Faktencheck

Keine Belege für angebliches Zitat von Fidel Castro über Russlands Kampf gegen den Faschismus

International verbreitet sich ein angeblicher Satz von Fidel Castro. Der kubanische Revolutionär soll gesagt haben, dass im nächsten Krieg in Europa Russland den Faschismus bekämpfen, und der Westen diesen Faschismus als Demokratie bezeichnen würde. Es gibt keine Hinweise, dass Castro sich je so äußerte.

von Viktor Marinov

Fidel Castro Porträtfoto
Dem ehemaligen Regierungschef von Kuba, Fidel Castro, wird in Sozialen Netzwerken ohne Belege ein Zitat über Faschismus zugeschrieben (Quelle: Wiki Images / Pixabay)
Behauptung
Fidel Castro habe gesagt: „Der nächste Krieg in Europa wird zwischen Russland und dem Faschismus stattfinden, nur wird die westliche Welt diesen Faschismus als Demokratie bezeichnen.”
Bewertung
Unbelegt. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Castro den Satz je gesagt hat. Das Zitat kursiert erst seit 2022 im Internet.

Ein angebliches Zitat von Fidel Castro, dem verstorbenen Revolutionär und ehemaligen Regierungschef Kubas, verbreitet sich in Sozialen Netzwerken. Castro soll demnach gesagt haben: „Der nächste Krieg in Europa wird zwischen Russland und dem Faschismus stattfinden, nur wird die westliche Welt diesen Faschismus als Demokratie bezeichnen.” Allein einen Telegram-Beitrag des für pro-russische Desinformation bekannten Kanals „Neues aus Russland“ mit diesem angeblichen Zitat haben mehr als 150.000 Nutzerinnen und Nutzer gesehen. Der Satz verbreitet sich international, etwa auf Russisch, Beiträge auf Spanisch und Englisch kursieren seit April. 

Die Beiträge sind offenbar im Kontext des Kriegs Russlands gegen die Ukraine zu verstehen. Russland hat die Ukraine im Februar auch unter dem Vorwand angegriffen, dort seien Neonazis an der Macht. Mit dem angeblichen Satz Fidel Castros soll mutmaßlich dieses Narrativ gestützt und Stimmung gegen die westlichen Länder gemacht werden, die die Ukraine unterstützen. Es gibt aber keine Belege dafür, dass Castro diese Worte je gesagt hat.

Castro angebliches Zitat Facebook
Das angebliche Zitat von Fidel Castro verbreitet sich in verschiedenen Sprachen (Quelle: Facebook; Screenshot und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)

Angebliches Zitat von Fidel Castro über Russland kursiert erst seit 2022 im Internet

Wir haben auf Google nach dem angeblichen Zitat von Fidel Castro gesucht. In der Suchmaschine kann man einen bestimmten Zeitraum für Suchergebnisse festlegen. Weder auf Deutsch, noch auf Englisch, Russisch oder Spanisch fanden wir damit Ergebnisse, die vor 2022 veröffentlicht wurden. Der älteste Treffer stammt von April 2022.

Würde der Spruch tatsächlich von Castro stammen, der zwischen 1926 und 2016 gelebt hat, wäre er wahrscheinlich schon früher aufgetaucht. Das ist aber nicht der Fall. 

Die Universität für Informatik in Havanna hat eine umfangreiche Zitatensammlung Castros veröffentlicht. Auf der Webseite ist das Zitat ebenfalls nicht zu finden. Eine Anfrage von uns per E-Mail hat die Universität bisher nicht beantwortet.

In einigen Twitter-Beiträgen heißt es, Castro habe den Satz schon vor 30 Jahren gesagt. In anderen Beiträgen wird als Quelle der kubanische Journalist Max Lesnik genannt. Laut einem Twitter-Nutzer soll Lesnik das Zitat „vor einigen Jahren“ veröffentlicht haben. Aber auch eine Google-Suche mit Lesniks Namen und Stichworten aus dem angeblichen Zitat führt zu keinen Belegen, dass es eine solche Veröffentlichung je gab. Wir haben Lesnik über seinen Sender Radio Miami per E-Mail kontaktiert, aber auch von ihm bisher keine Antwort erhalten.

Immer wieder werden berühmten Persönlichkeiten pseudo-philosophische Zitate unterstellt, auch in Bezug auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine. Die erfundenen Sprüche einer bekannten geschichtlichen Persönlichkeit zuzuschreiben, soll ihnen vermutlich mehr Gewicht verleihen. 

Redigatur: Sophie Timmermann, Alice Echtermann

Korrektur, 27. Februar 2023: Wir haben die Bezeichnung Castros von Diktator zu Regierungschef geändert.

Update, 27. Februar 2023: Wir haben dem Satz „Russland hat die Ukraine im Februar auch unter dem Vorwand angegriffen, dort seien Neonazis an der Macht“ das Wort „auch“ hinzugefügt, um zu verdeutlichen, dass Russland auch andere Vorwände für seinen Angriffskrieg nennt.