Nein, das ukrainische Militär legt in diesem Video keine Leichen in Butscha aus
In einem Video ist angeblich zu sehen, wie das ukrainische Militär Leichen in Butscha drapiert, um die Tötung von Zivilisten zu inszenieren. Das ist falsch. Die Leichen werden von ukrainischen Soldaten aus der Ferne mit Kabeln bewegt, um etwaige Sprengfallen auszulösen und so die Soldaten zu schützen.
Triggerwarnung: In diesem Beitrag wird teilweise Bildmaterial verlinkt, das die Folgen von Gewalt zeigt.
Auf Telegram und Twitter kursiert ein Video von Soldaten, die angeblich Leichen in dem Kiewer Vorort Butscha an Seilen über die Straße ziehen, „um die Illusion vom bösen Russen für die Medien zu inszenieren“. Nach dem Abzug russischer Truppen aus der Stadt waren etliche Leichen von Zivilisten in den Straßen gefunden worden. Seit dem 3. April berichten Medien weltweit darüber. Russland bestreitet, für die Ermordung der Menschen verantwortlich zu sein.
Die Erklärung dafür, weshalb die Soldaten im Video die Leichen mit Kabeln aus der Ferne bewegen, ist, dass sie sich vor Sprengfallen schützen wollen. Das geht aus Material der Nachrichtenagentur AP hervor.
Butscha: Leichen werden zum Schutz vor Sprengfallen mit Kabeln bewegt
Bei der Suche nach dem Video stießen wir auf einen Faktencheck der AFP. Demzufolge zeigt das Video nicht die Vorbereitungen einer angeblichen Inszenierung der Tötung von Menschen in Butscha, sondern Material der Nachrichtenagentur AP.
Das etwas über zwei Minuten lange Originalvideo ist in der Datenbank von AP zu finden und soll am 2. April entstanden sein. Zu diesem Zeitpunkt hatten ukrainische Truppen die Kontrolle über Butscha zurückerlangt. Ab Minute 0:56 ist in dem Video zu sehen, wie die Soldaten aus der Ferne Leichen über die Straße ziehen. Das ist die gleiche Szene, die sich auf Telegram und Twitter verbreitet, dort kursiert jedoch nur ein 13 Sekunden langer Ausschnitt. In der Video-Beschreibung von AP heißt es: „Die ukrainischen Soldaten […] haben Kabel an den Leichen angebracht und zogen sie aus Angst vor Sprengfallen über die Straße.“
Immer wieder tauchen Behauptungen auf, dass die Leichen in Butscha Teil einer Inszenierung seien. Am 4. April veröffentlichte die New York Times jedoch Satellitenbilder, die Umrisse in der Größe von Menschen in Butscha bereits am 11. März zeigten. Bilder von Leichen aus Butscha von Anfang April, die wir an Rechtsmediziner schickten, ließen laut der Experten außerdem den Schluss zu, dass sie mindestens drei bis sieben Tage alt seien, also bereits vor Abzug der russischen Truppen dort gelegen hatten.
Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.
Redigatur: Matthias Bau, Viktor Marinov