Nein, dieses Video zeigt keinen Brandanschlag auf eine Kirche in der Ukraine
Im Netz verbreitete sich kurz vor Ostern ein Video, das zeigen soll, wie „Radikale“ eine Kirche in der Ukraine in Brand setzen. Doch die Aufnahme stammt aus Russland und ist schon zehn Jahre alt.
Millionen orthodoxe Christen feierten am 16. April 2023 das Osterfest. Wenige Tage vorher verbreitete sich in Sozialen Netzwerken ein Video, das angeblich einen Brandanschlag auf eine orthodoxe Kirche in der Ukraine zeigen soll. „Radikale brennen eine Kirche des Moskauer Patriarchats in Novopoltavka (Region Mykolaiv) nieder“, heißt es beispielsweise in einem Telegram-Beitrag, den mehr als 18.000 Nutzerinnen und Nutzer gesehen haben. Auch auf Facebook, Twitter und Tiktok wird die Behauptung geteilt. Im rund 15 Sekunden langen Video sieht man ein loderndes Gebäude, vor dem mehrere Menschen stehen.
Doch das Video ist schon mehr als zehn Jahre alt und zeigt einen Brand in Russland – rund 1.200 Kilometer entfernt von dem angeblichen Schauplatz in der Ukraine.
Für den angeblichen Brand in einer Kirche in Nowopoltawka im Oblast Mykolajiw im Süden der Ukraine haben wir bei einer Google-Suche keine Belege gefunden. Die Kirche im Ort unterscheidet sich zudem deutlich von der im Video. Es ist also naheliegend, dass das Video etwas Anderes zeigt, als behauptet wird.
Video ist zehn Jahre alt und zeigt eine Kirche in Russland
Über eine Bilderrückwärtssuche finden wir verschiedene Beiträge in Sozialen Netzwerken mit den Behauptungen und dem Video. Eines dieser Ergebnisse ist ein Youtube-Video vom 5. April 2023. In den Kommentaren finden wir einen ersten Hinweis, dass es sich nicht um eine Kirche in der Ukraine handelt: Dort schreibt jemand, dass im Video das Dorf Iljinka im Süden Russlands zu sehen sei.
Suchen wir auf Youtube in russischer Sprache nach „brennende Kirche Iljinka“, finden wir das wahrscheinliche Originalvideo. Es wurde schon im Januar 2013 veröffentlicht. Auf dem dazugehörigen Profil gibt es weitere Videos von dem Brand, zu dem es auch mehrere Medienberichte gab. Laut eines russischen Nachrichtenportals habe ein Verwaltungssprecher von einem Kurzschluss oder einer Kerze als Brandursache gesprochen.
Dass es sich um die Kirche in Iljinka handelt, zeigt auch der Vergleich mit einem Bild der Kirche auf einer Webseite für orthodoxe Architektur. Laut der Webseite wurde es 2010 aufgenommen, Metadaten zeigen 2009 als Aufnahmedatum. Das Gebäude wurde 2015 wieder aufgebaut und sieht heute anders aus.
Ukrainisch-Orthodoxe Kirche bekannte sich auch nach Kriegsbeginn noch zu Moskau
Im Mai 2022, zwei Monate nach Beginn der russischen Invasion, sagte sich die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche vom Moskauer Patriarchat los. Das Moskauer Patriarchat ist die höchste Ebene der Russisch-Orthodoxen Kirche. Das Patriarchat und dessen Oberhaupt, Kyrill I. unterstützen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine offen.
Die ukrainische Regierung verdächtigt Priester und Bischöfe der ukrainisch-orthodoxen Kirche jedoch, weiterhin Verbindungen nach Russland zu unterhalten. Wiederholt kam es zu Razzien wegen des Verdachts von Spionage. Die Glaubensgemeinschaft sollte ein Kloster in Kiew bis Ende März 2023 räumen. Das Oberhaupt des Klosters steht momentan unter Hausarrest.
Rund 70 Prozent der ukrainischen Bevölkerung sind laut einer Umfrage von 2016 christlich-orthodox – eine Mehrheit davon bekannte sich demnach zur „Orthodoxen Kirche der Ukraine des Kiewer Patriarchats“, die keine Beziehung zum Moskauer Patriarchat hatte.
Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.
Redigatur: Viktor Marinov, Steffen Kutzner