Faktencheck

Es stimmt nicht, dass dieser SS-Mann der Großvater von Karl Lauterbach war

Karl Lauterbach und der SS-Mann Hartmann Lauterbacher haben zwei unterschiedliche Nachnamen. In Sozialen Netzwerken wird Lauterbacher jedoch falsch benannt und es wird behauptet, er sei der Großvater des heutigen Gesundheitsministers. Das Gesundheitsministerium dementiert.

von Sarah Thust

Karl Lauterbach und Hartmann Lauterbacher sind nicht verwandt (1)
Links im Bild ist der SS-Obergruppenführer Hartmann Lauterbacher zu sehen, rechts im Bild ist Gesundheitsminister Karl Lauterbach – sie sind nicht verwandt (Quelle: Telegram; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Hartmann Lauterbacher, Obergruppenführer bei der SS, sei der Großvater von Karl Lauterbach.
Bewertung
Falsch. Der Mann auf dem Foto heißt nicht Lauterbach, sondern Lauterbacher. Er ist nicht mit Karl Lauterbach verwandt. Das bestätigte das Bundesministerium für Gesundheit.

Anfang April wurde in mehreren Beiträgen in Sozialen Netzwerken behauptet, der Großvater von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sei „Hartmann Lauterbach, Obergruppenführer bei der SS“. Die Behauptung wurde unter anderem in den deutschsprachigen Telegram-Kanälen „Ärzte für Frieden“ und „Neues aus Russland“ geteilt. In dem zweiten, für Desinformation bekannten Kanal von Alina Lipp wurde der Beitrag später wieder entfernt.

Der Mann auf dem Foto neben Gesundheitsminister Karl Lauterbach heißt aber Hartmann Lauterbacher. 

Dafür, dass der SS-Mann Hartmann Lauterbacher und Gesundheitsminister Karl Lauterbach miteinander verwandt sind, gibt es keine Belege. Ein Blick in ihre Lebensläufe zeigt, dass die Behauptung aus der Luft gegriffen ist. Das Gesundheitsministerium bestätigte uns auf Anfrage: „Hartmann Lauterbacher ist nicht der Großvater von Herrn Bundesminister Lauterbach.“

Karl Lauterbach stammt aus einer Arbeiterfamilie in Nordrhein-Westfalen

Gesundheitsminister Karl Lauterbach wurde am 21. Februar 1963 in Düren in Nordrhein-Westfalen geboren. Laut Medienberichten sagt er über sich, er stamme aus einer „Arbeiterfamilie“. Über seine Großeltern ist offiziell nichts bekannt. Der Vater von Karl Lauterbach heißt laut eines Berichts der TZ Wilhelm und arbeitete in einer Molkerei. Seine Mutter Gertrud sei demnach Hausfrau gewesen. 

In einem Bericht der Braunschweiger Zeitung schrieb die Journalistin Stefanie Waske 2009, dass die Kinder von SS-Mann Lauterbacher Jörg, Ilse und Klaus heißen. Er war Österreicher und starb in Bayern.

Auszug aus einem Bericht der Braunschweiger Zeitung vom 15. Februar 2009 über Hartmann Lauterbacher
Auszug aus einem Bericht der Braunschweiger Zeitung vom 15. Februar 2009 über Hartmann Lauterbacher (Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Hartmann Lauterbacher war Österreicher, lebte in Braunschweig und starb in Bayern

Lauterbacher wurde laut mehrerer Kurzbiografien im Internet am 24. Mai 1909 im österreichischen Reutte geboren und starb im April 1988 im bayerischen Seebruck am Chiemsee. Er war stellvertretender Reichsjugendführer der Hitlerjugend und SS-Obergruppenführer. Eine Aufnahme aus dem Bundesarchiv bestätigt, dass es sich auf dem aktuell kursierenden Bild um Lauterbacher handelt. Zudem finden sich andere Bilder von ihm in Bilddatenbanken, wo er als „NSDAP-Gauleiter in Südhannover Braunschweig“ bezeichnet wird. 

Hartmann Lauterbacher
Das Bild zeigt Hartmann Lauterbacher im Jahr 1931 als Gauleiter der Hitlerjugend in Braunschweig (Archivfoto: Picture Alliance / Arkivi; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Laut mehrerer Internetseiten flüchtete er nach Kriegsende ins Ausland, sagte später in den Nürnberger Prozessen aus, und arbeitete nach seiner Rückkehr nach Deutschland unter anderem für den Bundesnachrichtendienst.

Mehrere Falschinformationen über angebliche SS-Großväter von Politikern in Umlauf

Ähnliche Behauptungen wie die über Lauterbach kursierten auch über Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und den ehemaligen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk. Einem Bericht von T-online zufolge wurden Behauptungen zu den deutschen Politikern bereits am 6. März durch einen russischen Oligarchen namens Jewegeni Prigoschin verbreitet. Der Geschäftsmann steckt laut Medienberichten hinter der russischen Troll-Fabrik Internet Research Agency, die in Sozialen Netzwerken Desinformation verbreitet.

Redigatur: Sophie Timmermann, Steffen Kutzner