefert außerdem einen Hinweis darauf, welcher Spiegel-Artikel manipuliert wurde: In der Zeile über der Überschrift steht: „Wirtschaft“, „Deutsches Rentensystem“, „Vorruhestand: Immer mehr Deutsche sparen für vorzeitige Rente“. In dem ursprünglichen Artikel ging es folglich um die Rente – wir fanden den Artikel auf der Webseite des Spiegel. Er stammt von Februar 2020 (rechts abgebildet).

Angeblicher Spiegel-Artikel
Ein Vergleich der Fälschung (links) mit einem echten Spiegel-Beitrag (rechts) zeigt zahlreiche Unstimmigkeiten (Quelle: Facebook / Spiegel; Screenshot, Collage und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Verkehrsverbund: Die „Hamburger Verkehrsbetriebe“ beschäftigen keine eigenen Busfahrer 

In dem angeblichen Beitrag heißt es, dass der Busfahrer bei den „Hamburger Verkehrsbetrieben“ gearbeitet hätte. Dies ist jedoch unstimmig, wie uns eine Pressesprecherin der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein erklärte. Die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein seien neben der Hamburger Hochbahn AG ein Verkehrsunternehmen im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) im Bereich Bus: „Die Hamburger Verkehrsbetriebe gibt es nicht und der Hamburger Verkehrsverbund beschäftigt keine eigenen Busfahrer*innen.“ 

Der Bus, der auf dem Bild des angeblichen Spiegel-Beitrags zu sehen ist, stamme demnach von der Hochbahn. Ein Pressesprecher der Hochbahn bestätigte uns auf Anfrage: „Es gibt bei der Hochbahn keinen solchen Fall.“ 

Redigatur: Sarah Thust, Uschi Jonas