Kritik an Ukraine-Hilfe: Schauspieler im Propaganda-Video sind russisch
Ein satirisches Video, das sich gegen Deutschlands Unterstützung für die Ukraine richtet, soll angeblich von der AfD stammen. Die Partei dementiert das. Dagegen spricht auch: Die Schauspielerinnen und Schauspieler kommen aus Russland. Eine von ihnen bewarb das Video sogar in einem inzwischen gelöschten Instagram-Post.
Es klingelt. Ein kleiner Junge mit Plüsch-Leopard unterm Arm macht die Tür auf. Draußen steht eine Gruppe Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Sie plündern das Haus während im Hintergrund eine Rede von Olaf Scholz läuft. Nach getaner Arbeit hängt eine der Soldatinnen ein Porträt des ukrainischen Präsidenten an die Wand und ruft „Heil Selenskyj!“ Mit breitem Grinsen nimmt sie dem Jungen anschließend sein Stofftier ab. Eingeblendet die Botschaft: „Mehr als 22 Milliarden Euro sind bereits seit Anfang 2022 aus dem deutschen Haushalt an die Ukraine geflossen.“
Dieses Propaganda-Video verbreitet sich seit dem 26. Juli in Sozialen Netzwerken. Es richtet sich gegen die Nato und Deutschlands Unterstützung für die Ukraine. In russischsprachigen Beiträgen dazu heißt es, das Video stamme von der Alternative für Deutschland. Tatsächlich fällt die rechtsextreme Partei immer wieder durch ihre Nähe zur russischen Regierung auf. Eine pro-russische Desinformationskampagne bewarb außerdem Inhalte von AfD-Mitgliedern. Doch die Partei dementiert, Urheberin des Videos zu sein.
Hinweise aus dem Video deuten auf einen anderen Ursprung hin: Laut einem Journalisten könnte der Staatssender RT dafür verantwortlich sein.
AfD dementiert Urheberschaft
„Die Alternative für Deutschland ist nicht die Urheberin des Videos“, schreibt uns die Pressestelle der Partei auf Nachfrage. Dafür, dass die Partei nichts mit dem Video zu tun hat, spricht auch, dass wir in verschiedenen Sozialen Netzwerken kein AfD-Profil finden konnten, das das Video teilte. Russische Profile hingegen verbreiteten es von Anfang an.
Der früheste Beitrag mit dem Video, den wir finden konnten, stammt vom ehemaligen Leiter der russischen Raumfahrtorganisation Roskosmos, Dmitri Rogosin. Der Politiker und Putin-Vertraute teilte es auf dem russischen Sozialen Netzwerk VKontake kurz nach Mitternacht am 26. Juli. Auch RT teilte es auf seinem offiziellen russischsprachigen Telegram-Kanal – der in Deutschland blockiert ist. Später teilte es unter anderem der Kanal „Ru News 24“ mit der Behauptung, es stamme von der AfD.
Schauspielende sind aus Russland
Mehrere Darstellerinnen und Darsteller im Video sind russisch, wie Radio Free Europe / Radio Liberty herausfand und wir unabhängig überprüfen konnten. Der Vater des Jungen im Video wird von Valentin Vorobyov, die Mutter von Julia Konyukhova gespielt – laut ihren Profilen auf einer Plattform für Schauspielende sprechen beide Deutsch und leben in Moskau.
Auch eine Soldatin und ein Soldat im Video werden von zwei russischen Darstellenden gespielt: Julia Mandryka und Igor Alekseyev. Letzterer war vor seiner Schauspieler-Karriere selbst Soldat – allerdings in der russischen Armee – wie auf seinem Instagram-Profil zu sehen ist.
Die Häuserreihe, die am Anfang des Videos zu sehen ist, zeigt außerdem dieselbe Szene wie ein Foto einer Bild-Agentur von 2017, wie Journalisten von T-Online berichteten. Es zeigt eine Straße in Rhodt unter Rietburg in Rheinland-Pfalz.
Der Faktenchecker Ilja Ber fand außerdem einen Instagram-Beitrag von Konyukhova mit dem Video, in dem sie schrieb, dass ihr Sohn darin mitgespielt habe und es sich um eine Produktion von RT handele. Der Beitrag ist nicht mehr abrufbar, deshalb konnten wir die Echtheit des Screenshots nicht unabhängig überprüfen.
Auch beim russischen Publikum scheint kein Zweifel darin zu bestehen, woher das Video stammt: „Ein Video […] verbreitet sich in rasantem Tempo. Super! Ich applaudiere unseren kreativen Propagandisten“, heißt es in einem Blog-Beitrag auf Russisch. Ein anderer Nutzer schreibt im Sozialen Netzwerk Vkontakte: „Das passiert, wenn Profis anfangen, Propaganda zu machen, ein tolles Video. Jetzt wäre es besser, es im deutschen Teil der sozialen Netzwerke zu verteilen.“
Redigatur: Matthias Bau, Viktor Marinov