Faktencheck

Nein, dieses Video zeigt keinen Brandanschlag auf eine Kirche in der Ukraine

Im Netz verbreitete sich kurz vor Ostern ein Video, das zeigen soll, wie „Radikale“ eine Kirche in der Ukraine in Brand setzen. Doch die Aufnahme stammt aus Russland und ist schon zehn Jahre alt.

von Max Bernhard

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Dieses Video von 2013 zeigt eine brennende Kirche in Russland, und nicht wie behauptet einen Brandanschlag auf eine Kirche in der Ukraine (Quelle: Youtube; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Video zeige, wie „Radikale“ eine Kirche der mit Russland verbundenen Ukrainisch-Orthodoxen Glaubensgemeinschaft in Nowopoltawka in der Ukraine in Brand gesetzt hätten.
Bewertung
Falscher Kontext
Über diese Bewertung
Falscher Kontext. Das Video zeigt einen Brand in Russland und entstand schon vor mehr als zehn Jahren.

Millionen orthodoxe Christen feierten am 16. April 2023 das Osterfest. Wenige Tage vorher verbreitete sich in Sozialen Netzwerken ein Video, das angeblich einen Brandanschlag auf eine orthodoxe Kirche in der Ukraine zeigen soll. „Radikale brennen eine Kirche des Moskauer Patriarchats in Novopoltavka (Region Mykolaiv) nieder“, heißt es beispielsweise in einem Telegram-Beitrag, den mehr als 18.000 Nutzerinnen und Nutzer gesehen haben. Auch auf Facebook, Twitter und Tiktok wird die Behauptung geteilt. Im rund 15 Sekunden langen Video sieht man ein loderndes Gebäude, vor dem mehrere Menschen stehen.

Doch das Video ist schon mehr als zehn Jahre alt und zeigt einen Brand in Russland – rund 1.200 Kilometer entfernt von dem angeblichen Schauplatz in der Ukraine.

Screenshot eines Tweets mit der Behauptung und dem Video
Auf Twitter heißt es, ein Video zeige einen Brandanschlag auf eine orthodoxe Kirche in der Ukraine. Doch es zeigt einen Brand in Russland und ist schon zehn Jahre alt. (Quelle: Twitter; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Für den angeblichen Brand in einer Kirche in Nowopoltawka im Oblast Mykolajiw im Süden der Ukraine haben wir bei einer Google-Suche keine Belege gefunden. Die Kirche im Ort unterscheidet sich zudem deutlich von der im Video. Es ist also naheliegend, dass das Video etwas Anderes zeigt, als behauptet wird.

Video ist zehn Jahre alt und zeigt eine Kirche in Russland 

Über eine Bilderrückwärtssuche finden wir verschiedene Beiträge in Sozialen Netzwerken mit den Behauptungen und dem Video. Eines dieser Ergebnisse ist ein Youtube-Video vom 5. April 2023. In den Kommentaren finden wir einen ersten Hinweis, dass es sich nicht um eine Kirche in der Ukraine handelt: Dort schreibt jemand, dass im Video das Dorf Iljinka im Süden Russlands zu sehen sei.

Screenshot des 10 Jahre alten Youtube-Videos
Das Video wurde schon vor über zehn Jahren auf Youtube veröffentlicht. Es zeigt einen Kirchenbrand in Iljinka im Süden Russlands. (Quelle: Youtube; Screenshot, Collage und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Suchen wir auf Youtube in russischer Sprache nach „brennende Kirche Iljinka“, finden wir das wahrscheinliche Originalvideo. Es wurde schon im Januar 2013 veröffentlicht. Auf dem dazugehörigen Profil gibt es weitere Videos von dem Brand, zu dem es auch mehrere Medienberichte gab. Laut eines russischen Nachrichtenportals habe ein Verwaltungssprecher von einem Kurzschluss oder einer Kerze als Brandursache gesprochen.

Eind Standbild des Videos neben einem Foto derselben Kirche aus einer Online-Datenbank
Das Video zeigt die Kirche in Iljinka, Russland, wie ein Vergleich mit einem Foto aus einer Online-Datenbank zeigt (Quelle: Youtube, sobory.ru; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Dass es sich um die Kirche in Iljinka handelt, zeigt auch der Vergleich mit einem Bild der Kirche auf einer Webseite für orthodoxe Architektur. Laut der Webseite wurde es 2010 aufgenommen, Metadaten zeigen 2009 als Aufnahmedatum. Das Gebäude wurde 2015 wieder aufgebaut und sieht heute anders aus.

Ukrainisch-Orthodoxe Kirche bekannte sich auch nach Kriegsbeginn noch zu Moskau

Im Mai 2022, zwei Monate nach Beginn der russischen Invasion, sagte sich die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche vom Moskauer Patriarchat los. Das Moskauer Patriarchat ist die höchste Ebene der Russisch-Orthodoxen Kirche. Das Patriarchat und dessen Oberhaupt, Kyrill I. unterstützen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine offen.

Die ukrainische Regierung verdächtigt Priester und Bischöfe der ukrainisch-orthodoxen Kirche jedoch, weiterhin Verbindungen nach Russland zu unterhalten. Wiederholt kam es zu Razzien wegen des Verdachts von Spionage. Die Glaubensgemeinschaft sollte ein Kloster in Kiew bis Ende März 2023 räumen. Das Oberhaupt des Klosters steht momentan unter Hausarrest.

Rund 70 Prozent der ukrainischen Bevölkerung sind laut einer Umfrage von 2016 christlich-orthodox – eine Mehrheit davon bekannte sich demnach zur „Orthodoxen Kirche der Ukraine des Kiewer Patriarchats“, die keine Beziehung zum Moskauer Patriarchat hatte.

Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.

Redigatur: Viktor Marinov, Steffen Kutzner