Faktencheck

Plakat führt in die Irre: Linken demonstrieren in Leipzig nicht gemeinsam mit Rechtsextremen

Demonstrieren Gregor Gysi und Sören Pellmann von den Linken gemeinsam mit Rechten? Das suggeriert ein Plakat, das auf Telegram kursiert. Tatsächlich findet parallel eine Demo der Linken in Leipzig statt. Die Linken-Politiker klagen nun gegen das Plakat.

von Viktor Marinov

Gregor Gysi im Bundestag
Linken-Politiker Gregor Gysi im Bundestag; er und sein Kollege Sören Pellmann klagen gegen ein Plakat der Partei Freie Sachsen, die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft ist (Symbolbild: Picture Alliance / Flashpic / Jens Krick)
Behauptung
Laut einem Plakat treten die Linken-Politiker Gregor Gysi und Sören Pellmann am 5. September 2022 in Leipzig gemeinsam mit Vertretern der Partei Freie Sachsen und des Compact-Magazins bei einer Demonstration auf.
Bewertung
Größtenteils falsch
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Größtenteils falsch. Zwar treten Gysi und Pellmann zur selben Zeit und am selben Ort bei einer Demonstration der Linken auf. Es handelt sich aber um keine gemeinsame Veranstaltung mit Vertretern der genannten rechtsextremen Organisationen. Pellmann und Gysi haben nach Aussage der Partei rechtliche Schritte gegen das Plakat eingeleitet.

„Getrennt marschieren, gemeinsam schlagen“, heißt es auf einem Plakat der Partei Freie Sachsen, die vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird. Mit dem Plakat wirbt die Partei auf Telegram für eine anstehende Demo in Leipzig und die angebliche Zusammenarbeit mit zwei prominenten Bundestagsabgeordneten der Linken: dem früheren Fraktionschef Gregor Gysi und dem Ostbeauftragten der Fraktion Sören Pellmann.

Im Telegram-Beitrag der Freien Sachsen heißt es: „Natürlich gibt es aus patriotischer Sicht viele Vorbehalte gegen die Partei Die Linke (…), aber an der Basis und in der Anhängerschaft wünschen sich viele Menschen eine breite Bürgerallianz.“ Die verschiedensten politischen Lager würden in Leipzig „gemeinsam auf die Straße gehen“. Auch Jürgen Elsässer, Chef des ebenfalls als rechtsextrem eingestuften Compact-Magazins, soll dabei sein. 

Es gibt keine gemeinsame Veranstaltung der Freien Sachsen mit den Linken, sondern zwei gleichzeitig stattfindende Demonstrationen. Sören Pellmann und Gregor Gysi dementieren eine Zusammenarbeit – und klagen gegen das Plakat, wie uns ein Sprecher der Partei per E-Mail schrieb.

Beitrag Freie Sachsen Telegram
Die Partei Freie Sachsen verbreitet dieses Plakat auf Telegram und wirbt mit der angeblichen Zusammenarbeit mit den Linken – diese dementieren. (Quelle: Telegram; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Linke plant eigene Demo zur selben Zeit am selben Ort in Leipzig 

Auf dem Plakat der Freien Sachsen ist der Augustusplatz in Leipzig als Ort für die Demo angekündigt, sie soll am Montag, 5. September, um 19 Uhr stattfinden. Auch die Linksfraktion im Bundestag ruft zu einer Demonstration zur selben Zeit und am selben Ort auf. Sören Pellmann verbreitete dazu am 31. August auf Twitter ein eigenes Plakat. In den Ankündigungen ist von den Freien Sachsen oder dem Compact-Magazin keine Rede. 

Auf Anfrage schrieb uns ein Sprecher von Pellmann per E-Mail, dass es keine gemeinsame Veranstaltung geben werde. Das Plakat der Freien Sachsen sei zudem nicht mit dem Einverständnis der Linken-Politiker oder ihrer Partei erstellt worden. „Sowohl Herr Gysi als auch Herr Pellmann haben rechtliche Schritte gegen dieses Plakat eingeleitet“, schrieb uns der Sprecher.

Kritik an Aufruf der Linken zur „Montagsdemonstration“

An dem Aufruf der Linken zur Demonstration am Montag gegen die hohen Energiepreise gab es vorab Kritik. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warnte laut der DPA davor, gemeinsame Sache mit Rechtsradikalen zu machen. Montagsdemonstrationen gehen ursprünglich auf Proteste gegen die DDR und die damals dort herrschende Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) zurück. Der Begriff wurde laut der Bundeszentrale für politische Bildung in den letzten Jahren jedoch von anderen Protestbewegungen aufgegriffen, darunter Pegida. 

Laut Medienberichten (hier und hier) sehen DDR-Opferverbände und Bürgerrechtlerinnen die Montagsdemonstrationen als „geschichtsvergessen“ an. Sie seien ein Zeichen des Widerstands gegen die SED-Diktatur gewesen und bereits durch rechte Kräfte instrumentalisiert worden. 

Die Linke hielt dennoch an den Plänen fest und betonte, den Abstand zu den Rechten zu wahren. So heißt es auf dem Plakat mit dem Aufruf zur Demonstration, das Pellmann teilte: „Alle demokratischen Kräfte versammeln sich solidarisch. Rassisten, Neonazis und Demokratiefeinde haben bei uns nichts zu suchen.“ 

Redigatur: Alice Echtermann, Sophie Timmermann